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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Tochter erobern konnte.
    Sie konnte wohl davon ausgehen, dass Eleanor Garfield genauso dachte.
    »Sie hat ein paarmal mit Lester telefoniert«, sagte Garfield. »Den hat das ziemlich mitgenommen. Er hat Melissa wirklich gern und ist anscheinend auch bereit, für den Unterhalt des Kindes zu sorgen, aber sie will partout nichts mehr mit ihm zu tun haben.« Er machte ein finsteres Gesicht. »Ellie hat sich über das Ganze sehr aufgeregt. Hat schon fast von nichts anderem mehr geredet.«
    Hat
sich aufgeregt?
Hat
geredet?
    Weiter so, dachte Keisha. Der Mann ist aufgewühlt, wählt seine Worte nicht mit Bedacht.
    »Hm«, meinte Keisha. »Glauben Sie, dass Ellie vielleicht zu Lester wollte, um die Lage mit ihm zu besprechen?«
    Aber merkwürdig war es schon. Über Melissa und Lester hatte er in der Gegenwart gesprochen. Doch bei Ellie hatte er in die Vergangenheit gewechselt.
    Keisha war sich sicher, dass sie sich das nicht einbildete. Wie gut wäre es jetzt, einen Mitschnitt dieses Gesprächs zu haben, um es sich noch einmal anhören zu können. Der Gebrauch der Vergangenheit konnte darauf hindeuten, dass Garfield schon die Hoffnung aufgegeben hatte, seine Frau lebend wiederzusehen. Gut möglich, dass er sich mit ihrem Tod schon abgefunden hatte. Wenn dem allerdings so war, dann war das schlecht für Keisha, denn die Hoffnung war ihr wichtigster Verbündeter. Wenn Garfield keine mehr hatte, dann gab es für ihn keinen Grund, Keisha zu engagieren. Immerhin waren schon fast vier Tage vergangen, seit er seine Frau zuletzt gesehen hatte. Es wäre verständlich, dass er mit dem Schlimmsten rechnete.
    »Wollen Sie andeuten, dass Lester etwas mit dem Verschwinden meiner Frau zu tun haben könnte?«, fragte Garfield.
    Das war ja mal ein interessanter Ansatz. Vielleicht hegte Garfield ja irgendwo einen Verdacht gegen den Mann. Und Keisha hörte es auch gern, dass er anfing, ihr Fragen zu stellen. Als glaubte er langsam daran, dass sie etwas wissen könnte. Es wäre ein Kinderspiel, ihn in diese Richtung zu lenken. Dass Ellie Lester vielleicht zufällig getroffen hatte und es zu einem Streit wegen Melissa gekommen war. Doch Keisha hielt es für klüger, damit noch zu warten und gegebenenfalls später darauf zurückzukommen. Vielleicht wollte Garfield ja gerade das bezwecken. Dass sie in die Richtung steuerte, die er ihr vorgab. Vielleicht stellte er sie auf die Probe. Also lieber gegensteuern.
    Zeit für ein kleines Ablenkungsmanöver.
    »Das Auto«, sagte sie.
    »Was?«
    »Ich sehe immer wieder ein Auto.«
    »Was für ein Auto? Das von Lester?«
    »Nein, das von Ihrer Frau. Einen Nissan.« Das hatte sie aus dem Internet.
    »Genau. Baujahr 2007. Silber. Was ist mit dem?«
    Keisha schloss wieder die Augen. Ließ den Morgenmantel auf ihrem Schoß los. Rieb sich die Schläfen. »Es ist … das Auto ist nicht auf der Straße.«
    Garfield schwieg.
    »Es ist definitiv nicht auf der Straße. Es ist … es ist …«
    Garfield schien den Atem anzuhalten. »Es ist … was?«, fragte er. Plötzlich klang er ungeduldig. »Wenn es nicht auf der Straße ist, wo ist es dann, verdammt noch mal?«
    Keisha nahm die Finger vom Kopf, schlug die Augen auf und sah Garfield direkt in die seinen.
    »Ich glaube, weiter kann ich im Augenblick nicht gehen, Mr. Garfield.«
    »Was reden Sie denn da? Was ist mit diesem dämlichen Auto?«
    »Mr. Garfield, ich glaube, ich bin ganz nahe an etwas dran. Ich brauche meine ganze Konzentration. Nicht zu wissen, ob Sie das Richtige tun werden, würde mich doch sehr ablenken.«
    Er ließ seine Zunge im Mund kreisen, fuhr sich damit über die Zähne.
    »Das Geld«, sagte er.
    »Ja«, sagte Keisha.
    »Ich habe keine tausend Dollar im Haus rumliegen.«
    »Wie viel haben Sie denn?«
    »Dreihundert vielleicht.«
    »Für den Rest nehme ich auch gern einen Scheck«, sagte sie entgegenkommend.

[home]
    Zehn
    G arfield musste sich eingestehen, dass ihm diese sogenannte Seelenfinderin mit ihrem Gefasel, Ellie friere ganz schrecklich, eine Heidenangst eingejagt hatte.
    Doch sie war nicht näher darauf eingegangen, also hatte es wohl nichts damit auf sich. Es war Winter. Es war kalt. Kein Wunder. Deswegen war diese Frau noch lange kein Nostradamus. Ihre Gabe, mit Vermissten und Toten zu kommunizieren, war so beeindruckend, wie wenn die Präsentatorin des Wetterberichts in den Sechs-Uhr-Nachrichten für den nächsten Tag Schnee vorhersagte.
    Aber dann hatte sie von dem Auto gesprochen. Warum fing sie auf einmal mit dem Auto an? Und

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