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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Wetterphänomen. Manchmal war es der Wind, oft war
bloß ein Wiegen in der Luft, ein An- und Absteigen von Druck, ein Pfeifton. Andere
mochten sich dadurch beschwingt fühlen, in ihm weckte es nach wie vor Mordslust.
    Warmer Föhn.
Er starrte in den hellen Himmel, auf dem grellweiße Schleierwölkchen schwammen.
Je länger er starrte, desto unsicherer wurde er, ob nicht die Wölkchen der Himmel,
das Silbergrau die Wolkendecke wären.
    Die Kopfschmerzen
mussten vom Föhn kommen. Natürlich wusste er von Implantaten. Damals im Ausbildungslager
am Plattensee hatte man ihm gesagt, er hätte einen Motorradunfall gehabt, an den
er sich nicht erinnern konnte. Es war nicht weiter schlimm, eine kleine Schramme
am Kopf, die genäht werden musste, die auch ohne Komplikationen verheilt war. Er
war auch zur Nachkontrolle beim Vertrauensarzt in Bern gewesen. Und wenn man ihm
damals ein Implantat eingesetzt hätte? Möglich war es. Er hätte es gern gewusst.
Die technischen Möglichkeiten öffneten Welten. Heute waren es weit mehr als Peilsender.
Heute informierten sie den Überwacher über Körperfunktionen und selbst unbewusste
Wahrnehmungen. Falls sie es bei ihm taten, war es eine zusätzliche Absicherung.
Andere dieser Chips erteilten Befehle oder lösten eine Wellenlänge aus, die zum
Beispiel einen Geheimcode oder eine unter Hypnose eingegebene Aktion auslösen konnte.
Für seine Charge und die jetzige Aktion schloss er diese Möglichkeit eher aus. Seine
intensive und lange Ausbildung sprach dagegen. Er wäre zu kostbar für derartige
Spielchen; durch die berufliche Position, die er immerhin erreicht hat. Er konnte
es noch weiter bringen, zu noch besseren Schaltmöglichkeiten.
    Seine Karriere
war so glatt verlaufen. Dass er zu diesem Zeitpunkt in dieser Position saß, dazu
gehörten zwar seine Intelligenz, Eigeninitiative und Tüchtigkeit, ebenso klar aber
war sie von einer unsichtbaren Hand geplant und gesteuert worden. Schon wieder war
der Gedanke da, dass er für nichts weiter vorgesehen sein könnte, als für die jetzige
Aktion. Zu diesem Zeitpunkt.
    Als schliche
er als große schwarze Raubkatze durch die unteren Gassen, setzte in großen Sprüngen
die Stiege hinunter ins Matte-Quartier, blutrünstig.
    Jetzt wieder
glitte ein schwarzer riesengroßer Schatten über die Straßen, striche über die Dächer.
Die menschenfressende Bestie.
     
    *
     
    Seit seinem Verlassen des Sheraton-Hotels
in Turin wurde er verfolgt. Er war sich dessen bewusst und aufmerksam, noch nicht
alarmiert.
    Er war offiziell
in seiner beruflichen Funktion nach Turin gereist, das war das eine. Einfaches Handgepäck
für zwei Tage, da genügte der dunkelgraue Handkoffer. Nicht schwarz, dunkelgrau
war eine Farbe, die niemand sah. Dass das Treffen ans Ende der beruflichen Termine
angehängt wurde, das bestätigte ihm seine eigene Cleverness, darauf durfte er stolz
sein. Jeder konnte einen Zug verpassen. Würde er nicht darauf angesprochen, waren
diese zwei Stunden kein Thema. Es war sozusagen ein Menschenrecht, auf einer Berufsreise
zwei Stunden länger an einem Ort zu verweilen, und sei es, um eine der vielen Kirchen
zu besichtigen, sich ein Hemd oder einen Pullover zu kaufen. Die Käufe hatte er
in aller Eile auch noch getätigt, doch dann hatte er anstelle der Kathedrale oder
des Palazzo das Sheraton-Hotel sozusagen von innen besichtigt, und dies auch nicht
in der Lounge, sondern in einem Zimmer im vierten Stock, einem Zimmer, in dem die
schweren Vorhänge vorgezogen waren. Sie hatten auch keinen Zimmerservice benutzt.
Es war, als wäre niemand da.
    Man redete
Englisch. Er hatte dem operativen Chef, dessen Gesicht im halbdunklen Raum nicht
nur im Schatten lag, sondern zusätzlich durch eine große Brille mit getönten Gläsern
abgedeckt wurde, den detaillierten Plan vorgelegt. Diesen personell und strategisch
vorzubereiten hatte immerhin zwei Jahre benötigt. Jetzt war er hieb- und stichfest.
Der Chef, dessen Namen er nicht kannte, war beeindruckt gewesen. Die Wege des Geldes,
des Stoffs und der nötigen Elektronik übernahm jetzt die Organisation. Er war für
die Ausführung zuständig. Sein Plan wurde genehmigt.
     
    Nach dem Treffen ließ er sich
am Hotelempfang sein Handgepäck geben, ließ sich von einem Taxi zum Bahnhof bringen.
Er hatte es im Gefühl, dass er verfolgt wurde. Also ließ er das Taxi um einen Häuserblock
fahren, er sah den sie verfolgenden dunklen Fiat im Rückspiegel. Auch der Taxifahrer
sah ihn und forderte ihn auf,

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