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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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er zu Carmino, der immer noch sauer aussah.
    „Vielleicht sind wir schon weg, wenn ihr wiederkommt!“
    James warf ihm einen warnenden Blick zu. „Seid ihr
nicht. Denk dran, wir bringen das Mittagessen! Immerhin habt ihr’s schattig
hier.“
    Während er und Inglewing sich in der folgenden halben
Stunde mitten durch die pralle Nachmittagshitze kämpfen mussten. Niemand
schenkte ihnen einen zweiten Blick, auch nicht der Reiter, dem sie ein weiteres
Mal begegneten und der laut Inglewing ein Sheriff war. Er bahnte sich schimpfend
einen Weg zum Fluss hinunter.
    James folgte Inglewing durch ein Gewirr von Gassen, in
denen es immer voller wurde, bis er begriff, dass sie den Markt erreicht
hatten: dieselbe Sorte schmaler Häuser, in deren Erdgeschossen jedoch Läden und
Werkstätten untergebracht waren. Davor stapelten sich die Waren. An manchen
Stellen wurde der Weg dadurch so eng, dass die Kunden sich aneinander
vorbeischieben mussten. Ganze Gassen waren mit ausgespannten Sonnensegeln aus
dunklem Stoff beschattet, darunter kochten Hitze und Gerüche. Das war
orientalischer als alles, was Camden Market oder ähnliche Orte zu bieten
hatten. Vielleicht hatte Carmino ja doch Recht mit dem Irak … England war das
hier jedenfalls nicht mehr. Halbherzig hielt er Ausschau nach Handyträgern,
Telefonzellen oder etwas, das nach einem Amt aussah, obwohl er schon wusste,
dass es vergeblich sein würde. Er tauchte ein in diese Wogen aus Gesichtern und
Stimmen und Dingen, seine Blicke glitten über gerupftes Geflügel an einer
Stange und aufgeschnittene, blutrote Melonenhälften, die in der Sonne glänzten,
über Knoblauchzöpfe und Kohlköpfe, einen Wald aus geflochtenen Körben und
Matten, dampfende Teekannen an einem, wassergefüllte Karaffen an einem anderen
Stand, Hüte, Sandalen, Stiefel, Schmuck, Messer. Er glitt durch eine Wolke aus
köstlichem Kaffeeduft, geriet in den Sog um eine Art Theke, auf der – er
wunderte sich schon nicht mehr – mehrere große, bunt gemusterte Schnecken
krochen, ein Wettrennen offenbar, denn die Zuschauer, die den Ort belagerten,
brüllten anfeuernd. Inglewing zerrte ihn grinsend weiter und erklärte ihm
etwas, das er im allgemeinen Lärm nicht verstand. Ein hoher, schräger Singsang
drang seit einiger Zeit über das allgemeine Gelärme hinweg, eine seltsam
verlorene Stimme, die ihr Lied zum quäkenden Klang eines Instruments sang.
Immer wieder trieben Schwaden scharfer, fettiger, würziger Düfte um sie herum,
und schließlich brachte ihn der Hunger zu sich selbst zurück. Wieder versuchte
er zu analysieren, was er sah, bemühte sich um Orientierung – aber es war
einfach zu viel, er war zu hungrig, zu erschöpft, zu fremd. Etwas zu essen
musste her, und zwar sofort. Kleine Garküchen waren an jeder Ecke zu sehen,
aber Inglewing zog ihn erbarmungslos weiter.
    „Wir brauchen erst noch etwas für Kate und Carmino“,
sagte er, blieb dann aber selbst vor einem Teppichladen stehen, oder zumindest
dachte James das, bis er zwischen den Teppichen einen Tisch mit Büchern
entdeckte. Er folgte Inglewings Blick: Offenbar hatte ihn das Lächeln auf dem
Frauengesicht eingefangen, das ihnen von dem Buch im Zentrum der Auslage
entgegenstrahlte. Eingefasst von einem dicken Pelzkragen, schwebte dieses
Gesicht wie eine Sonne über weißen Berggipfeln und schneebedeckten Ebenen, und
das Ganze sah so kitschig aus, dass man sich über Inglewings Interesse nur
wundern konnte. Licht von Skilgorth hieß das Buch, und der Untertitel
versprach Gedichte von Merelle Autrejaune . Poesie und der Typ mit seinem
Werkzeuggürtel – passte wie die Faust aufs Auge, aber jedem das Seine. Dann sah
er, was neben den Büchern in zwei Stapeln lag: Zeitungen! Der eine war in
arabischer Schrift bedruckt, aber die Schlagzeile auf den Exemplaren des
anderen Stapels war englisch. Kallisti festgesetzt! schmetterte sie dem
Leser in sozusagen empörten Buchstaben entgegen.
    „Was kostet die Zeitung?“, fragte er den
pfeiferauchenden Jungen, der den Stand bewachte.
    „Fünfzig Chaval“, lautete die Antwort, die ihm
klarmachte, was er nicht bedacht hatte. Inglewing musste ihm Geld leihen – inzwischen
hatte er sich aus den Klauen der Poesie befreit.
    „Komm weiter!“, sagte er, und zum ersten Mal klang
seine Stimme mürrisch. „Überdenk deine Wucherpreise noch mal, Kleiner!“
    „He, Ska, das ist ’ne Extraausgabe! Deshalb!“, rief
ihnen der Knabe mit der Pfeife nach.
    Chaval?! Was auch immer, er hätte es bezahlen sollen.
Die

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