Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
weiter.
„Du willst allein durch dieses Scheißland hier
marschieren? Was willst du denn überhaupt in diesem Tulsa?“
Au. Schon wieder dieser fassungslose Blick, der ihr
deutlich machte, dass sie was Saublödes gefragt hatte.
„Tulsa! Das Gefängnis! Hast du denn noch nie davon
gehört? Da ist doch Eske! Mein Mann!“ Jetzt lief tatsächlich eine Träne an
ihrer Nase entlang. „Ich hab ihn so lange nicht mehr gesehen – und es soll so
schlimm sein da! Und er weiß nicht mal, wie groß Piro schon ist!“
Was sagte man jetzt dazu? Das war ja wirklich ziemlich
ätzend. „Ähm – kann man denn da überhaupt Besuche machen?“
Nella nickte und versuchte, die Tränen zu verdrücken.
„Die Frau gestern, die wollte da ihren Bruder besuchen“, quetschte sie heraus.
„Und ich komm nicht hin, bloß weil Stan unbedingt auf dem allerschnellsten Weg
nach Gassapondra will!“
Jetzt quäkte auch noch Piro los. Hatte wohl
mitgekriegt, dass Mama heulte. Nella holte ihn aus dem Rucksack und fing an,
mit ihm herumzuschmusen. Deshalb musste Pix nichts Tröstendes sagen – ihr wäre
auch nichts eingefallen. Sie musste plötzlich an Sandrou denken, wie der
gestern stundenlang nach seiner Mimou gebrüllt hatte.
Hinter ihnen flog die nächste Tür auf, die gelb-grün
gestrichene von Jujuna Tirps Wagen, wurde wieder zugeknallt, und der Messerwerfer
sprang die Stufen hinunter. Sie beide streifte er nur mit einem gleichgültigen
Blick, schlüpfte wie eben James unter dem Netz hindurch und entschwand in
dieselbe Richtung. Na, wenigstens gab der einen guten Themenwechsel her.
„Findest du’s nicht total peinlich, dass der es
dauernd mit deiner, äh – Schwiegermutter treibt?“, fragte sie.
Nella verbarg ihr Gesicht an Piros Bauch. „Du redest
immer wie eine verheiratete Frau“, erwiderte sie (natürlich mit diesem
bescheuerten Kichern). „Lass das besser nicht Taizia hören.“
„Mir doch egal“, murrte Pix. „Da wo ich herkomme,
redet man wie man will. Ich find die beiden voll peinlich. Mann, die könnte
seine Mutter sein!“
„Sie ist Witwe. Und er ist ein Mann. Außerdem sind
beide keine Montagus, sodass mein Großvater das nicht so einfach verbieten
kann.“
Pix zischte spöttisch. Ein Mann, klar. Das war hier
der Passierschein für alles.
„Aber ich glaub, Eske würd es auch nicht passen.“
Nella kam richtig ins Nachdenken, hörte sogar mit der Stampferei auf. „Firn ist
jünger als er!“
„Nella, seid ihr bald mal mit der Pilfa fertig?“, rief
die Alte. „Es wird Zeit!“
2
„Ich
fürchte, ihr habt das nächste Problem, Ska Montagu!“, rief Charles Oswend
Gerringer der Vierte anstelle eines Morgengrußes, als sie alle beim Zemmes saßen.
Der Chef winkte ihn ins Lager herein und bot ihm eine
Zigarette an, die freudig entgegengenommen wurde.
„Ahh, gut! Das ist kein hiesiger Roter, was? Das
schmeckt wie … wie …“
„Schwarzer Kapanno aus dem Süden. Hab ich in
Rhondaport gekauft. Ist nichts für jeden Tag. Sieh’s als Vorschuss auf deine
Bezahlung, Ska Gerringer.“ Der Chef grinste. „Du hast uns da einen guten Dienst
erwiesen letzte Nacht. Das hätte übel ausgehen können.“
„Allerdings. Nur leider war es, wie gesagt, nicht das
Ende eurer Schwierigkeiten.“
„Was gibt’s denn noch?“
„Seht ihr da drüben das Brückenhaus? Scheußliche
Kebernett-Architektur übrigens. Ist mir schleierhaft, warum Varkos sein Haus
unbedingt –“
„Ska Gerringer, du kommst vom Thema ab!“
„Ja. Ist ’ne dumme Eigenschaft von mir. Also, Varkos
und seine Leute, die verstärken da drüben gerade die Zäune, seht ihr das? Die
verschanzen die Bude. Bis morgen Mittag muss Varkos sich selbst behelfen, so
gut er kann. Er wird’s schon hinkriegen, ist ja ’n fähiger Mann. Euer Problem
ist, dass ihr außerhalb des Zaunes seid. Und weiterziehen könnt ihr auch
nicht. Die Trukantagyja ist nicht sicher.“
„Wie meinst du das? Wieso nicht?“
„Was ist denn überhaupt los? Wieso verschanzen?“
„Wieso bis morgen Mittag?“
„Wir nehmen nicht die Trukantagyja“, sagte der Chef
laut in das Durcheinander hinein. „Wir wolln runter nach Kalybe und am Südufer
entlang.“
Der Jäger sah ihn einen Moment lang verblüfft an, dann
lachte er los. „Kalybe? Südufer?! Ska Montagu, ich weiß, ihr seid nicht von
hier, aber wer hat euch denn da beraten? Streicht ihn von der Liste eurer
Freunde, kann ich nur sagen! Kalybe! Is’ ja wohl nicht wahr!“
„Der Weg ums Südufer ist eine
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