FOOD CRASH
ist.
Interessanterweise ist der Zuwachs an Allergien nicht überall gleichmäßig, sondern steht in starker Abhängigkeit von Lebensart und Lebensraum. So sind z.B. Heuschnupfen und Asthma in ländlichen Gegenden von Afrika, Russland oder von Entwicklungsländern deutlich seltener als in entwickelten Industrieländern mit »westlichem« Lebensstil. [76] Auch hier spielen mit Sicherheit mehr Faktoren eine Rolle als die aus landwirtschaftlichen Zusammenhängen herrührenden Quellen. Dass diese aber keine oder auch nur eine untergeordnete Rolle spielen würden, wäre eine ziemlich gewagte Behauptung. Wenn man bedenkt, mit wie vielen dieser Stoffe wir über die Nahrung in Berührung kommen – nein, sehr viel mehr: wie viele wir direkt in unseren Stoffwechsel einspeisen!
Pflanzenschutzmittelrückstände in verarbeiteten Erzeugnissen im Vergleich: ökologisch vs. konventionell
1 bei Probenzahlen < 5 keine prozentuale Angabe
2 ohne Bromid; Bromid kann auch geogenen Ursprungs sein, Gehalte < 5 mg/kg werden als »natürliche« Gehalte bewertet
3 HM = Höchstmenge nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) bzw. VO (EG) Nr. 396/2005
* nach Berücksichtigung von Trocknungsfaktoren (3–5 bei Rosinen, 4–6 bei Aprikosen und 3–5 bei Goji-Beeren) und Verarbeitungsfaktoren (8 für den Wirkstoff Cypermethrin bei Olivenölen)
Quelle: CVUA Stuttgart, Pestizide, Ökomonitoring Baden-Württemberg 2009
Dass dies keine hypothetische Möglichkeit, sondern Realität ist, kann man den Ergebnissen der amtlichen Lebensmittelüberwachung ebenso entnehmen wie den hin und wieder vorgenommenen Überprüfungen von Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen. Im baden-württembergischen Ökomonitoring [77] werden Jahr für Jahr konventionell und ökologisch erzeugte frische und verarbeitete Produkte untersucht – unter anderem auf die darin gefundenen Rückstände mit Pflanzenschutzmitteln. Die Tabellen zeigen eine Zusammenfassung aus dem letzten dieser Berichte. [78] Sie verdeutlichen nicht nur, dass insbesondere bei Obst und Gemüse die Belastung mit einem oder mehreren Pestizidrückständen nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Und dass bei manchen Produkten, die wir frisch verzehren oder zubereiten, immerhin in jedem zehnten die gesetzlichen Höchstwerte überschritten werden.
Die Schlussfolgerung scheint mir jedenfalls naheliegend, dass wir für die Welternährung nicht auf Stoffe setzen sollten, die die Biodiversität vermindern, die Anwender gefährden und mit gewisser Wahrscheinlichkeit den Zustand der Volksgesundheit negativ beeinflussen.
Lassen Sie mich, ehe ich das nächste Thema angehe, noch eines nachschieben: Immer wieder kann man lesen, Ökoprodukte seien gefährlich für die Gesundheit der Verbraucher, weil sie mit Pilzgiften belastet seien. Denn schließlich würden die Pflanzen bei den »Bios« ja nicht mit Fungiziden vor Pilzbefall geschützt. Ich selbst habe schon mehrfach das Vergnügen gehabt, in Diskussionsrunden von Vertretern der Pflanzenschutz-Ideologie mit diesem Argument konfrontiert zu werden. Ein Vergnügen deshalb, weil diese Behauptung sehr leicht als Märchen zu entlarven ist. Am leichtesten fällt das beim Mutterkorn, einem Pilz, der im Getreide, insbesondere im Roggen, Alkaloide produziert. Die sind in minimaler Dosierung als Medikamente wirksam, in höheren Mengen aber schwer gesundheitsgefährdend. Gegen Mutterkorn gibt es aber gar kein Fungizid, mit dem sich eine Überlegenheit konventioneller Erzeugung begründen ließe. Zudem zeigt das bereits erwähnte Monitoring sogar, dass die Mutterkornbelastung von Bioproben geringere Werte aufweist, was sich möglicherweise mit den im Ökolandbau üblichen Sorten erklärt.
Auszug aus der Tabelle 3–5 Pestizidrückstände in frischen Erzeugnissen im Vergleich – Baden-Württembergisches Ökomonitoring 2011
1 Rückstand eines pflanzlichen Mittels: Rotenon
2 Belastungen über 0,01 mg/kg lösen im Naturkosthandel (BNN) routinemäßig eine Überprüfung aus
3 Höchstmenge nach der Rückstands-Höchstmengen-Verordnung
4 Hier sind alle Spuren erfasst, auch die unter 0,01 mg/kg
Quelle: CVUA Stuttgart, Pestizide, Ökomonitoring Baden-Württemberg 2009
Aber auch bei den Pilzgiften, die durch Pilzkrankheiten entstehen, gegen die im konventionellen Landbau gespritzt wird – die wichtigste Rolle spielt hier die Schimmelpilzgattung der Fusarien –, haben die »Bios« die Nase vorn. [79] Gründe dafür sind die vorteilhafte Wirkung
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