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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Fäusten auf die Wände des Schuppens eingeschlagen, aber sein Blick blieb an der einzigen Sache hängen, die der Vandale übersehen hatte: seine Keule, die dunkel und unversehrt neben den Scherben des Scheinwerfers lag.
    Es war seine eigene Waffe, kein Werkzeug oder sonst ein versehentlich zurückgelassenes Beweisstück, doch der Anblick war wie eine Offenbarung. Schlagartig wußte Ragnarök, er wußte, wer dagewesen war.
    »Natürlich«, sagte er, bückte sich, und eine behandschuhte Faust schloß sich um die Keule. »Natürlich. Jack, Partner, Jack Baron, ich hatte dich gewarnt, mir nicht wieder in die Quere zu kommen.«
    Er drehte sich mit ausgestrecktem Arm auf der Stelle, einmal, zweimal, dreimal, und schwang die Keule herum. Mit einem lauten Knall schlug sie gegen eine Wand des Schuppens und ließ außen ein zerbrochenes Stück Verkleidung wirbelnd zu Boden fallen. Der Regen plätscherte darauf und durchnäßte es.
    »Ich komme, Jack«, sagte Ragnarök.
     
    IV
     
    »Das schon«, pflichtete Mr. Sunshine ihm bei und lehnte sich bequem zurück, um das Schauspiel zu verfolgen. »Aber nicht so schnell, wie du denkst.« Er nahm ein Schlückchen Retsina. »Geduld, Jungs... Geduld.«
     
    Die quälende Tugend der Geduld
     
    I
     
    Es wäre falsch zu behaupten, daß Auroras apfelbedingter Abstieg ins Koma George gebrochen hätte; sein Fast-Erfrierungstod nach Kalliopes Abgang war ihm eine Lehre gewesen, und er würde nie wieder in die Falle der Verzweiflung tappen. Aber es wäre ebenso falsch zu behaupten, daß Auroras Verlust ihm keine Höllenqualen bereitet hätte.
    Die Arzte im Kreiskrankenhaus konnten keine organischen Schäden, keine physischen Ursachen für ihren Tiefschlaf feststellen; Laboruntersuchungen hatten ergeben, daß es sich bei dem fraglichen Apfel um eine ganz gewöhnliche, vollkommen ungiftige Frucht handelte. Trotz alledem schlief die Prinzessin weiter, und aus dem Montag wurde Dienstag wurde Mittwoch wurde der Vortag der Iden des März, und wenn die Ärzte keine Ursache finden konnten, so tappten sie bezüglich einer möglichen Kur erst recht im dunkeln.
    George dachte sich seinen Teil. Er mochte sich zwar gelegentlich wie ein Narr aufführen, aber dumm war er nicht, und es hätte nicht gerade für seine Fähigkeiten als Geschichtenerzähler gesprochen, wenn er nicht imstande gewesen wäre, ein Märchen zu erkennen, wenn er eines sah. Doch selbst wenn er sich entschlossen hätte, das zu glauben, was der nackte Wahnsinn des vergangenen Jahres nahelegte - daß jemand Mächtiges ein Grimmsches Märchen neu inszenierte -, was hätte er schon daran ändern können?
    Am Dienstag und Mittwoch hatte er den ganzen Tag in den Magazinen der Uris- und der Olin-Bibliothek verbracht und nach einer Antwort auf diese Frage gesucht. Die Olin war eine der größten Bibliotheken des Landes, doch nicht einmal der Selbsthilfefimmel der achtziger Jahre hatte auch nur eine einzige kleine Broschüre zum Thema »Wie steige ich aus dem Tagtraum eines anderen aus?« hervorgebracht. George vergrub sich in Malorys, Chaucers, ja sogar (gnade ihm Gott!) Edmund Spensers Werken. Aus einer alten Ausgabe der ›Catholic Encyclopedia‹ erfuhr er, St. Georg sei dreimal hingerichtet worden und ebensooft wieder auferstanden, und er habe, als man ihn schließlich köpfte, statt Blut Milch vergossen. Nichts von alledem war im entferntesten inspirierend oder auch nur aufheiternd, und als George am Mittwoch abend an Auroras Krankenlager zurückkehrte, war es eher Instinkt als durch Lektüre gewonnene Erkenntnis, was ihn dazu brachte, die klassische Kur bei Zauberschlaf zu versuchen: den Kuß.
    Sie schlug nicht an. Die Kritiker mochten ihn einen Heiligen nennen, doch niemand hatte bislang von George behauptet, er sei ein Prinz, und Aurora schlief weiter. Er hatte das Gefühl, sie in einer ganz wesentlichen Hinsicht im Stich gelassen zu haben. Rasend vor Wut über sich selbst, ging er nach Hause, verschlang eine abscheuliche Menge Pizza-zum-Mitnehmen und quälte sich durch sechs Stunden unruhigen Halbschlafs.
    Es war unfair; es war genauso, wie wenn man mitten im Schreiben plötzlich blockiert wird und absolut nicht mehr weiß, wie die Geschichte weitergehen soll, und die bloße Bewegung des Sekundenzeigers ausreicht, um einem jeden Gedanken aus dem Kopf zu wischen und jeden Versuch, sich zu konzentrieren, zum Scheitern zu verurteilen. Und was das Schlimmste war: Diese Geschichte entstammte nicht einmal seiner eigenen Feder.
    Am

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