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Forgotten

Forgotten

Titel: Forgotten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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Ein bisschen ausgefallen für eine Beerdigung, oder nicht? Aber dann erinnere ich mich an einen wissenschaftlichen Artikel, den ich in ein paar Jahren lesen werde, in dem steht, dass die alten Ägypter sich mit Mistkäfern haben bestatten lassen. Vielleicht hat die Brosche für die Frau eine besondere Bedeutung. Oder sie mag einfach Krabbeltiere.
    Ich atme ganz vorsichtig, weil ich Angst vor dem Gestank verrottender Leichen habe, aber stattdessen rieche ich zwei meiner Lieblingsdüfte: Gras und Regen. Einige der Trauergäste haben Schirme über den Köpfen aufgespannt. Andere lassen sich nass regnen.
    Mein Blick geht den Weg entlang, den unsere kleine Schar gekommen ist: Er ist ungepflastert, und wegen der Nässe kann man die Fußabdrücke darauf sehen. Einige sind groß, andere kleiner. Viele, viele Fußabdrücke.
    Auf einmal verspüre ich den Drang, mitten durch die Abdrücke durchzulaufen und sie zu zertrampeln, aber ich tue es nicht. Stattdessen stehe ich bloß wie erstarrt im Regen und frage mich, was das alles zu bedeuten hat.

11
    Nachdem sich meine Augen an das trübe Licht des Oktobermorgens gewöhnt haben, versuche ich den Zettel im Halbdunkel zu entziffern. Was natürlich nicht klappt.
    Ich drehe mich auf die Seite und wage mich ein kleines Stück unter der warmen, gemütlichen Bettdecke hervor. Als ich die Hand nach dem Schalter der Nachttischlampe aus­strecke, die ich noch jahrelang haben werde, stoße ich ein Glas Wasser um, das ich offenbar gestern da abgestellt habe.
    Dummer Fehler.
    Hastig knipse ich das Licht an und wische die kleine Pfütze mit meinem Schlafanzugärmel auf. Der Schlafanzug ist aus rotem Flanell. Ich kann mich nicht erinnern, ihn angezogen zu haben.
    Nachdem die Situation unter Kontrolle ist, lasse ich mich zurück in die Kissen sinken. Ich blinzle im Schein der Glühbirne und halte den Zettel ganz nah vors Gesicht.
    24. 10. (So)
    Klamotten:
    – meiste Zeit über roter Flanellpyjama
    – petrolfarbenes langärmeliges Shirt und Skinny Jeans (war mit Mom in der Casa de Amigos zum Abendessen … Salsa auf linken Oberschenkel gekleckert … später checken, ob Fleck rausgegangen ist!)
    Schule:
    – Spanischwörterbuch für Übersetzungsübung!
    – Anatomie-Test (vor der Schule noch mal Mitschrift durchgehen, liegt neben Computer)
    – mit Graphikdesignprojekt anfangen
    Sonstiges:
    – J war heute immer noch komisch wegen Streit am Freitagabend (hat mir noch mal gesagt, ich soll ihr JA nichts über ihre Zukunft verraten!)
    – Notiz zu unserem Gespräch über verschwundene Väter etc. hat mich neugierig gemacht … habe ein bisschen in Moms Zimmer rumgeschnüffelt, als sie weg war. Total krass, was ich gefunden habe. Umschlag rechts oben in Schreibtischschublade. Keine Ahnung, was ich damit machen soll, werde ihn fürs Erste verstecken
    – Luke hat schon wieder nicht angerufen (alte Aufzeichnungen noch mal lesen: scheint ein toller Typ zu sein – bis auf das Nichtanrufen)
    Ich schiebe die dicke Decke zurück und tappe zum Schreibtisch. Ich schnappe mir die Anatomie-Mitschrift und den überquellenden Umschlag aus der Schublade. Auf dem Weg zurück ins warme Nest meines Betts wandert mein Blick zu den gerahmten Bildern von mir und Jamie an der Wand, die wohl aus der Junior High stammen. Daneben hängt eine Collage aus Fotos und Zeitschriftenausrissen mit der Überschrift BFFIUE  – beste Freundinnen für immer und ewig  –, von der ich annehme, dass Jamie und ich sie irgendwann mal zusammen gebastelt haben. Sie ist ein bisschen kitschig, doch ich mag sie. Natürlich weiß ich es nicht, aber ich vermute mal, dass damals zwischen uns alles noch viel einfacher war.
    *
    Eine halbe Stunde später klopft Mom an meine Tür, und ich lasse mein Diebesgut hastig unter der Bettdecke verschwinden. Als ich nicht antworte, kommt sie trotzdem rein.
    »Ich habe angeklopft«, sagt sie.
    »Ich weiß.«
    Sie sieht mich fragend an. Vermutlich versucht sie meinen Gesichtsausdruck zu deuten, der irgendwo zwischen Wut und schlechtem Gewissen schwanken muss.
    »Nicht, dass du zu spät zur Schule kommst.«
    »Ja, ich beeil mich.« Ich möchte in Ruhe gelassen werden.
    »Was ist denn los?« Sie schaut immer noch fragend.
    Sag du’s mir, denke ich. »Nichts, wieso?«
    »Du bist so … anders als sonst. Gestern Abend warst du auch schon so komisch«, meint sie, eine Hand auf der Klinke, die andere am Türrahmen.
    »Bin ich nicht«, sage ich patzig, und sie macht eine abwehrende Geste mit den

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