FOOD CRASH
hat, müssen wir darauf zu sprechen kommen, welches Landbausystem welche Klimawirkung entfaltet. Das wollen wir im vierten Kapitel tun.
Im Moment sind wir aber noch dabei, zu untersuchen, welche Faktoren die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und ihre weltweite Ab- oder Zunahme beeinflusst. Und auch da kommt man am Klimawandel nicht vorbei.
Professor Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des
Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung,
gehört zu den Experten, die mir Vertrauen einflößen. Das liegt nicht daran, dass er wichtige Menschen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel oder EU -Kommissionspräsident José Manuel Barroso berät, sondern an seiner stocknüchternen, bisweilen humorvollen und nie dramatisierenden Art, mit der er seine und seiner Kollegen Erkenntnisse vorträgt. Dass er es nicht versäumt, die oft breiten Wahrscheinlichkeits-Spielräume seiner Prognosen zu benennen, führt nicht zu unklaren Aussagen – im Gegenteil.
Auf der Herbsttagung des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft ( BÖLW ) im November 2010 habe ich ihn mit sehr klaren Positionen erlebt. Er zeigte uns das Ergebnis einer Simulation, die einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von 5,4 °C unterstellt – ein Szenario, das angesichts der völlig unzureichenden Beschlüsse der letzten Klimakonferenzen nicht unwahrscheinlich wäre. Das würde ein so starkes Niederschlagsdefizit im Süden Europas, im Nordwesten Afrikas, in Zentralamerika und dem Nordosten Südamerikas sowie in Indonesien und Teilen Ozeaniens mit sich bringen, dass dort die landwirtschaftliche Produktion kaum noch aufrechtzuerhalten wäre.
Veränderung des Palmer Drought Severity Index 1900–2000. Der Palmer Drought Severity Index ist ein Maßstab für die Bodenfeuchte, abgeleitet aus Niederschlag und groben Schätzungen der Verdunstung. Oben: Dunkle Flächen zeigen zunehmend feuchtere, helle Flächen zunehmend trockenere Bedingungen. Seit 1900 sind vor allem die Sahelzone, Südafrika, der Mittelmeerraum, Nordostbrasilien und das östliche Australien deutlich trockener geworden. Dagegen zeigen Nordeuropa, die südöstlichen USA und das westliche Russland feuchtere Verhältnisse. Quelle: http://maps.grida.no/projected-agriculture-in-2080-due-to-climate-change; Hugo Ahlenius, UNEP/GRID-Arenda; Hamburger Bildungsserver: Abb. verändert nach IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, FAQ 3.2, Figure 1
Veränderung der Agrarproduktion bis 2050 durch den Klimawandel. Quelle: Anton Waldburg nach: Dr. Christoph Müller in: World Development Report 2010; http://www.worldband.org.wdr 2010
Es kann verständlicherweise nur Hochrechnungen für die Auswirkungen auf Produktionsmenge und -wert geben, die von vielen unbekannten Parametern abhängen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Produktionsrückgänge ein Vielfaches dessen betragen würden, was durch höhere Niederschläge und Temperaturen im Norden der USA und Europas, in Zentralasien und im Süden des südamerikanischen Subkontinents an Zugewinn zu erwarten wäre. Dies umso mehr, als die höheren Niederschläge auch Überschwemmungen und schlechtes Erntewetter mit sich bringen, was ebenfalls zum Rückgang landwirtschaftlicher Produktion führt.
Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion bis zu den 2080er Jahren durch Änderungen klimatischer Faktoren (hell) sowie klimatischer Faktoren und des CO2-Gehalts der Atmosphäre (dunkel). Quelle: Dieter Kasang: Globale Produtkion; Datenquelle: Cline, W. R. 2007. Global Warming and Agriculture: Impact Estimates byCountry. Washington D.C., USA: Peterson Institute. Beide Grafiken wurden auf Grundlage folgender Quelle erstellt: Parry, M. L., C. Rosenzweig, A. Iglesias, M. Livermore and G. Fischer (2004): Effects of climate change on global food production under SRES emissions and socio-economic scenarios. Global Environ. Change, 14, 53–67
Geschätzter globaler Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2300 bei einer auf 3 °C begrenzten globalen Erwärmung nach: WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2006): Die Zukunft der Meere – zu warm, zu hoch, zu sauer. Sondergutachten Berlin: WBGU
In die gleiche Richtung wirkt der Verlust an fruchtbaren Küstenflächen, z.B. in Bangladesch, die einem Anstieg des Meeresspiegels zum Opfer fallen, wie er unweigerlich Folge einer solchen Erwärmung wäre. Das wird nicht nur durch das Abschmelzen von Gletschern und polarem Eisschild,
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