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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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sich in ihrem Bad. Francis in seinem Mansardenlogis
bliebe ungestört. Beim Nachtessen kam es auf einen mehr nicht an. Nun, es würde
nicht ewig dauern. Lucius hatte ein Touristenticket mit einem Rückflug in dreieinhalb
Wochen.
    »Wie kommst
du klar mit dem Jungen? Alice ist ja jetzt weg, aber wir haben uns darüber Gedanken
gemacht. Emily kennt dich zwar, du bist jemand mit einem offenen Herzen, also traut
sie dir alles zu. So Jugendliche können doch ganz schön anstrengend sein.« Schon
verteidigte Pamela Emily, ihre Freundschaft, die Notwendigkeit von Emilys Kalifornienaufenthalt,
die Alternativmedizin. Lucius besänftigte, was sonst gar nicht seine Art war, es
mochte die Müdigkeit sein. Doch auf einem Punkt beharrte er: »Ein klein wenig nutzt
Emily deine Gutmütigkeit aus, oder deine anständige Art, eigentlich geht er dich
ja nichts an. Dieser Junge ist Emilys Patenkind und Emilys Aufgabe.«
    Es war ein
ganz normales Gespräch zum Informationsaustausch. Doch war das jetzt Lucius’ Meinung
oder hörte sie Alices Stimme? Hatte Lucius in schwierigen Dingen je eine eigene
Meinung entwickelt?
    Ja, sie
war froh, mit jemandem darüber zu reden. Francis kapselte sich noch immer ab, etwas
weniger zwar als zu Anfang, doch zuinnerst war er verschlossen. Vielleicht war es
noch zu früh für professionelle Hilfe, es war doch Trauerzeit. Andererseits denke
sie, es sei etwas ganz anderes, etwas bringe ihn zur Verzweiflung. Sie waren jetzt
erst seit knapp einem Monat zusammen. Manchmal denke sie, er vergrabe sich in Schularbeit
und trainiere so hart, um nicht zum Nachdenken zu kommen. Man wisse, das sei im
Grunde genommen gesund, ein Selbstschutz. Keinesfalls wolle sie sich therapeutisch
einmischen. Es stünde ihr nicht zu, sie könnte es auch nicht. Man musste seine Grenzen
kennen. Sie sei einfach nett zu ihm.
     
    Lucius bewunderte die Wohnung. In
Huberts Büro ließ sich ein Bett aus einem Schrank herunterklappen. Offensichtlich
ein Gästebett. Pamela fühlte sich als Eindringling in Huberts Privatsphäre. So war
es nicht ausgemacht. Abmachung blieb Abmachung. Ausgemacht war, dass sie, Pamela,
hier wohnte. Gut. Lucius fragte schon wieder, ob sie sich nicht etwas ausgenützt
fühle. Sie tue die Arbeit einer Haushälterin gegen Kost und Logis und Autobenutzung.
Sie habe kein Einkommen, erhalte keine Sozialleistungen, nicht einmal Taschengeld.
Ideell nenne man es Freundschaftsdienst, materiell falle es unter Ausbeutung. Der
Freundschaftsbegriff sei etwas arg ausgeweitet. Doch dachte man logisch weiter,
durfte auch Lucius nicht einfach so hereingelassen werden. Man müsse Emily und Hubert
fragen.
    Ein Blick
auf die Uhr, es war zu früh, um Emily anzurufen. Sie würde ihr eine E-Mail schicken,
gleich jetzt, dann konnte sie entweder mailen, alles sei okay, oder aber sie würden
telefonieren.
    »Keinesfalls
eine E-Mail!« Lucius überraschte mit seinem heftigen Widerspruch. Sie hätte es wissen
müssen. »Nein, nicht wegen der Höflichkeit, obwohl auch das gegen diese Mails spricht,
man vergisst die nötige Distanz, die Ruhe, den Respekt. Darum geht es nicht. Alles,
was du per Internet übermittelst, kann jeder mitlesen, auch das Intimste. Dort gibt
es keine Privatsphäre. Die Nutzer beanspruchen sie nicht einmal mehr, wissen bald
nicht mehr, was das war.« Und auf Pamelas Einwand, bei seinem Besuch gebe es nun
wirklich nichts zu verstecken, wurde er etwas bockig. »Seit deinem Ausflug in die
oberen Zehntausend solltest du es doch besser wissen. Wie geht es eigentlich deinem
Robert?«
    »Lenk nicht
ab, welchen Grund gibt es, Emily nicht zu mailen, dass du hier bist und ob sie einverstanden
ist, dass du in Huberts Klappbett schläfst.«
    »Also gut«,
Lucius’ Falte zum Mundwinkel zeigte, dass er dies sehr ungern sagte. »Ich habe nichts
zu verheimlichen, und im Grunde darf jeder wissen, dass ich hier bin. Aber ich habe
dich absichtlich nicht über mein Kommen unterrichtet. Niemand weiß, dass ich jetzt
hier bin, das ist ein Vorteil.«
    »Vorteil
wozu und wem gegenüber?«
    »Man meint,
du wohnst allein in diesem großen Haus mit diesem Jungen, der ebenso allein oben
in der Mansarde haust. Du hast gesehen, wie einfach ich hereingekommen bin. Das
können auch andere. Wenn ich unbemerkt hier einziehe, bin ich so gut wie gar nicht
da, das ist ein Vorteil. Wenn ich es überlege, im Grunde solltest du Emily nicht
anrufen. Alle Telefonate werden registriert, nach Reizworten abgesucht. Du könntest
überwacht werden.« Verrückt,

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