Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Firn Junipers Idee vom Bären-Galiziak in der Luft zerrissen.
Unterdessen wurde Kate beobachtet und taxiert, aber niemand sprach direkt mit
ihr. James war schon vertraut genug mit den Bräuchen der Montagus, um zu
wissen, woran das lag. Die Leute wussten nicht, wie sie Kate einzuordnen
hatten: War sie eine selbständige Reisende wie Kriope, ein Flüchtling wie
James, Carmino und Pix, oder gehörte sie doch in irgendeiner Weise zu
Inglewing? Und wie konnte sie allein mit ihm so weit gereist sein, wenn sie nicht zu ihm gehörte …?
Als Gerringer zu ihnen stieß, gab er dem Klatsch
weitere Nahrung. Sein Besuch galt nicht dem Essen – nach wie vor beschränkte er
sich da auf seine eigenen Vorräte – sondern Inglewing, dessen Haarfarbe selbst
in dieser tiefen Dämmerung noch leuchtete und ihn offenbar schon von weitem
verraten hatte.
„Dorian Inglewing?“, rief der Ex-Gelichterjäger
überrascht und tauchte unter ihrem Netz hindurch. „Mir war doch gleich so, als
hätte ich deinen Wagen in der Stadt gesehen!“
„Charles Oswend Gerringer! Wir haben uns lang nicht
mehr gesehen!“
„Das kannst du laut sagen, Junge! Wie geht’s denn so?
Was macht die wunderschöne Onska Inglewing? Begleitet sie dich?“ Der Jäger sah
sich in der Runde um und hatte keine Ahnung, dass seine Frage eine Menge Ohren
hier aufhorchen ließ.
„Nein. Sie – äh –“
„Ich erinnere mich, dass Orolo nicht viel Gnade vor
ihren Augen fand!“, lachte Gerringer. „Aube ist ihr immer noch lieber, wie?
Aber dich zieht’s doch mal wieder in die alte Heimat, was?“
„Ich bin nur auf der Durchreise –“
„Das glaub ich. So lang will sie sicher nicht auf dich
verzichten.“ Er wandte sich breit grinsend an die Umsitzenden. „Ist im
Nachbarort aufgewachsen, der Inglewing, und ich hab ihm schon als Zwölfjährigem
eine große Zukunft bei der Garde vorhergesagt. Aber die sind ja so was von
vernagelt da in Kebernett … na, und dann hat er sich ausgerechnet nach Aube
verheiratet. Und seitdem muss Orolo auf seine Talente verzichten.“
James hatte genau gesehen, wie Inglewing zusammengezuckt
war, als der Jäger ihn nach seiner Frau fragte. Und nachdem Gerringer Kate an
seiner Seite einmal entdeckt hatte, ließ er sie nicht mehr aus seinen
neugierigen Augen.
James dagegen konnte seine Augen kaum mehr aufhalten.
Nachdem sein Magen endlich gefüllt war, schlief er an die Stufen des
Gilwisselwagens gelehnt ein und erwachte erst wieder, als er einen kräftigen
Schubs bekam.
„He! Du hast die erste Wache mit mir!“, knurrte
Horgest und ließ sich schnaufend an den Platz fallen, den er erfahrungsgemäß
für die nächsten Stunden nicht mehr verlassen würde. „Frag mich zwar, wofür wir
noch Wachen brauchen, wenn wir schon unterm Netz sitzen wie verdammte Fische,
aber der Chef will’s nun mal.“
In den Feuern brannte Palintegrus. Jenseits der
Maschen des Netzes stand ein sternenübersäter Nachthimmel. Und es war kühl
geworden. James streckte sich und beschloss, eine Runde durchs Lager zu machen,
um wach zu werden. Ringsum war alles still bis auf die üblichen Nachtgeräusche
– das Schnarren eines Insekts, ein Kinderjammern aus dem Kalendio-Wagen, leise
Stimmen aus dem Wagen des Chefs, das Schnauben und Stampfen eines Pferdes aus
den Ställen drüben. Ihre Gilwissel waren alle angebunden und träumten
vermutlich von grasigeren Gegenden als dieser hier. Triv, die Hündin, die bei
ihnen Wache hielt, war sofort auf den Beinen, als James sich näherte. Die
beiden jungen Hunde schliefen wie üblich tief und fest vor Mapoosas Käfig.
Er warf einen Blick durch das Gelichternetz. Auch in
den beiden anderen Lagern auf dem Gelände herrschte Nachtruhe. Man sah nur den
flackernden Schein eines Feuers zwischen Radspeichen hindurch. In der
Karwansari war noch Licht, und gelegentlich klangen dort Stimmen auf. An der
Stadtmauer stand still und dunkel Inglewings grüner Wagen.
Wieder wartete James, ob ihn noch einmal dieses Gefühl
von Freiheit treffen würde, dieses herzklopfende Aufgehen in der Orolo-Nacht.
Aber in ihm blieb alles stumm. Schließlich holte er sein Notizbuch aus dem
Gilwisselwagen und überlegte dabei, ob es stimmen mochte, was Kate erzählt
hatte: dass dieser Kerl, dieser Pennebrygg, tatsächlich auch von drüben
herübergekommen war. Der Name ließ etwas klingeln in seinem Gedächtnis. Wie ihm
ja auch der Name des Herrenhauses bekannt vorgekommen war. Er hatte Wokenduna
Hall sogar im Netz gecheckt deshalb, nachdem Alice
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