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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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dem Weg zum Ausgang hatte er sich auf seinem Trenchcoat übergeben. Anschließend hatten sie ihn in Predigers Langmantel gewickelt, und als Ragnarök beim Licht des nächsten Blitzes an sich hinuntersah und erkannte, daß er etwas Weißes trug, löste dieser Umstand einen kurzzeitigen Eklat aus. »Scheiße! O Scheiße, verdammte Kacke was zum Teufel -«
    Er schlug um sich. Jinsei steckte einen ordentlichen Ellbogenstoß gegen den Kopf ein und taumelte ein paar Schritte zur Seite. Nur noch einseitig gestützt, sackte Ragnarök halb in sich zusammen, aber Prediger fing ihn auf und hielt ihn von hinten umklammert, so daß er sich nicht umdrehen und zuschlagen konnte.
    »Laß mich los!« grölte Ragnarök und wand sich dabei wie ein Fisch im Netz. »Ich bin nicht, nicht -«
    »Ich bin’s, Rag«, sagte Prediger leise, direkt in sein Ohr. Der Fisch unterbrach sein Gezappel.
    »Ha? Wa... Prediger? Predi?« ;
    »Es is nur mein Mantel, Rag. Alles klar, Mann? Nur mein Mantel.«
    »W-wa... das is dein Mantel, Pre?«
    Der Kampfgeist verließ ihn wie die Seele den Verblichenen; Er sackte jetzt vollends in sich zusammen, und Prediger hatte seine liebe Not, die leblose Last davor zu bewahren, der Länge nach in den Schlamm zu fallen. Glücklicherweise tauchte in diesem Augenblick Shen Han auf, gefolgt von zwei Bundesbrüdern.
    »Wir kümmern uns um ihn«, bot Shen Han an. »Er kann sich in einem der leeren Zimmer ausschlafen.«
    Mit einem Nicken überließ Prediger seinen Freund den Tolkienianern, die ihn an Armen und Beinen packten und ins Haus zurücktrugen. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf Jinsei, die sich vorsichtig die Wange rieb.
    »Weh getan?« fragte er.
    »Nein«, erwiderte Jinsei, während sie Ragnaröks entschwindender Gestalt mitleidig nachsah. »Nicht so schlimm. Ist er immer so?«
    »Ob er sich auf Feten immer betrinkt, meinst du?«
    »Ob er immer Frauen auf Feten einlädt und sich dann betrinkt.«
    Prediger schüttelte den Kopf. »Hab ihn so gut wie noch nie trinken sehen. Und was Frauen angeht, redet er zwar ziemlich häufig von ihnen, aber daß er eine einladen würde, passiert höchstens alle Jubeljahre einmal. Er muß dich mögen.«
    »Er hat den ganzen Abend kaum ein Wort mit mir geredet.« »Hm, na ja, das paßt irgendwie. Ragnarök hat’n echtes Problem, so ›zwei Seelen, ach‹, wenn du weißt, was ich meine, von denen die eine immer was will und die andere denkt, er sei dessen nicht würdig. Hat was mit seiner Herkunft zu tun.«
    »Und wo kommt er her? Ich meine, ich weiß schon, irgendwo aus dem Süden, aber nicht aus welcher Stadt oder was seine Eltern sind und so weiter.«
    »Hat er dir nichts davon erzählt, wie er aufgewachsen ist?«
    »Nein. Nichts Genaues.«
    »Dann weiß ich nicht, ob ich es tun sollte.« Er musterte sie im Halbdunkel zwischen den Blitzen und versuchte, sich darüber klarzuwerden, ob das, was er in ihrem Gesicht gesehen hatte, wirklich oder nur Einbildung gewesen war. »Hör mal, soll ich dich nach Hause bringen?«
    Jinsei lächelte in Erinnerung an ein ähnliches Angebot. »Ich glaube, ich lauf lieber. Bei diesem Wetter auf einem Motorrad... Trotzdem danke.«
    »Motorrad, pah!« sagte Prediger und deutete nach links, wo gerade ein Tolkienianer um die Ecke bog, der einen weißen Hengst am Zügel führte. »Das ist mein Beförderungsmittel. Heißt Calvin. Calvin Coolidge.«
    »Bist du sicher, daß das bei dem Gewitter nicht riskant ist?«
    »Es ist nicht riskanter als zu laufen, wenn wir ein bißchen aufpassen.« Wie zum Beweis seiner Behauptung, erhellte ein weiterer Blitz den ganzen Himmel; weder der Blitz noch der darauffolgende Donner schien den geringsten Eindruck auf Calvin zu machen. »Siehst du? Den bringt keine Bombe aus dem Gleichgewicht.«
    Jinseis Lächeln wurde strahlender. »Vielleicht solltest du dir deinen Mantel wieder holen. Dein Pilgerkostüm sieht nicht übermäßig wasserdicht aus.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich erkält mich nicht so leicht.«
    Sie kniff die Augen ein wenig zusammen. »Und betrunken bist du auch nicht, oder?«
    Der Bohemier schüttelte den Kopf. »Ich rühr keinen Alkohol an«, sagte er ernsthaft. »Ebensowenig Tabak oder Shit. Und das, holdes Fräulein, ist der Grund, weswegen sie mich Prediger nennen.«
    Mit einem Augenzwinkern zauberte er das Lächeln auf Jinseis Gesicht zurück; seine Hand streifte die ihre, und in dem Moment wußte er, daß er nicht phantasiert hatte.
    »Na dann los«, sagte Jinsei, und Prediger brachte sie nach

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