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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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werden.
    Der durchschnittliche Binnenlandbewohner dürfte nicht vor Augen haben, welch große Bedeutung Fisch in den Statistiken der Welternährung spielt. Sehr ausführlich beschrieben wird das in »The State of World Fisheries and Aquaculture 2010«, einem Bericht der FAO , der im Internet zugänglich ist. [47]

    Weltproduktion Fischfang und Aquakultur. Quelle: www.fao.org; The State of World Fisheries and Aquaculture 2008

    Fisch trägt 10 % zum Kalorienverzehr der Menschheit bei. Weil da auch Völker mitgerechnet sind, die ein Leben lang keinen Fisch zu sehen bekommen, Tibeter zum Beispiel oder die Bewohner der Sahara, gibt es Weltgegenden, in denen Fisch einen noch sehr viel wichtigeren Platz auf der Speisekarte einnimmt. Das trifft insbesondere für die asiatischen Meeresanrainer, allen voran für China zu. In Kilogramm pro Jahr und Kopf ausgedrückt: Auf jeden der 6,9 Milliarden Erdenbürger entfallen 17,1 kg Fisch. Am meisten verzehren die Bewohner der Industrienationen (29,3 kg), am wenigsten die Länder, die in der Statistik der Vereinten Nationen als »LIFDCs« bezeichnet werden: Low-Income Food-Deficit Countries, welche – es war nicht anders zu erwarten – die Länder sind, die die Rangfolge der Hungerstaaten anführen. Ziemlich weit vorne in der Fischverzehrs-Statistik rangiert das Reich der Mitte: 1,2 Milliarden Chinesen essen im Schnitt immerhin 26,7 kg Fisch im Jahr. So wie beim Fleischverzehr hat es auch hier eine rasante Entwicklung innerhalb der letzten 50 Jahre gegeben, denn 1960 lag der Weltdurchschnittsverbrauch von Fisch noch bei 9,9 kg. 1960 war das Jahr, in dem ich in die Volksschule kam. In dieser Zeit brachte man uns bei, dass es drei Milliarden Menschen auf der Erde gibt. Wenn also die Bevölkerung sich mehr als verdoppelt und der Verbrauch pro Kopf sich fast verdoppelt hat, dann braucht es viermal so viel Fisch, um diese Nachfrage zu decken.

    Entwicklung der weltweiten Meeres-Fischbestände seit 1974. Quelle: www.fao.org; The State of World Fisheries and Aquaculture 2008

    Tatsächlich hat sich, wie das Schaubild zeigt, die Fischproduktion seit dieser Zeit sogar verfünffacht – heute werden jährlich 142 Millionen Tonnen Fisch aus den Meeren, Seen und Flüssen gezogen oder in Aquakulturen produziert. Davon dienen allerdings nur 115 Millionen Tonnen dem unmittelbaren Verzehr – frisch, tiefgefroren oder verarbeitet. Die restlichen 27 Millionen ordnet die Statistik dem Non-Food-Bereich zu.

    Entwicklung der durchschnittlichen Fangtiefen im Hochsee-Fischfang. Quelle: http://maps.grida.no; Hugo Ahlenius, Nordpil
    Da Fisch hochwertiges Eiweiß liefert und seine Omega-3-Fettsäuren auch irgendwie gut für Herz und Hirn sind, ist es ja sehr begrüßenswert, wenn mehr Menschen mehr Fisch essen. Nur stellt sich die Frage, ob es eigentlich auf Dauer genug Fisch für all diesen Verzehr gibt. Auch hier gibt der FAO -Bericht detaillierte Antworten. Beruhigenderweise sind die meisten Bestände in den Seen und Flüssen der Kontinente, aus denen ca. 7 % der Weltfischproduktion gezogen werden, stabil. Das heißt, es werden nur so viele Fische gefangen, wie nachwachsen. Das gilt leider nicht für die marinen Bestände. Hier sieht es ganz im Gegenteil sehr unerfreulich aus: Ein knappes Drittel der Bestände ist deutlich übernutzt, was einen ständig zurückgehenden Beitrag der jeweiligen Fischart zur Welternährung bedeutet. Bei über der Hälfte der Bestände ist die Nutzung »am Anschlag« und darf nicht weiter gesteigert werden. Nur ein Fünftel gilt als so nachhaltig genutzt, dass man den Umfang der Fänge beibehalten oder eventuell noch steigern könnte. Zwar erweist sich das Verhältnis dieser Kategorien zueinander in den letzten Jahren als weitgehend stabil – aber eben stabil auf einem Niveau, auf dem eine Abnahme der Fischbestände vorprogrammiert ist. Das lässt sich auch an der durchschnittlichen Fangtiefe ablesen. [48] Denn seit Mitte des letzten Jahrhunderts mussten die Netze immer tiefer herabgelassen werden und damit zunehmend ganz neue Bestände und Fischarten ins Visier genommen werden, um immer größere Fischmengen anlanden zu können. Da es der Staatengemeinschaft trotz aller Verhandlungen übernationaler Behörden zum Management der Fischbestände und auch trotz der Wachsamkeit von Umweltorganisationen nicht gelungen ist, die Schleppnetzfischerei abzustellen, werden nach wie vor Quadratkilometer um Quadratkilometer von den oft jenseits jeder Quote und

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