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Frag die Karten

Frag die Karten

Titel: Frag die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sich
hatte. Mr. Moe hat den Laden verkauft und ist hierhergezogen, um bei seiner
Tochter zu sein.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß er Familie
hat. Er kommt mir vor wie ein Einzelgänger.«
    »Heute lebt er tatsächlich allein. Die
Tragödie ist ihm offenbar hierher gefolgt. Die Tochter, ihr Mann und ihr Kind
starben bei dem großen Wohnhausbrand in der Church Street, vor sieben Jahren.
Mr. Moe wohnte bei ihnen, aber er war gerade unterwegs, um sich eine Zeitung zu
kaufen, als das Feuer ausbrach. Ein paar Monate später hat er den Laden
gekauft, vermutlich, um sich mit Arbeit abzulenken.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das scheint
mir irgendwie symbolisch zu sein.«
    »Was denn?«
    »Der Name des Ladens. Albatroß. Ein
Mann, dem das Schicksal so böse mitgespielt hat, könnte den Namen vielleicht
gerade deshalb gewählt haben.«
    Greg zog die dunkelblonden Augenbrauen
zusammen. »Ich glaube kaum, daß er so literarisch gebildet ist.«
    »Aber sein Strafregister ist sauber?«
    »Ziemlich. Einmal hat man ihn
verdächtigt, in New York Alkohol unter dem Ladentisch verkauft zu haben, und es
gab Hinweise darauf, daß er hier und da gestohlene Waren verhökerte, aber
ansonsten ist er okay.«
    »Und das ist alles, was du bisher über
den Fall weißt?«
    »Ja. Es sei denn, du hast etwas
hinzuzufügen.«
    »Leider, nein.«
    »Schade.« Greg zerbröselte den Rest
seines Brötchens und warf ein Stück davon einer Taube zu, die am Rand unserer
Decke vorbeispazierte.
    Ich blickte hinauf zu der drohenden
Wolke von Vögeln, die sich daraufhin über uns senkte. Als Greg mein erschrecktes
Gesicht sah, legte er das Brot weg und breitete die Hände aus. »Entschuldige.
Ich habe vergessen, daß du Angst hast vor Vögeln.«
    »Ich weiß, es ist albern, aber eine
recht häufige Phobie. Und solche Phobien können einen umbringen. Ich habe von
Leuten gelesen, die durch den Schock getötet wurden, von der Angst vor
harmlosen Dingen, die sie fürchteten. Du hörst also auf, die Vögel zu füttern,
ja?«
    »Okay.« Er wickelte den Rest seines
Sandwiches ein und steckte den Knäuel in die Tüte.
    Ich räumte die sonstigen Überreste des
Picknicks weg und vermied es dabei, von der Decke hochzuschauen. »Greg«, sagte
ich, »und die Mordwaffe — «
    »Ja?«
    »Was war es?«
    »Ein Stück Vorhangschnur. Leider von
der Art, wie sie überall verkauft wird.«
    »Ich nehme an, die Schnur ist von einem
längeren Stück abgeschnitten worden, nicht wahr?«
    »Ja.« In seiner Stimme schwang ein
fragender Unterton mit.
    »Aber wenn du das andere Stück findest,
könntest du feststellen, daß es davon abgeschnitten wurde? Sagen wir, unter
einem Mikroskop?«
    »Ja, das könnten wir. Warum?«
    »Ich bin nur neugierig.«
    Er schaute mich ein paar Sekunden lang
nachdenklich an, dann stand er auf und legte die Decke zusammen. Ich ging
zurück zum Wagen, während er ein paar übriggebliebene Brotkrümel den Vögeln
zuwarf. Danach fuhren wir schweigend zum Polizeipräsidium zurück.
    Als ich am Randstein angehalten hatte,
fragte ich: »Was hältst du von dem Hinweis auf die Wahrsagerin, den du von Mr.
Moe erhalten hast?«
    »Er ist zumindest interessant. Warum
gehst du selbst nicht der Sache ein bißchen nach?«
    »Okay. Ich habe ohnehin zur Zeit nicht
viel zu tun.«
    »Großartig.« Er stieg aus dem Wagen und
beugte sich dann durch das geöffnete Fenster herein. »Immerhin würde ich mich
ganz schön in die Nesseln setzen«, spottete er und grinste dazu, »wenn ich mich
auf Kosten der Steuerzahler zu einer Reise ins Land der Phantasie hinreißen
lassen würde.« Damit drehte er sich um und ging auf die Treppe zu, bevor ich
ihm antworten konnte.
    Verdammt! dachte ich, während ich ihm
nachblickte, wie er mit jedem Schritt zwei Stufen auf einmal nahm. Konnte man
mit diesem Mann jemals ernsthaft reden?
     
     
     

Kapitel
5
     
    Nachdem ich ein paar Kleinigkeiten
besorgt und einen Parkplatz in der Nähe meiner Wohnung gefunden hatte, war es
fast vier Uhr geworden. Jetzt war es höchste Zeit, nach Linnea zu sehen, also
eilte ich nach Hause, wurde aber durch ein vertrautes Ereignis auf der anderen
Straßenseite aufgehalten.
    Ein kleiner, grauhaariger Mann, gebeugt
von Arthritis, führte einen größeren, untersetzten Mann am Arm. Der große Mann
trug einen Parka aus Armeebeständen, an dem Dutzende von Bürsten hingen — Haarbürsten,
Schrubber, Staubwedel aus Federn, Flaschenbürsten — , und eine jede baumelte an
einem Drahthaken, der an den Ösen des Parkas

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