Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
»Bist du viel gereist?«, fragte sie, als es geschafft war.
»Sie haben mich nach Mailand geschickt und nach Paris. Ich sollte auch nach New York, aber da entdeckten sie ein anderes Mädchen, das dann hindurfte.«
»Das war sicher nicht lustig«, meinte Charlotte. »Wie alt warst du damals?«
»15«, sagte Dana. Sie drehte sich zu Charlotte: »Ich weiß, keiner glaubt mir, aber die Drohbriefe sind an mich gerichtet, nicht an Eric.«
Charlotte war verblüfft über den abrupten Themenwechsel und wusste erst einmal nichts darauf zu sagen. Schweigend fuhren sie auf der Äußeren Bayreuther Straße.
»Du glaubst mir auch nicht, oder?«, sagte Dana nach einer Weile.
»Das ist es nicht«, erwiderte Charlotte. »Es macht nur irgendwie keinen Sinn.« Sie wandte den Kopf kurz zu Dana. »Wer sollte dir etwas Böses wollen?«
»Vielleicht will mich ja nur jemand klein halten.«
Charlotte schüttelte unbewusst den Kopf. »Wer sollte das denn sein? Hast du Feinde, von denen ich nichts weiß?«
Natürlich hatte sie Eric und Dana zu Beginn ihrer Tätigkeit nach Menschen gefragt, die etwas gegen sie hätten, die sauer auf sie wären; sauer genug, um sie zu bedrohen, aber beide hatten niemand Konkreten genannt. Eric hatte auf Fußballfans hingewiesen, die manchmal die Grenze überschritten, aber einen Namen hatte er nicht nennen können. Dana hatte nur den Kopf geschüttelt.
Die Antwort jetzt kam mit erheblicher Verzögerung. »Nein, da ist niemand.«
Charlotte war sich sicher, dass die junge Frau ihr etwas verschwieg.
»Dana«, sagte sie eindringlich. »Wenn da jemand ist, der dich bedroht, dann muss ich das wissen. Wie soll ich dich beschützen, wenn ich nicht alles weiß?«
Wieder warf sie einen kurzen Blick zum Beifahrersitz, wo Dana blass und zusammengekauert saß. Aus stolzen 1,87 Metern war ein kleines Häufchen Elend geworden.
Sie ahnte den Wagen mehr als dass sie ihn sah. Er kam direkt auf sie zu. Es war eine große dunkle Limousine, die aus dem kleinen Z4 mit Leichtigkeit einen Haufen Blech machen würde. Dana schrie.
Sie hatte es beim Fahrtraining in München zigmal geübt, jetzt lief alles automatisch ab: Charlotte bremste sacht, lenkte gegen, schleuderte trotzdem auf der rutschigen Straße auf ein geparktes Auto zu. Kurz davor kamen sie zum Stehen.
Charlotte atmete aus. Die dunkle Limousine rauschte an ihnen vorbei.
»Idiot«, schimpfte Charlotte und fuhr an den Straßenrand. Sie stellte den Motor ab und die Warnblinkanlage an. »Alles in Ordnung?«, fragte sie Dana.
Die zitterte wie Espenlaub, nickte aber. Ihr Blick sagte: Glaubst du mir jetzt?
Charlotte drehte sich um, doch der andere Wagen war nirgends zu sehen. War es ein Beinaheunfall gewesen? Die Straße war rutschig, das hatte sie gerade selbst erlebt. Vermutlich hatte der Fahrer kurz die Kontrolle verloren.
Oder war es doch Absicht gewesen? Sie war nur den Bruchteil einer Sekunde unaufmerksam gewesen. Reichte das für eine Attacke? Woher hätte der Fahrer des anderen Wagens das wissen können? Oder hatte er es darauf ankommen lassen? Hatte er damit gerechnet, dass Dana am Steuer sitzen und kein Ausweichmanöver beherrschen würde?
Nein, das war zu weit hergeholt, Charlotte entschied, dass es Zufall war. Sie hatte nicht gut genug acht gegeben, deswegen wäre es beinahe zum Unfall gekommen.
»Ich kenne den Wagen«, sagte Dana leise, als ob sie Charlottes Zweifel spürte.
Überrascht schaute Charlotte sie an. »Was soll das heißen?«
Dana schwieg.
»Dana, sag mir endlich, was los ist«, herrschte Charlotte die junge Frau an. Vielleicht half ja Strenge. Doch Dana hatte sich wieder in ihren Panzer zurückgezogen. Charlotte seufzte. »Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir etwas verschweigst«, sagte sie. »Woher kennst du den Wagen?«
Sie bezweifelte, dass Dana das Auto wirklich erkannt hatte. Es war alles so schnell gegangen. Sie hatte jedenfalls nicht einmal die Marke erkennen können oder die Farbe. Und es gab jede Menge dunkle Limousinen. Allein in den paar Minuten, die sie hier standen, waren mindestens sechs an ihnen vorbeigefahren.
Da Dana weiter stumm dasaß, ließ Charlotte den Motor an. »Wir fahren jetzt erst mal nach Hause«, sagte sie und fädelte in den Verkehr ein.
Der kurze Rest der Fahrt verlief schweigsam. Der Tag hatte für Dana so gut begonnen, doch Charlotte konnte ihre Verzweiflung deutlich spüren. Während sie immer wieder in den Rückspiegel schaute, alle Kreuzungen noch vorsichtiger als sonst überquerte und jeden
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