Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
gesellschaftlichem Druck mannigfacher Art zu
befassen, selbst ohne in die Galaxis zu reisen. Ich habe dort
Menschen von Dutzenden von Orten innerhalb und außerhalb
Trantors kennengelernt, und in den gesellschaftswissenschaftlichen
Fakultäten gehört es zu den größten Freuden der
Arbeit, sozialen Druck von unterschiedlichen Planeten zu
vergleichen.
Hier in Mykogen habe ich beispielsweise den Eindruck, daß
das Geschlechtsleben unter strenger Kontrolle steht und nur unter
ganz strikten Regeln zulässig ist, die auch scharf
überwacht werden, weil man nie darüber spricht. Im
Streeling-Bezirk spricht man auch nie über Sex, aber verurteilt
ihn auch nicht. Im Jennat-Bezirk, wo ich einmal eine Woche mit
Forschungsarbeiten beschäftigt war, spricht man endlos
darüber, aber nur, um ihn zu verurteilen. Ich glaube nicht,
daß es auf Trantor auch nur zwei Bezirke gibt – oder zwei
Welten außerhalb Trantors – auf denen man genau die
gleiche Einstellung zum Sex hat.«
»Wissen Sie, wie das bei Ihnen klingt?« fragte Seldon.
»Man könnte gerade meinen…«
»Ich werde Ihnen sagen, was man meinen könnte«,
unterbrach ihn Dors. »All dieses Gerede über Sex macht mir
eines klar. Ich werde Sie einfach nicht mehr aus den Augen
lassen.«
»Was?«
»Ich habe Sie zweimal unbeaufsichtigt gelassen. Das erstemal,
weil ich mich geirrt hatte, und das zweitemal, weil Sie mich unter
Druck gesetzt haben. Beide Male war das ganz offenkundig ein Fehler.
Wissen Sie, was Ihnen das erstemal passiert ist?«
»Ja«, sagte Seldon indigniert, »aber das zweitemal
ist mir doch nichts passiert.«
»Sie hätten sich beinahe eine ganze Menge Ärger
eingehandelt. Was wäre denn gewesen, wenn man Sie bei sexuellen
Eskapaden mit einer Schwester erwischt hätte?«
»Das war doch keine sexuelle…«
»Sie haben doch selbst gesagt, daß sie sich in einem
Zustand hochgradiger sexueller Erregung befand.«
»Aber…«
»Das war nicht richtig. Bitte, schlagen Sie sich das für
die Zukunft aus dem Kopf, Hari. Von nun an werden Sie nirgends mehr
ohne mich hingehen.«
»Hören Sie«, sagte Seldon eisig, »mein Ziel
war es, mehr über die mykogenische Geschichte in Erfahrung zu
bringen. Und als Ergebnis der sogenannten sexuellen Eskapade mit
einer Schwester habe ich ein Buch – Das Buch.«
»Das Buch! Richtig, das Buch. Zeigen Sie es mir!«
Seldon holte es hervor, und Dors nahm es nachdenklich in die
Hand.
»Vielleicht würde es uns gar nichts nutzen, Hari«,
meinte sie dann. »Das sieht nicht so aus, als würde es in
irgendeinen der Projektoren passen, die ich bisher zu Gesicht
bekommen habe. Das bedeutet, daß Sie sich einen mykogenischen
Projektor beschaffen müssen, und dann wird man wissen wollen,
wozu Sie ihn brauchen. Und dann werden sie erfahren, daß Sie
dieses Buch haben, und es Ihnen wegnehmen.«
Seldon lächelte. »Wenn Ihre Annahmen richtig wären,
Dors, dann wären Ihre Schlüsse unwiderlegbar. Aber
zufälligerweise ist das nicht die Art von Buch, die Sie meinen.
Es ist nicht zum Projizieren bestimmt. Der Inhalt ist auf einzelne
Seiten gedruckt, und man legt die Seiten um. So viel hat mir
Regentropfen Dreiundvierzig erklärt.«
»Ein Druck-Buch!« Man konnte nur schwer feststellen, ob
Dors schockiert oder belustigt war. »Das ist ja aus der
Steinzeit.«
»Jedenfalls ganz sicher aus der vorimperialen Zeit«,
sagte Seldon, »aber nicht ganz. Haben Sie je ein Druckbuch
gesehen?«
»Wo ich doch Historikerin bin! Aber natürlich,
Hari.«
»Ah, aber so eins?«
Er reichte ihr das Buch, und Dors schlug es lächelnd auf
– blätterte weiter zur nächsten Seite –
blätterte immer schneller. »Es ist leer«, sagte
sie.
»Es scheint leer. Die Mykogenier sind in ihrer
Primitivität sehr stur, aber nicht ganz. Sie bewahren das Wesen
des Primitiven, scheuen sich aber nicht, moderne Technik einzusetzen,
um es bequemer zu machen. Wer weiß?«
»Mag sein, Hari, aber ich verstehe nicht, was Sie damit sagen
wollen.«
»Die Seiten sind leer, aber mit Mikrodruck bedeckt. Geben Sie
her. Wenn ich diesen kleinen Vorsprung am inneren Umschlagdeckel
drücke – da, sehen Sie!«
Plötzlich war die aufgeschlagene Seite mit gedruckten Zeilen
bedeckt, die sich langsam nach oben schoben.
»Wenn man den Knopf in die eine oder andere Richtung dreht,
kann man die Aufwärtsbewegung verändern und der
Lesegeschwindigkeit anpassen«, sagte Seldon. »Wenn die
Zeilen ihre oberste Grenze erreicht haben – also beim Erreichen
der untersten Zeile –,
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