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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Ideen gelebt hatte. Am meisten erzählte er ihr aber vom Klan, einer Organisation, deren Gefährlichkeit nicht so sehr, wie Jinsei immer geglaubt hatte, darin lag, daß sie die Verkörperung eines unpersönlichen, fast mythischen Bösen gewesen wäre, sondern im Gegenteil, daß sie ein Übel verkörperte, das aufs engste mit der menschlichen Natur verquickt war.
    »Und Ragnarök war anfangs selbst ein waschechter kleiner Klanmann. Kannst dir ja vorstellen - muß wie bei den Pfadfindern gewesen sein, aber mit ein paar Extras. Gegen ein brennendes Kreuz kommt ein läppisches Lagerfeuer doch niemals an, besonders bei einem Kind.«
    »Wie ist er denn da rausgekommen ?« fragte Jinsei. »Bei der Erziehung? Er hat sich ja geändert, ich weiß, daß er sich geändert hat, aber wie?«
    »Kann ich dir auch nicht sagen.« Prediger zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist was passiert, ein einschneidendes Erlebnis, das ihn irgendwie aufgerüttelt hat, obwohl... so wie ich ihn kenne, würde ich eher sagen, er ist ein weiterer Beweis dafür, daß man das Gute im Menschen nicht ewig unterdrücken kann. Früher oder später mußte er es einfach abschütteln, verstehst du bevor es ihn umbrachte. Natürlich ist er immer noch einer der gewalttätigsten Menschen, die ich wahrscheinlich je zu Gesicht bekommen werde, aber ich bin schon mehr als einmal froh darüber gewesen, daß ich ihn bei einer Schlägerei auf meiner Seite hatte.«
    »Nicht nur du.«
    »Eben. Trotzdem ist das eine Sache, die er sich nie verziehen hat, und ich wette, den könntest du foltern, ehe er zugäbe, daß auch nur irgend etwas Gutes in ihm steckt. Tja, ist manchmal schon ein bißchen schwierig, so einen Typen als besten Freund zu haben.«
    Jinsei schwieg.
    »Woran denkst du?« fragte Prediger einen Augenblick später.
    Statt zu antworten, fing sie wieder an, die Linien seiner Hand mit einem Finger nachzufahren.
    »Es gibt da ein Problem«, sagte sie dann.
    Nickend schloß Prediger seine Hand um die ihre. »Ein Problem«, pflichtete er ihr bei.
     
    VI
     
    Der Irische Setter machte sich über sein stiebitztes Hühnchen her. Luther sah neidisch zu, wurde indes nicht aufgefordert mitzuhalten; wenn er auch sonst ein guter Hund war, ließ Ruff nichts und niemanden zwischen sich und seine Mahlzeit treten.
    »Der Knochenroman«, nahm er den Faden wieder auf, »ist die epische Schilderung von Jederhunds Suche nach seinem verlorenen Knochen. Es ist kein trockener Knochen, kein sonnengebleichter Knochen, sondern ein knochen« - er riß die Keule vom Hühnchenrumpf ab -, »fleischig und knusprig, marktriefend knackig, köstlich auf der Zunge.«
    Eifrig bemüht, nicht zu geifern, fragte Luther: »Und das ist seine Liebe? Ein Knochen?«
    »Na ja, er ist ein Sinnbild. Im Knochenroman ist alles symbolisch: Der Knochen ist nicht eigentlich die Geliebte, er symbolisiert die Liebe. Obwohl er, wenn du möchtest, natürlich auch so ziemlich alles andere symbolisieren könnte, was ein Hund so sehr begehrt, daß er sich auf die Suche danach machen würde. Er könnte für die Liebe stehen; er könnte für die Erkenntnis stehen; er könnte sogar die himmlischen Freuden versinnbildlichen. Doch letztlich - neben und über allem anderen - symbolisiert der Knochen das Verlangen, das Besessensein.«
    »Und findet ihn Jederhund am Ende?«
    »Ganz zum Schluß, ja. Zuerst muß er natürlich allerlei Prüfungen bestehen; Dutzende von Feinden, die allesamt allegorisch sind, versuchen ihn von seinem Ziel abzuhalten. Er begegnet beispielsweise anderen Hunden, die Zweifel, Angst und Unentschlossenheit heißen, einem Hornissenschwarm namens Tollwut, einer Wildsau namens Staupe. Doch zu guter Letzt gelangt Jederhund zum Elfenbein-Fleischerladen, wo sein Knochen auf ihn wartet...«
    »Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage?«
    »Für eine Minute. Er findet den Knochen, hebt ihn auf, probiert ihn, und kaum hat er seine überirdische Süße gekostet, wacht er auf und muß erkennen, daß seine ganze Suche nur ein Traum war.«
    »Was?!« rief Luther aus. »Aber das ist ja Betrug!«
    »Ganz und gar nicht«, widersprach Ruff. »Es ist eine wunderschöne Geschichte.«
    »Ich wette, Jederhund wäre da anderer Meinung. So viel durchzumachen, endlich den Knochen zu finden und dann aufwachen zu müssen! Das muß ja entsetzlich für ihn gewesen sein.«
    »Das hängt ganz davon ab, wie er die Sache betrachtet hat. Wie steht’s denn mit dir und deiner Suche nach dem Himmel? Findest du es entsetzlich,

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