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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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an zu schluchzen und eine andere Frau hinter mir schrie plötzlich »Nein«. Himmel, gleich setzt auch meine Reinigung ein, dachte ich aufgeregt. Was wohl aus mir herausbricht? Es brach dann tatsächlich nach weiteren zehn Minuten etwas aus mir heraus: Ich pupste laut.
    Caro meinte hinterher, dass das wunderbar gewesen sei. Mein Pups sei ein eindeutiges Zeichen, dass ich die Übungen gut angenommen hätte.
     

     
    Während ich den Yogi-Tee aus dem Regal hole, muss ich an diese Yoga-Stunde vor ein paar Monaten denken. Caro habe ich übrigens in dem Glauben gelassen, dass ich es ganz fantastisch fand. Es war ihr nur schwer zu verklickern, warum ich sofort nach der Stunde wie eine Wahnsinnige zur U-Bahn gerannt bin, während die anderen »noch die Stille genossen und die Reinigung in sich aufgesogen haben« (O-Ton Caro).
    Aber, liebe Caro. Dieser Yogi-Tee gefällt mir wirklich gut. Außerdem sind so wunderbare kleine Botschaften auf den Teebeuteln aufgedruckt.
    Vorgestern hatte ich »Stille ist die höchste Errungenschaft des Selbst« und gestern »Ohne Meditation ist dein Geist nicht dein Freund«. Jedes Mal wenn ich mir einen Yogi-Tee mache, starre ich andächtig auf den Teebeutel und warte darauf, dass ich ein anderer Mensch werde. Na ja, zumindest darauf, dass sich bei mir irgendeine Erkenntnis breitmacht. Aber nein, nichts passiert. Jedes Mal denke ich nur: Aha. Mehr nicht. Aha. Ich weiß, nicht besonders kreativ. Aber was soll man machen, wenn die Schwingungen einfach nicht kommen?
    Ich habe mal in einer Fernseh-Dokumentation gesehen, dass es in Japan ein Kloster gibt, in dem die Mönche nicht sprechen dürfen, sondern sich den ganzen Tag mit nur einem Spruch auseinandersetzen, der ihnen am Morgen durch Los zufällt. Wenn ich in diesem Kloster wäre, würde ich immer nach der Auslosung heimlich zum obersten Mönch schleichen und ihm zuflüstern: »Mir sagt das schon wieder nichts. Darf ich mich vielleicht in die Sonne legen? Das Wetter ist doch so schön.«
    Ich schäme mich. Ich bin so oberflächlich. Habe ich denn gar keine Ader für dritte Augen, goldene Auren und die Unendlichkeit des göttlichen Universums?
    Ich habe eine Idee. Der Spruch auf dem nächsten Yogi-Teebeutel wird mich zu Traummann Nummer sechs führen. Wie sagte Caro so schön? Man muss den Wandel des Körpers und des Geistes auch zulassen. Bitte, ich zumindest will meinem Wandel nicht mehr im Weg sein. Der nächste Spruch wird mir ein Zeichen geben.
    Ich bin bereit. Langsam nehme ich den Teebeutel aus der Verpackung und klappe den Anhänger auf. Zugegeben, ich habe nicht damit gerechnet, dass darauf steht »Geh und suche Till Schweiger«, aber das hier???
     
    »Du musst den Bonsai beschneiden, bevor er groß wird.«
     
    Darf ich einen neuen Teebeutel ziehen? Bitte, bitte, bitte. Die Packung ist noch fast voll, da ist bestimmt was Besseres dabei. »Nein«, höre ich eine innere Stimme. »Da musst du jetzt durch. Die Mönche in Japan bekommen auch jeden Tag nur einen Spruch.« Hey, was gehen mich die Mönche in Japan an, will ich fragen, doch meine Kurzzeit-Schizophrenie ist zum Erliegen gekommen. Ich höre keine Stimme mehr, mit der ich diskutieren könnte.
    Also gut, noch einmal: »Du musst den Bonsai beschneiden, bevor er groß wird.«
    Was will mir diese Botschaft sagen?
    Aus »bevor er groß wird« schließe ich haarscharf, dass etwas mal klein war. Nun, ich war auch mal klein. Bringt das etwas? Ich weiß nicht so recht. Weiter im Text. Ich soll also etwas beschneiden, solange es noch klein ist. Will mir dieser Teebeutel sagen, dass ich die Lösung meines Problems in der Kindheit suchen soll? Mmh, ich fasse zusammen: Ich suche einen Mann und ich werde diesen Mann laut Guru Teebeutel in meiner Kindheit finden. Meint er etwa die Helden meiner Kindheit? Mein Gott, ich bin ganz begeistert von meinen Ausführungen. Ich sehe schon, wie ich meine Schlussfolgerungen irgendwann der Yoga-Gruppe vorstelle. Sie werden vollkommen ekstatisch an meinen Lippen hängen, wenn ich davon erzähle, wie ein einziger kleiner Teebeutel mich durch das Labyrinth des Lebens geführt hat (so könnte ich das ja ausdrücken, gefällt denen bestimmt!). Ob sie mich dann zu ihrem Guru machen? Egal, zurück zu den Helden meiner Kindheit. Wenn es wirklich das ist, was gesucht wird: Bitte, das ist leicht zu beantworten.
    Erst schlug mein Herz für Willi, den Freund von Biene Maja. Er war lieb, verlässlich und tat alles für seine Maja. So einen wollte ich auch. Irgendwann

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