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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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jetzt zurückziehen könne, und richtete dann seine Augen auf den Rest der Versammlung.
    »So... wir hatten uns, glaube ich, gerade über Schmetterlinge unterhalten...«
     
    IX
     
    »Au-rooo-raaa...!«
    Der schrille Schrei hallte über die Lichtung, wo der Mann und die Frau zusammen im Gras lagen. Wie ein Zauber, der plötzlich verfliegt, löste sich der Nebel schlagartig auf, und als die Frau den Kopf hob, sah sie zum erstenmal klar und deutlich, wen sie da in ihren Armen hielt.
    »George! ?«
    »Aurora... ? Was -«
    »Ach du Schreck«, sagte sie und machte die Knöpfe ihrer Bluse wieder zu. »Ach du Schreck.« Sie sprang auf und verschwand zwischen den Bäumen, doch nicht ohne sich vorher ein-, zweimal kurz umgeblickt zu haben.
    »Was?« wiederholte George und setzte sich auf. Er hörte, wie hinter ihm jemand lachte, und drehte sich um. Kalliope stand gegen einen Baum gelehnt und hielt ihren Hirtenstab locker in der Hand. Mit der anderen schlenkerte sie einen Picknickkorb.
    »Das ist ihrer«, sagte sie, indem sie den Korb auf den Boden stellte. »Sie hatte ihn gerade im Nebel verloren, als ihr zwei aneinandergeraten seid.«
    »Hast du uns denn gesehen?«
    Kalliope nickte. »Sehr aufregend. Noch eine Minute, und du hattest sie aus ihrem Kostüm gehabt. Dann war’s interessant geworden...«
    »Ich dachte, sie sei du«, sagte George. »Es ist mir wirklich unbegreiflich, wie ich das nicht ...«
    »Du hast doch Anglistik studiert, oder? Erinnerst du dich an Chaucers ›Erzählung des Verwalters‹?«
    »Was?«
    »Vergiß es.«
    George stand langsam auf. »Bist du sauer?«
    Ohne auf seine Frage einzugehen, streckte sie die Hand aus und strich ihm leicht über das Kinn. »Hat es dir gefallen, George?«
    »Ich...«
    »Die Wahrheit. Ich bin wirklich neugierig.«
    »Ich dachte, sie sei du.«
    »Das heißt?«
    »Es war vollkommen. Ich meine... nicht, daß groß was passiert wäre.«
    »Ach, George, es kommt, wie du weißt, nicht darauf an, was du tust, sondern was du dabei empfindest. Aber kennst du die ganze Wahrheit?«
    »Nein. Die wäre?«
    »Die ganze Wahrheit ist, daß jeder Mensch, den du lieben wirst, ganz genau wie ich sein wird - und nicht nur im Nebel. Verstehst du?«
    »Nein.«
    »Du wirst es schon noch verstehen...« Die Dame kam näher. »Sie ist wirklich ein feiner Kerl, dieses blonde Mädchen. Sie hat mehr drauf, als man auf den ersten Blick annehmen würde.«
    »Sie ist in jemand anders verliebt«, sagte George. »Und ich ebenfalls.«
    »Hmm... natürlich.«
    »Du wirst mich bald verlassen, ja?«
    »Bald«, bestätigte Kalliope. »Aber nicht heute und auch nicht morgen. Es gibt noch eine Menge zu tun.« Sie fing an, seine Finger einen nach dem anderen zu küssen, und stupste mit dem Fuß leicht gegen den Picknickkorb. »Wollen wir nicht mal nachsehen, es zu essen gibt?«
     
    Der Knochenroman
     
    I
     
    Das Gelage begann sich eine knappe Stunde vor Morgengrauen aufzulösen. Die Kobolde krochen durch die geheimen Ausgänge hinaus, die sie vor Jahren, kurz nach Fertigstellung des Tolkien-Hauses, gegraben hatten. Die Bohemier wählten die konventionellere Route über die Khazad-dûm-Brücke, die man inzwischen mit Seilen gesichert hatte, damit niemand im Vollrausch in den Abgrund stürzte.
    Draußen mobilisierte das Gewitter gerade seine letzten Reserven für einen glanzvollen Abschluß. Als Z. Z. Top ins Freie trat, flammte ein Blitz auf, der den Rasen in zuckendes Licht tauchte; lächelnd bot der Top das Gesicht dem Regen dar und prostete mit seinem letzten Schlitz dem Himmel zu.
    »Sehr hübsch«, sagte er. »Ganz reizend.«
    Andere folgten: Löwenherz, Myoko, Bettelstab, eine etwas gerupfte Aphrodite und andere mehr. Aurora Smith und Brian Garroway hatten sich schon vor Stunden verabschiedet; George und Kalliope kamen fast als letzte heraus. Ein Blitz erleuchtete das Gesicht der Dame für den Bruchteil eines Augenblicks, was drei Tolkienianer zu ebenso vielen Salzsäulen erstarren ließ. Sie mußten mit fremder Hilfe aus dem Regen entfernt werden.
    Als allerletzte verließen Jinsei und Prediger das Haus, und sie nahmen Ragnarök, den sie von beiden Seiten stützten, mit sich hinaus in die Nässe. Prediger war als nicht ganz glaubwürdiger Pilgervater verkleidet, Jinsei als Katze; ihre winzigen Pappöhrchen welkten im Regen zusehends dahin.
    Schlicht als er selbst kostümiert, hatte Ragnarök in dieser Nacht so tief ins Glas geschaut, daß er fast auf der anderen Seite wieder herausgekommen wäre, und auf

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