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FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
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dächte, sie, Annette Schavan, werde zu Beginn des 21. Jahrhunderts Forschungspolitik auf Ökolandbau verengen?
    Da von Verengung ja gar nicht die Rede gewesen war, sondern die Forderung sich auf die Gewichtung der Forschungsförderung gerichtet hatte, war die Aussage hinter den regierungsamtlichen Worten klar: »Im 21. Jahrhundert reden wir über Innovation, nicht über Ökolandbau.« Und hinter der Aussage wiederum steckt ein Bild von Landwirtschaft und Agrarforschung, das sich Innovation nur in den Laboren der Gentechnikindustrie, nicht aber auf den Höfen der Kleinbauern und in den Wirkungszusammenhängen der Natur vorstellen kann.
    Wenige Monate später zeigte sich, dass die Auswirkung einer solchen Sichtweise sich keineswegs auf akademische Diskussionen beschränkt. Im November 2010 verkündeten die Ministerinnen stolz, für die vom
BioÖkonomieRat
erstellte
BioÖkonomie-Strategie
werde man in den nächsten sechs Jahren 2,4 Milliarden Euro einsetzen. Und noch eine Woche später wurde das mit 16 Millionen Euro ausgestattete Bundesprogramm Ökologischer Landbau, dessen Hälfte der praxisorientierten Ökolandbauforschung gewidmet ist, für alle Formen der »nachhaltigen Landwirtschaft« geöffnet. Damit gibt es selbst dieses winzige Instrument einer expliziten Unterstützung für die Entwicklung des Ökologischen Landbausystems nicht mehr. Nach Aussage des Abgeordneten
Peter Bleser
(später Aigners Staatssekretär), der Initiator dieser Öffnung gewesen war, ist jede Art von Landwirtschaft nachhaltig, die Recht und Gesetz achtet.
    Wenn wir nun in das sechste Kapitel einsteigen, um zu überlegen, welche Schritte vonnöten sind, um zu einer ökologischen, nachhaltig mit den Ressourcen dieser Erde umgehenden Landwirtschaft zu kommen und mit ihr den Zusammenbruch des weltweiten Ernährungssystems zu verhindern, dann zeigt uns diese Geschichte, wie dick das Brett ist, das es noch zu bohren gilt!

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    6.
    Was tun?
    »There is enough for everybody’s need – but not for everybody’s greed.«
    Mahatma Gandhi
    Ich habe im Verlauf der letzten Jahre an vielen Gesprächen und Podiumsdiskussionen zu dem Thema teilgenommen, mit dem sich dieses Buch befasst. Es ist nie schwierig, zu einer gemeinsamen Einschätzung zu kommen, was die Analyse des Problems und seiner Ursache betrifft. Auch die Überzeugung, wohin es gehen muss, ist für alle klar (was allerdings für all die auf völlig andere Weise gilt, die eine »zweite Grüne Revolution« im Stil der ersten propagieren und die eine Intensivierung der industriellen, chemiegestützten Landwirtschaft einfordern). Wenn es allerdings darum geht, zu formulieren, welche konkreten Maßnahmen in dieser konkreten Welt zu ergreifen sind, begegnet man regelmäßig einer gewissen Wortkargheit.
    Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Es ist klar, dass in den Industrienationen und zunehmend auch in den Schwellenländern zu viel Fleisch gegessen wird und dass beim »Veredelungsprozess« von Futtergetreide zu Fleisch wertvolle, weil knappe Nahrungskalorien vergeudet werden. Es ist deshalb auch klar, dass wir zu einer Änderung der Ernährungsstile dieses Teils der Weltbevölkerung kommen müssen. Wir müssen weniger Fleisch essen. Aber ist das bereits die Antwort?
    Nein! Sie ist es nicht! Denn
wie
um alles in der Welt bekommen wir die Menschen dazu, weniger Fleisch zu essen? Durch Überzeugung und Überredung? Das dürfte nicht reichen, weil zu befürchten steht, dass die Anzahl derer, die sich einen Samstagnachmittag nicht ohne Grillparty vorstellen können, größer bleibt als die der freiwilligen Selbstbeschränker. Durch die Ausgabe von Fleischverzehrsgutscheinen? Wohl eher auch nicht – selbst wenn mich eine Mehrheit der Weltbevölkerung demnächst zum Weltpräsidenten wählen sollte.
     
    Ich will in diesem letzten Kapitel über die Transformationsprozesse schreiben, die einzuleiten sind, damit wir eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft bekommen, die mit den Ressourcen dieser Erde nachhaltig umgeht. Wir müssen zu Lebens- und Ernährungsstilen kommen, mit denen wir jedes Jahr nur eine Erde verbrauchen, nicht aber anderthalb, wie wir es gerade tun. Solche Prozesse zu beschreiben ist nicht nur für Landwirtschaft und Ernährung eine herausfordernde und erst am Beginn ihrer Bewältigung stehende Frage. Das Gleiche gilt auch für das große Thema des Klimawandels. Im Mai 2011 hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung
Globale Umweltveränderungen
( WBGU) ein

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