FOOD CRASH
»Bericht für einen wichtigen Beitrag zur Diskussion der globalen Ernährungssicherung«, im Übrigen seien darin ohnehin nur »überwiegend bekannte Fakten zusammengetragen worden«. [113] Aha!
Ich will diesen Abschnitt mit einer zusammenfassenden Schlussfolgerung von Robert T. Watson beschließen. Der Co-Vorsitzende des IAASTD , der Vorsitzender des Weltklimarates gewesen war und neben vielen anderen Funktionen die des wissenschaftlichen Chef-Beraters des englischen Landwirtschaftsministeriums innehat, formulierte sie so:
»Wenn wir darauf bestehen, so weiterzumachen, wie bisher, wird es nicht möglich sein, die Weltbevölkerung über das nächste halbe Jahrhundert hinaus zu ernähren. Eine solche Handlungsweise würde die Umweltzerstörung verschlimmern und den Abstand zwischen den Reichen und den Habenichtsen vergrößern. Wir haben jetzt die Möglichkeit, unsere intellektuellen Ressourcen so einzusetzen, dass wir diese Bedrohung vermeiden können. Wenn wir das nicht schaffen, dann werden wir uns einer Welt gegenübersehen, die niemand bewohnen möchte!«
[114]
War das alles tatsächlich »überwiegend bekannt«?
Ins Kapital der Natur investieren –
Ein Bericht der UNEP
Das für Fragen der Entwicklung zuständige
United Nations Environment Programme,
UNEP , veröffentlichte im Frühjahr 2011 einen Bericht, der die Diskussion aufgreift, die durch den Weltagrarbericht angestoßen wurde. Unterstützt durch eine Fülle von Zahlen und Daten, plädiert der Bericht für eine »Grüne Landwirtschaft«, die er in Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft setzt. [115]
Die Schlussfolgerungen fordern eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft, wie sie in den hoch entwickelten Volkswirtschaften üblich (»konventionell«) geworden ist. Sie habe zwar hohe Erträge ermöglicht, aber nur durch hohen Einsatz endlicher Ressourcen und die damit einhergehenden Umweltbelastungen. Aber auch die traditionelle Landwirtschaft in den Entwicklungsländern biete keinen Ausweg, weil sie zu wenig produziert und trotzdem zu einer Verarmung der Böden und in der Folge zu Inanspruchnahme von Waldflächen führt.
»Grüne Landwirtschaft« als Alternative zu diesen nicht nachhaltigen Systemen »nutzt die organischen Ressourcen, die am jeweiligen Ort vorhanden sind, und nutzt natürliche biologische Prozesse, um die Bodenfruchtbarkeit zu heben. Sie verbessert die Wasser-Ausnutzung und erhöht die Vielfalt bei Nutztieren und -pflanzen. Sie verwendet integrierte Methoden, um Unkraut und Pflanzenkrankheiten in Schach zu halten, und sie unterstützt Kleinbauern und bäuerliche Familienbetriebe.« [116]
Der Bericht hält eine solche Art von Landwirtschaft für geeignet, auch die bis 2050 gewachsene Weltbevölkerung zu ernähren – allerdings nur, wenn schnell der nötige Übergang begonnen werde. Der wiederum sei zu flankieren von allen Maßnahmen, die die Rahmenbedingungen betreffen: Bildung und Forschung, Verbesserung der Rechtssituation insbesondere im Hinblick auf Bodenrechte, Entwicklung der Infrastruktur etc.
Auch die UNCTAD , die Handels- und Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen
(United Nations Conference on Trade and Development),
stößt in dieses Horn. In einem Dokument vom Februar 2009, das sich unter dem Titel »Sustaining African Agriculture« mit den Entwicklungsperspektiven der afrikanischen Landwirtschaft befasst, macht die Organisation deutlich, dass Ökologischer Landbau ein weites Spektrum an Vorteilen bietet, von Ernährungssicherung bis hin zu Vorteilen für die wirtschaftliche, ökologische und soziale Situation. Sie verweist auf eine gemeinsam mit der UNEP verfasste Studie [117] , in deren Rahmen 114 verschiedene Projekte ausgewertet worden sind. Sie hätten gezeigt, dass die Umstellung auf Methoden des Ökologischen Landbaus zu einer Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität um 116 % geführt hätte. Diese Umstellung hätte darüber hinaus dauerhafte Verbesserungen in bäuerlichen Gemeinschaften durch den Aufbau natürlicher, menschlicher, sozialer und finanzieller Ressourcen bewirkt. Sie fordern deshalb in Ablösung der »Grünen Revolution« der Vergangenheit, die nur durch den intensiven Einsatz von Chemie und Kapital möglich gewesen sei, eine neue und nachhaltige Grüne Revolution im Sinne der Ökologischen Intensivierung.
Im Februar 2011 meldete sich der Vorsitzende der Abteilung Handel und Entwicklung in der UNCTAD , Ulrich Hoffmann, mit einem »Diskussionspapier« [118]
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