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Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Titel: Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Jacobs
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Ställe ausmisten muss, warum im Herbst die Blätter von den Bäumen fallen und warum wir den Saft des Ahorns im März beginnen zu zapfen, aber ich verstehe die Prinzipien der Gesellschaft nicht. Leistung hat in meinem Leben oft eine zu große Bedeutung eingenommen, und die Traurigkeit darüber kann ich nicht abschütteln.

    Ich fahre zum Stall zurück. Jim ist mittlerweile auch da. Wir holen die Pferde von den Weiden, was schnell getan ist, da sie am Gatter stehen und nur darauf warten, reingeholt zu werden. Walther wälzt sich sofort in den frischen Spänen, und Giovanni äppelt – kaum dass er in seinem Stall steht – auf die neue Einstreu. Jeder bekommt von Francis seine Schütte Hafer mit Pellets, und bald höre ich das Mahlen und Kauen ihrer Kiefer. Während Francis die Lichter löscht und die Tore halb zuzieht, frage ich Jim, ob er die nächsten Tage etwas vorhat. Er denkt kurz nach und schlägt vor, ob ich morgen mit ihm nicht einen Freund in Cornish besuchen wolle, der habe ausgesuchte Büffelfelle und selbstgemachte Mützen aus Biber und Stinktierfell.
    »Da ihr weder einen Elch gesehen noch geschossen habt, kannst du dir dort wenigstens das Geweih eines Elchs angucken und so tun, als hättest du ihn gekriegt«, Francis klopft mir auf die Schultern.
    »Er hat auch echten alten Indianerschmuck und Dutzend andere Kuriositäten«, sagt Jim. »Ich glaube, das könnte dir gefallen.«

14
    Ic h fing im Krankenhaus wieder an, das Gehen zu üben. Erst ging ich nur ein paar Meter den Gang hinunter und legte mich dann toderschöpft wieder in mein Bett. Bald aber konnte ich auf die Terrasse hoch und dort herumgehen. Ich baute meine Kräfte auf und verließ schließlich das Krankenhaus. Mehr als zwei Kilo hatte ich nicht zugenommen – aber immerhin. Ich verbrachte noch einige Tage mit meinem Vater alleine im Engadin, da meine Geschwister, begleitet von meiner Mutter, zurück in die Schule mussten.
    Ich versuchte, Ski zu fahren, und ich versuchte zu essen.
    Nach zwei Wochen kehrten auch mein Vater und ich ins Unterland zurück. Kaum dass ich wieder in Zürich war, begann die Fragerei von neuem. Meine Eltern wollten wissen: was nun? Diese Frage ging mir so auf die Nerven. Zurück in die Schule? Niemals. Ich recherchierte Universitäten, bis mir auffiel, dass ich ohne Abitur ja niemals auf eine Universität würde gehen können. Ich suchte Kunstschulen und Designschulen. Nicht nur wirkten die Aufnahmebedingungen abschreckend, auch hier stellte ich fest: Ohne Abitur konnte ich es vergessen.
    Was hatte ich vorzuweisen? Den Abschluss der zehnten Klasse in der Schweiz, sonst nichts. Das Jahr an der Vermont Academy galt ebenfalls als zehnte Klasse, da ich eine ausländische Studentin gewesen war. Die ganze Tortur dort war also für überhaupt nichts nütze gewesen. Abgekämpft hatte ich mich für eine gute Note, draufgegangen war ich für ein A+, – und nun? Kein Schwein hat sich danach jemals jene akribischen Biologiearbeiten angesehen, kein Schwein hat jemals jene Aufsätze gelesen, nach den Mathearbeiten gefragt. Man kämpft sich ab und kämpft sich ab, dachte ich. Und nun muss ich betteln, dass ich wieder zur Schule gehen darf.
    Ich war frustriert und beschloss, erst mal einen Job anzunehmen. Doch für meine Eltern muss die Vorstellung, dass ich neunzehn Jahre alt werden würde und kein Abitur in der Tasche hatte, schrecklich gewesen sein. Da draußen in der grausamen, kalten Welt waren alle nur darauf erpicht, einen mit ihren Diplomen und Bachelors, den Professuren und Doktorarbeiten zu überholen. Die Hoffnung, dass ich eines Tages von der Universität abgehen und ein richtig studierter Mensch sein würde, wollten sie partout nicht aufgeben.
    Ich stand derweil um 4.30 Uhr auf, um die Bahn um 5.07 Uhr nach Zürich zu nehmen, wo um sechs Uhr das Café öffnete, in dem ich eine Arbeit als Barista gefunden hatte.
    Im Café erwartete mich schon die andere Angestellte, die bereits aufgeschlossen hatte. Ich musste mich umziehen, da schwarze Hosen und Schuhe als Arbeitskleidung Vorschrift waren.
    Wir reihten Birchermüeslis in Plastikbechern aneinander, legten gefrorene Zitronenkuchenstücke in Plastikfolie gestaffelt daneben, sie tauten im Verlauf des Morgens langsam auf. Wir mussten haufenweise Croissants aufbacken und in Körbe legen sowie Tassen und Teller sortieren. Musik wurde eingelegt, Mixbehälter für Eisgetränke mussten bereitgestellt, Tische abgewischt und Servietten gestapelt werden. Um halb sieben

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