Forbidden
immer weiter in ihre Wut hinein. »Du gerätst überhaupt in allem nach ihm! Du glaubst wohl, dass du was Besseres bist mit deinen guten Noten und den vielen Fremdwörtern. Du hast überhaupt keinen Respekt vor deiner Mutter!«, schreit sie ihn mit wutverzerrtem Gesicht an. »Wie kannst du es wagen, vor meinen Kindern so mit mir zu reden!«
Ich schiebe mich vor sie und fange an, sie aus der Küche zu komplimentieren. »Geh ruhig mit Dave aus«, sage ich zu ihr. »Geh am besten gleich! Trefft euch früher, oder warte woanders auf ihn! Eine kleine Überraschung! Aber bitte geh jetzt, Mum!«
»Immer bist du auf seiner Seite!«
»Ach was, Mum, ich ergreife für niemanden Partei. Aber ich finde, du steigerst dich da gerade in was rein, was dir nicht guttut, erst recht nicht, wo du den ganzen Nachmittag krank auf dem Sofa gelegen hast.« Ich schaffe es, sie hinaus in den Flur zu bugsieren. Sie greift nach ihrer Handtasche, kann es aber nicht lassen, noch eine letzte bissige Bemerkung in die Küche zu schleudern. »Werd erst mal ein normaler Teenager, Lochan, dann kannst du mir vorwerfen, dass ich keine normale Mutter bin!«
Ich schiebe Mum zur Tür hinaus, und es kostet mich viel Mühe, sie hinter ihr nicht laut zuzuschlagen. Ich lehne mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen, weil ich befürchte, sie könnte sonst erneut hereinstürmen. Einen Moment lang schließe ich die Augen. Als ich sie wieder öffne, bemerke ich auf der obersten Treppe eine Gestalt.
»Musst du keine Hausaufgaben machen, Tiffin?«
»Sie hat gesagt, dass sie uns ins Bett bringt.« Aus seiner Stimme ist ein Zittern herauszuhören.
»Ich weiß«, sage ich schnell und richte mich auf. »Und das wollte sie auch. Aber ich hab ihr gesagt, dass ich es übernehme, weil sie schon so spät dran war und –«
»Ich will nicht, dass du mich ins Bett bringst! Ich will Mum!«, ruft Tiffin, springt auf, rennt in sein Zimmer und knallt die Tür hinter sich zu.
In der Küche hat Kit die Füße auf den Tisch gelegt und schüttelt sich stumm vor Lachen. »Mein Gott, was für eine kaputte Familie!«
»Geh hoch in dein Zimmer. Du machst alles nur noch schlimmer«, sage ich.
Er öffnet den Mund, um zu protestieren, doch dann steht er wütend auf. Sein Stuhl macht auf den Fliesen ein unangenehmes Geräusch. Er nimmt Geld vom Tisch, das dort für Tiffin und Willa liegt, damit sie sich morgen in der Schule ein Mittagessen kaufen können, und macht sich in Richtung Haustür auf.
»Wo willst du hin?«, rufe ich ihm nach.
»Mir was zu essen kaufen!«
Lochan geht in der Küche auf und ab. Er wirkt verwirrt, aus der Fassung gebracht. Sein Gesicht ist rot gefleckt.
»Tut mir leid, ich hätte nicht damit anfangen sollen –« Er klingt, als hätte man ihn verprügelt. Ich versuche, ihn am Arm zu berühren, aber er macht einen Satz von mir fort, als hätte ihn etwas gestochen. Sein Schmerz ist fast mit den Händen zu greifen: die Verletzung, der gekränkte Stolz, die Wut, all das füllt den kleinen Raum.
»Das war doch nur zu verständlich, Lochie. Kein Wunder, dassdir der Kragen geplatzt ist. Was Mum sich da heute geleistet hat, ist nicht zu entschuldigen. Aber jetzt hör mir mal zu …« Ich stelle mich vor ihn und versuche noch einmal, ihn am Arm zu berühren. »Lochie, bitte hör mir zu. Was sie da alles gesagt hat – das war ihre Art und Weise, zurückzuschlagen. Du hast vor allen laut ausgesprochen, dass sie zu viel trinkt, und sie kann die Wahrheit einfach nicht ertragen. Deshalb hat sie dir an den Kopf geworfen, wovon sie glaubt, dass sie dich damit am meisten verletzen kann –«
»Sie hat es so gemeint, jedes einzelne Wort.« Er fährt sich durch die Haare, reibt sich die Wangen. »Und sie hat recht. Ich bin nicht – ich bin nicht normal. Mit mir ist irgendetwas falsch, und –«
»Lochie, mach dir darüber jetzt nicht zu viele Sorgen, ja? So was kann man überwinden. Du wirst sehen, das wird mit der Zeit!«
Er beginnt wieder auf und ab zu gehen, als würde die ständige Bewegung verhindern, dass er in lauter Einzelteile zerfällt. »Aber sie ist wie Kit. Sie – sie –« Er bringt es nicht fertig, das Wort auszusprechen. »Sie schämt sich für mich«, flüstert er schließlich.
»Lochie, bleib mal eine Sekunde stehen. Schau mich an.«
Ich fasse ihn an den Armen und halte ihn fest. Ich kann spüren, wie er bei der Berührung erschaudert.
»Es ist alles in Ordnung. Mit den beiden Kleinen ist alles in Ordnung, und das allein zählt doch. Hör
Weitere Kostenlose Bücher