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Forgotten

Forgotten

Titel: Forgotten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cat Patrick
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James-Dean-Phase durchgemacht. Trotzdem kann ich nicht aufhören, es anzustarren.
    Dann, endlich, gelingt es mir, den Blick loszureißen, und ich konzentriere mich auf die Fotos seiner kleinen Schwestern.
    »Die zwei sind wirklich total süß«, sage ich, als Luke mit dem Essen kommt.
    »Du solltest sie mal live erleben. Sie sagen die witzigsten Sachen.« Luke schmunzelt, und mir wird ganz warm bei der Vorstellung, dass er ein großer Bruder ist. »Na ja, du wirst sie ja noch kennenlernen«, meint er und hält mir den Teller hin.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass du gerudert bist«, sage ich, bevor ich ein Stück vom köstlichsten Truthahnsandwich auf Erden abbeiße.
    Er runzelt die Stirn, und ich frage mich, ob er mir vielleicht schon davon erzählt hat. Aber er sagt bloß: »Ich sehe schon, ich muss dich von den Fotos fernhalten.«
    »Sieht doch süß aus«, nuschle ich durch einen Mundvoll Brot und Truthahnbrust, während ich das Foto von Luke und seinen Mannschaftskameraden bewundere. Zwischen all den peppigen Ivy-League-Kandidaten wirkt er ein bisschen fehl am Platz, aber trotzdem ganz locker und selbstsicher.
    »Na ja«, sagt er trocken mit einem Grinsen. »Ich mache mir eigentlich nicht viel aus Mannschaftssport, aber Rudern hat echt Spaß gemacht. Man hat keine Vorstellung davon, was Kälte bedeutet, bis man mal morgens um sechs in den Charles River gefallen ist.«
    Wir lachen gemeinsam und essen unsere Sandwichs auf, bevor Luke mich auf eine Tour durch das restliche Haus mitnimmt. Es ist ein Wahnsinnshaus, riesig und sonnendurchflutet, und in jedem Zimmer halte ich nach Spuren von Luke Ausschau.
    Hier macht Luke seine Hausaufgaben. Hier sieht Luke fern. Hier spielt Luke auf seiner Konsole. Hier isst Luke zu Abend.
    Oben gibt es vier Schlafzimmer, die um eine U-förmige Galerie mit Blick auf den Eingangsbereich herum gruppiert sind. In einer Ecke liegt das Elternschlafzimmer. Direkt da­neben das Zimmer der Zwillinge. Daneben das Gästezimmer.
    Und dann kommen wir zu Lukes Zimmer.
    Mein Herz klopft ein bisschen schneller, als ich das dunkle Holz und die tiefblau gestrichenen Wände betrachte, die so ganz anders wirken als der helle Rest des Hauses. Gegen einen Stuhl in der Ecke gelehnt, steht eine Gitarre, die den Eindruck macht, als würde oft auf ihr gespielt. Ein riesiges Ölgemälde vom Ohr eines Mädchens lehnt an der Wand. Es ist seltsam und wunderschön zugleich, und ich kann nicht umhin mich zu fragen, wem das Ohr wohl gehört. Würde Luke auch mein Ohr malen wollen?
    Er hat die Tagesdecke übers Bett geworfen, damit es halbwegs so aussieht, als sei es gemacht, aber darunter schauen noch die vom Schlaf zerknautschten Kissen hervor. Urplötzlich verspüre ich den Drang, hinzulaufen und an ihnen zu riechen.
    Mit Mühe und Not gelingt es mir, mich nicht wie eine geisteskranke Stalkerin zu benehmen.
    Unsere Zeit ist fast um, deswegen kommen wir nicht weiter als bis zum Türrahmen. Viel zu bald müssen wir uns schon wieder von dem einzigen Ort verabschieden, an dem ich im Augenblick sein möchte.
    »Ich glaub, wir sollten langsam gehen«, meint Luke und legt mir sanft eine Hand auf die Schulter. »Ich will nicht, dass du Ärger bekommst.«
    Widerstrebend stimme ich ihm zu, aber während wir die riesige geschwungene Treppe hinunter und nach draußen zum Wagen gehen, zieht es mich die ganze Zeit in die andere Richtung, zurück zu seinem Zimmer.
    Dort war sie, die Essenz von Luke. Ich will mehr davon.
    In entspanntem Schweigen fahren wir zurück zur Schule und gehen Hand in Hand hinein. Kurz bevor wir uns in der großen Halle trennen müssen, sieht Luke mich an.
    »Hast du Lust, am Samstagabend was zu unternehmen?«
    »Ja«, sage ich – ich glaube, noch bevor er die Frage zu Ende gestellt hat. Ich grinse schief, und er lacht.
    Und dann kommt er einen Schritt näher.
    Ich halte den Atem an bei dem Gedanken, dass Luke mich vielleicht hier und jetzt, mitten in der großen Halle küssen wird. Gerade als ich fieberhaft überlege, was ich dann machen soll und ob ich überhaupt in der Lage dazu bin, vor Publikum zu küssen, hebt Luke die Hand und streicht mir ganz langsam, ganz leicht mit dem Daumen die Wange entlang. Ich bin wie hypnotisiert durch diese vollkommenste, unglaublichste aller Berührungen. Merkwürdigerweise kommt sie mir viel in­timer vor als ein Kuss.
    »Bis dann«, flüstert Luke, bevor er den Bann bricht und zu seiner nächsten Stunde davongeht.
    »Bis dann«, hauche ich ihm hinterher.
    Ich stehe

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