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Frag die Karten

Frag die Karten

Titel: Frag die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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nur mein Geld zurückhaben. Aber Molly hat Gus in
die Wäscherei geschickt und mir dann gesagt, wie sie dahintergekommen ist, daß
wir gestohlene Waren verkaufen. Sie wollte zuerst noch hören, was ich dazu zu
sagen habe, bevor sie zur Polizei ging.«
    »Also haben Sie sie umgebracht?«
    »Man hat mir versprochen, daß ich mein
Geld zurückbekomme, nachdem die Sache mit dem Gin gelaufen ist. Wenn sie zur
Polizei gegangen wäre, hätte sie damit das ganze Geschäft hochgehen lassen.
Geld ist das einzige, was mir helfen kann, um hier rauszukommen. Ich bin abends
noch einmal zu ihr gegangen, um sie zur Vernunft zu bringen. Aber sie wollte
nicht hören. Ich hatte ein Stück Vorhangschnur in der Tasche.« Während er
sprach, wurde er immer schneller, und die einzelnen Wörter flössen ineinander.
    »Und dann haben Sie Madame Anya
getötet.« Linneas Augen waren auf mich gerichtet, während ich in die zweite
Reihe des Kirchengestühls schlich. Die Geschichte, die ihr Sebastian erzählte,
kam ihr vermutlich ziemlich ungereimt vor, aber sie hielt ihn am Reden.
    »Neverman wäre auf keinen Fall zu ihr
zurückgekehrt. Ich wußte, daß Anya zur Polizei gehen würde, um Neverman eins
auszuwischen. Ich saß in der Wohnung von Gus und überlegte. Sie würde furchtbar
wütend werden, wenn sie merkte, daß er nicht kam. Also ging ich zu ihrer
Wohnung, und sie machte die Tür auf. Es hörte sich so an, als ob sie inzwischen
völlig übergeschnappt wäre. Ich bin einfach nicht mehr mit ihr
zurechtgekommen.«
    »Und weil Sie nicht mehr mit ihr
zurechtkamen, Sie Ungeheuer, haben Sie sie erdrosselt!«
    Das hätte sie nicht sagen dürfen.
Sebastian riß Linnea herum und drückte sie an sich. Den Revolver konnte ich
nicht sehen.
    »Ich bin kein Ungeheuer. Ich wollte nur
mein Geld!«
    Linnea sagte etwas, aber ihre Worte
wurden verschluckt, weil Sebastian meine Freundin so fest an sich preßte.
    »Verstehen Sie denn nicht?« fragte er
jetzt. »Es geht eigentlich gar nicht gegen Sie. Aber wenn man Sie in Nevermans
Quartier findet, erschossen mit dem Revolver seiner Frau, wird man denken, daß
er für alle drei Morde verantwortlich ist. Sie hätten nicht die Taschenlampe
packen und mit mir kämpfen dürfen, dort unten. Es wäre alles vorbei, wenn Sie
sich nicht gewehrt hätten.«
    Linneas Körper zitterte. Ich sah es
deutlich von meinem Platz im Kirchengestühl.
    »Sie kommen niemals ungeschoren davon!«
Hysterie klang jetzt wieder in Linneas Stimme. »Man wird den Schuß hören.«
    »Bestimmt nicht drüben in den
Schlafräumen.«
    »Aber Herb — «
    »Clemente ist noch in Los Angeles.«
    »Dann haben Sie mich belogen!« Linnea
versuchte jetzt wieder verzweifelt, sich zu befreien. »Sie haben das alles
genau geplant.«
    Ich stützte meine Arme auf die Lehne
der vordersten Reihe des Kirchengestühls, zielte und wartete auf eine Chance.
    »Es geht gar nicht gegen Sie«,
wiederholte Sebastian. »Viel lieber würde ich Ihre Freundin, diese Detektivin,
umbringen. Sie weiß zuviel.«
    Linnea kämpfte jetzt wilder als je
zuvor. Sie schien vergessen zu haben, daß Hilfe in der Nähe war. »Sie sind ja
verrückt! Sie sind ein wahnsinniger, alter Dreckskerl, ein gemeiner, brutaler
Killer!«
    Ich vernahm ein Geräusch draußen im
Vestibül. Die Polizei.
    Sebastian hörte es auch.
    Er neigte den Kopf und legte zugleich
Linnea wieder den linken Arm um den Hals. Dann drückte er ihr die Mündung des
Revolvers gegen die Schläfe und zerrte sie hoch, während er aufstand.
    Wenn ich jetzt schoß, würde er
reflexartig abdrücken und Linnea töten.
    »Wer da?« brüllte Sebastian. »Wer ist
draußen?«
    Alles blieb still.
    Linneas Augen richteten sich flehend
auf mich.
    Ich erhob mich, stand jetzt im Mittelgang
und kam mir höchst lächerlich vor — wie das kleine Mädchen, das damals, vor
langer Zeit, mit seiner Freundin Pantomimen aufgeführt hatte.
    Noch nicht!
    Ich hob abwehrend die Hände.
    ‘Wenn ich nicke...
    Ich bildete die Worte mit den Lippen.
Nickte dazu.
    Du...
    Ich deutete auf sie.
    Du sinkst in dich zusammen.
    Ich versuchte, pantomimisch eine
Ohnmacht darzustellen.
    Dann ging ich alles noch einmal durch.
    Und sah, daß Linnea verstanden hatte.
    Sebastian stand drohend und zu allem
entschlossen hinter ihr.
    »Ich weiß, daß jemand hier ist. Wer
sind Sie?«
    Ich kniete nieder, hielt wieder die
Pistole mit beiden Händen und stützte die Arme auf die Lehne der vorderen
Sitzbank. Dabei fühlte ich die Anwesenheit der Polizei im Vestibül hinter

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