Forstchen, William
Bastion zu zerren.
Der Mob wurde langsamer, und ein halbes Dutzend von ihnen kamen auf Hans zu und zerrten etwas hinter sich her. Die Vorderleute gaben ihm den Blick frei, und zu seiner Verblüffung sah er, dass sie einen Bantagkrieger mitschleiften; sie hatten ihm die halben Kleider vom Leib gerissen, und Blut floss ihm aus Dutzenden Wunden. Sie schleuderten ihn zu Boden, und Hans sah, dass er noch lebte, da er matt mit den Füßen strampelte.
Der Bantag blickte zu Hans auf. »Töte mich!«, stöhnte er. Ungeachtet seines Hasses erlebte Hans, wie ihn Mitleid übermannte. Kein Soldat sollte so sterben müssen, dachte er, erstaunt darüber, dass er noch ein solches Gefühl aufbringen konnte nach allem, was er erduldet hatte.
Der heulende Mob tanzte um den Krieger herum, und einige von den Leuten schlugen pausenlos auf ihn ein. Dann fielen sie alle über ihn her. Hans wandte sich ab und wünschte sich, der Bantag würde aufhören zu schreien.
Ein alter Mann trat aus der Menge vor und näherte sich Hans. Er wackelte mit dem Kopf und sprach in einem singenden Tonfall.
Hans schüttelte den Kopf, denn er verstand kein Wort. »Sprichst du Bantag?«, fragte er schließlich.
»Fluchsprache«, entgegnete der Alte, erschrocken darüber, solche Worte von einem Menschen zu hören.
»Wir jetzt Republik?«, fragte er.
Hans entdeckte den Hoffnungsschimmer in seinen Augen. Also war die Legende sogar bis hierher vorgedrungen, ungeachtet aller Bemühungen der Bantag, ihre Verbreitung aufzuhalten.
Hans blickte zu seinen ausgedünnten Reihen zurück.
»Wieviele leben hier?«, fragte er. »Männer, Frauen, die kämpfen können?«
»Fast tausend in der Stadt. Wer kämpfen kann? Alle außer den Alten und Kindern. Siebenhundert.«
Hans nickte.
»Warum? Eure Armee kommt. Wir sind frei, nicht wahr?«
Hans erwiderte seinen Blick offen. »Ihr werdet euch selbst befreien. Ihr seid jetzt die Armee.«
Ha’ark reichte den Feldstecher an ein Stabsmitglied weiter und stand wortlos da. Er konnte erkennen, wie sie die Mauern säumten und auf ihn warteten. Soldaten strömten hinter ihm aus dem Zug und nahmen in Reihen Aufstellung; die Geschützmannschaften zogen ihre Kanonen von den offenen Güterwagen und schoben sie langsam den Hang hinauf.
Aus X’ian sah er eine große Formation im Laufschritt näher kommen, um seinen Angriff zu unterstützen.
Später am Tag würde ein halbes Umen dafür bereitstehen. Der Flieger, der fast eine Stunde lang über der Kleinstadt geschwebt hatte, meldete, dass die ganze Siedlung in Aufruhr war und die Bantaggarnison tot. Wie viele Kämpfer hatte Hans wohl – fünfhundert, vielleicht höchstens siebenhundert? Und es waren Sklaven, die sich beim Versuch, eine Kanone zu laden, eher selbst um Kopf und Kragen brachten, als dass sie einem Gegner Schaden zufügten.
»Ein Yankeeflieger.«
Er setzte erneut den Feldstecher an und sah das Luftschiff aus den vereinzelten Kumuluswolken zum Vorschein kommen. Bei diesem Anblick traf er seine Entscheidung.
»Sollen sie ruhig zusehen, wie ihre Kameraden sterben«, sagte er. »Leitet den Angriff ein!«
»Mein Qarth.«
Das war Jamul. »Mein Qarth, wir haben bislang keine schwere Artillerie vor Ort, um damit das Tor zu knacken. Schon fünf gut platzierte Mörser könnten aus der Zitadelle eine Todesfalle machen, aber wir haben bislang keine. Die meisten unserer Krieger hier sind kaum mehr als Garnisonstruppen und Wachleute. Sollten wir nicht lieber warten, bis das erste Regiment des Chuktar-Umen eintrifft?«
»Jede Minute Zeit, die wir ihnen geben, bietet Schuder Gelegenheit, diesem Vieh zu zeigen, wie man die Kanonen bedient und sich vorbereitet. Bringen wir es lieber gleich zu Ende, damit wir nach Hause zurückkehren können. Und soll sich der Yankeeflieger das Gemetzel ruhig ansehen und davon berichten. Leitet den Angriff ein!«
Hans schritt nervös auf der Mauer entlang. In der Jurte des Festungskommandanten hatte er endlich einen Feldstecher gefunden und richtete diesen jetzt auf das freie Feld draußen.
»Hätten wir hier fünf Kompanien des alten Ersten Suzdal, dann würden wir diese Zitadelle bis zum jüngsten Tag halten«, behauptete Gregori.
Hans grunzte eine unverbindliche Antwort. Fünf Stunden, um diesem Mob zu zeigen, wie man mit modernen Waffen kämpfte, dachte er und schüttelte bedauernd den Kopf. Jede einzelne der schweren Vorderladerkanonen war mit Doppelkartätschen bestückt worden; waren sie erst mal abgefeuert, brauchte er sich gar nicht
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