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Folge dem weißen Kaninchen

Folge dem weißen Kaninchen

Titel: Folge dem weißen Kaninchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Hübl
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Und wenn ich an Gott glaube, dann halte ich es für wahr, dass er existiert. Wenn man auf die Auferstehung nach dem Tod hofft, dann hält man sie zumindest für möglich. Und wieder fragt sich, warum man sein ganzes Leben gerade an dieser Hoffnung ausrichten soll und nicht an der vom Nirwana.
    Die zweite Rückzugsposition folgt vordergründig dem Prinzip «Angriff ist die beste Verteidigung». Manche Theologen sagen: «Wer bist du, kleiner Mensch, dass du meinst, du könntest dir in deiner lächerlich banalen Endlichkeit Gott vorstellen?» Martin Luther spricht in diesem Zusammenhang von der Vernunft als der «Hure» des Teufels. Doch hinter diesem Einschüchterungsmanöver verbirgt sich ein intellektueller Offenbarungseid. Erst behauptet man, es gebe ein höheres Wesen. Wenn sich herausstellt, dass dessen Eigenschaften widersprüchlich oder uneinlösbar sind, behauptet man, dieses Wesen liege jenseits der menschlichen Vorstellungskraft.

Seelen, Paradiese und Wiedergeburten
    Wir kommen auf die Welt, durchleben eine Zeit voller Leid und Schmerz und sterben dann. Da ist es nur natürlich, von einer Sphäre zu träumen, in der es weder Leid, Schmerz noch den Tod gibt. Der römische Dichter Ovid beschreibt das goldene Zeitalter, in dem Milch und Honig in den Bächen flossen. Im Garten Eden herrschen ewiger Friede und Glückseligkeit. Den muslimischen Gotteskriegern ist eine Oase verheißen. Je nach Quelle warten dort zwischen 23 und 48  Jungfrauen auf sie. Solche Phantasien mögen auf viele verlockend wirken. Oft bleibt dabei allerdings unklar, ob man als ganzer Mensch oder bloß als Seele in diesen Paradiesen wohnt.
    Die Idee der unsterblichen Seele stammt nicht aus der jüdischen Tradition der Heiligen Schrift, sondern von Platon, der glaubte, dass der Körper nur das vorübergehende «Grab» der Seele sei, von dem sie sich nach dem Tod loslöse. Die Seele selbst sei unzerteilbar, unzerstörbar und ewig. Die christliche Vorstellung einer Seele ist also eine neuplatonische Umdeutung der eigentlichen Bibelmetaphysik, denn die Auferstehung der Toten meint ursprünglich den ganzen Menschen aus Fleisch und Blut. Das Reich Gottes ist eine Herrschaft auf der Erde und nicht in einem wolkigen Himmelsgewölbe.
    Aber selbst wenn wir annähmen, die wilde und völlig unbegründete Behauptung, wir hätten eine unsterbliche Seele, wäre tatsächlich wahr, dann kann man sich immer noch fragen, ob
wir
überhaupt etwas mit unserer Seele zu tun haben. Unser Leben ist durch unsere ganze Persönlichkeit geprägt: unsere Empfindungen, Gedanken, Wünsche, Erinnerungen, Sehnsüchte, Pläne und Taten. All diese sind an unseren Körper gebunden. Ohne Gehirn und Körper könnten wir nichts fühlen, denken oder tun. Wenn wir sterben, ist all das vorbei. Das ist auf eine tiefe Weise tragisch, aber die Existenz einer Seele ändert daran nichts. Was bringt es mir, wenn meine Seele weiterexistiert,
ich
aber tot bin? Man müsste schon behaupten, dass unsere Seele genauso fühlt, denkt und handelt wie wir und dazu noch unabhängig von unserem Körper existiert. Damit schluckt man die bittere Pille des Dualismus, dem zufolge die Seele weder körperlich-räumlich ist, noch vom Gehirn abhängt und trotzdem mit der Körperwelt interagiert. Das ist eine widersprüchliche Position, denn nichts kann gleichzeitig körperlich und unkörperlich sein.
    Die Geschichte mit der Wiedergeburt ist ganz analog erzählt. Angenommen, ich wäre wirklich die Wiedergeburt eines Wurmes, den ein Wanderer im 18 . Jahrhundert zwischen Wüstheuterode und Witzenhausen schicksalhaft zertreten hat. Da ich mich an meine Wurmexistenz nicht erinnern kann, noch sonst etwas aus dem Wurmleben in mein jetziges Hominidenleben hinüberstrahlt, ist es vollkommen irrelevant, wo meine Seele früher gehaust hat. Verwunderlich ist auch, dass alle vermeintlich Wiedergeborenen in ihrem früheren Leben Prinzessinnen oder Piraten waren und nicht einfache Bauersfrauen, Torfstecher oder Tagelöhner. Den offensichtlichsten Einwand gegen die Reinkarnationslehre stellt natürlich die Evolution der Arten dar. Im Archaikum vor etwa 4  Milliarden Jahren gab es auf unserem Planeten nur einige wenige Einzeller und Bakterien. Nehmen wir an, dass die allesamt beseelt waren. Heutzutage gibt es unzählbar viele Lebewesen. Wo kommen all die neuen Seelen her?

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