Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
um, und dann kümmern wir uns
um die Kleinigkeiten, wie zum Beispiel das Halstuch.“ Der Schneider hatte
bereits einen anderen Packen Kleidung aus einem Fach hinter dem Ladentisch
gezogen und drängte den Erfinder damit wieder in die Umkleideecke zurück.
„Das Halstuch?“, rief dieser dann hinter dem Vorhang.
„Hab ich dir nicht eins abgegeben, zusammen mit der Wäsche? Sag nicht, dass es
–“
„Wirklich, Dorian, mein Freund, du kannst unmöglich
ein flieder farbenes Halstuch tragen! Nicht, wenn du von irgendeinem der
hohen Herren ernst genommen werden willst!“ Als sein Kunde nach
rekordverdächtigen anderthalb Minuten in hellgrauer Hose und dunkler Weste
wieder hervorkam, überreichte Gur ihm ein sorgsam gefaltetes Tuch. „Hier ist
es. Gewaschen und geplättet. Pack es in deinen Schrank. Am besten verschenkst
du es. Flieder geht nicht.“
„Was schlägst du also vor?“, seufzte Inglewing ergeben
und stopfte das Tuch in seine Hosentasche. „Grün?“
„Ach, aber doch nicht Grün! Niemand mit deiner
Haarfarbe sollte Grün tragen – das ist vulgär. Hier, sieh dir diese an!“ Er zog
eine ganze Schublade mit Tüchern hervor und stellte sie auf den Ladentisch.
Seine Finger glitten über die verschiedenfarbigen Stoffe. „Silbergrau –
akzeptabel, aber langweilig. Taubengrau, mit einem Hauch von Grün – ja,
das ginge. Etwas aus der Gewürzpalette – Zimt vielleicht. Ein wenig gewagt –
aber ja, das könnte ich mir vorstellen. Oder pflaumenblau?“ Sein kritischer
Blick kehrte zu Inglewings roter Haarpracht zurück. „Ich gehe davon aus, dass
du noch beim Barbier vorbeisiehst und das da in Ordnung bringen lässt?“
„Also – nun ja, ich denke, ins Badehaus schaffe ich es
noch vor dem Dinner. Aber zum Barbier – die Zeit – weißt du … meinst du
wirklich, dass das auch noch sein muss?“
Die Frage, im Ton leiser Verzweiflung vorgebracht, wurde
keiner Antwort gewürdigt.
„Das Dinner ist schon heute Abend“, gestand Inglewing.
„Das könnte ein bisschen knapp werden …“
„Heute Abend! Gütige Larenni! Dorian, so kannst du
nicht im Haus des Präfekten erscheinen!“
„Ich binde es fest, irgendwo muss ich auch so eine
Spange haben –“
„Vermutlich in Rosenrot!“, schnaubte Gur voll
berufsbedingter Entrüstung. „Wähle ein Halstuch – und ich empfehle das
taubengraue, deine Einstellung scheint mir schon gewagt genug, da wollen wir
mit der Kleidung nicht zu experimentierfreudig sein! Und dann spendiere ich
eine dazu passende Spange …“ Er zog eine weitere Lade auf und inspizierte den
Inhalt. „Hier – das wäre eine ausgezeichnete Wahl! Graublaues Perlmutt, in
einer Silberfassung.“
James, der die Diskussion über Farben und
Kleidungsstücke mit schläfriger Fassungslosigkeit verfolgt hatte, betrachtete
nun ungläubig die schwere, rautenförmige Haarspange, die Inglewing in den
Fingern drehte. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
„Trink mal etwas! Es tut wirklich gut“, sagte Kate
plötzlich und lächelte ihm zu. Sie hatte sich durch die fremde Kleidung völlig
verändert, fand er. Sie hätte eine der Frauen aus dem Suq sein können.
Er nahm das Glas, das sich immer noch eisig anfühlte,
und merkte auf einmal, dass er fast umkam vor Durst. Badlabik, so gut es den
Magen füllte, machte durstig.
Der Schneider schlug indessen seine Schubladen wieder
zu. „Nimm sie einfach und vergiss sie heute Abend nicht. Kein offenes Haar am
Abend! Selbst für die Damen gilt: Nicht mehr als drei Strähnen –“
„Ja, ja, Gabriel, ich werd dran denken! Vielen Dank
für die Spange, sie gefällt mir. Vor allem erspart sie mir den Besuch beim
Barbier. Und selbstverständlich werde ich sie bezahlen. Nein, keine Widerrede.
Nenn mir den Preis! Komm schon, die Käferkübel haben mich zu einem ziemlich
wohlhabenden Mann gemacht!“
Ein rasch unterdrücktes Kichern jenseits des Vorhangs
zum Arbeitsraum verriet, dass man dort die Verhandlungen im Laden verfolgte.
„Ach, das stimmt doch gar nicht – du hast doch alles
direkt wieder in diese Geräte gesteckt! Und vermutlich hat Oona in Halmyre auch
einen guten Batzen davon bekommen. Aber in Larennis Namen, dann gib mir eben
eine Kelverne!“
„Den richtigen Preis!“
„Zwei Kelvernen dann, und ich will verflucht sein,
wenn ich dem Sohn meines Freundes auch nur einen Chaval mehr abnehme!“
Inglewing nahm drei Silbermünzen von seinem Geldring
und legte sie auf den Ladentisch. „Über den Preis für den Anzug sprechen
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