Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Soldaten nur mit einem Gesichtsausdruck an, den er allmählich als erboste Miene einer Partialfrau zu deuten lernte.
»Sie bereiten sich auf eine Schlacht vor«, erklärte die Ärztin schließlich. »Der Krieg kommt nach White Plains.«
»Aber Morgans Streitkräfte sind alle auf Long Island stationiert«, widersprach Marcus. »Gegen wen kämpfen sie?«
Diadem antwortete nicht.
Als die Abenddämmerung einsetzte, bezweifelte Marcus, dass sie Trimble überhaupt je zu sehen bekämen. Er schwor sich, keinesfalls einzuschlafen, damit er nicht etwa mitten in der Nacht die einzige Gelegenheit verpasste. Deshalb beschäftigte er sich mit der genauen Untersuchung der verschiedenen technischen Gegenstände, die im Raum verteilt waren. Manche Objekte waren so fremdartig, dass er sich den Verwendungszweck kaum vorstellen konnte, obwohl die Partials sie anscheinend jeden Tag benutzten. Auf einem Tisch entdeckte er einen kleinen Plastikstab. Irgendwann hatte er einmal gewusst, wozu das Teil diente, konnte sich aber beim besten Willen nicht daran erinnern. Er hatte so etwas in seiner Kindheit gesehen, aber wozu diente es? Da es mit Tasten bedeckt war, drückte er willkürlich hier und dort und wartete ab. Doch nichts geschah. Diadem beobachtete ihn mit den Augen eines hungrigen Raubtiers.
»Wollen Sie sich etwas ansehen?«, fragte sie schließlich.
»Nein danke«, antwortete er. »Ich probiere gerade aus, wozu dieses Ding dient.«
»Das meinte ich doch«, fuhr sie fort. »Es ist eine Fernbedienung, die das Holovideo steuert.«
»Es ist lange her, dass ich so etwas das letzte Mal gesehen habe«, gab er zu. »In den meisten Häusern in East Meadow sind Bildschirme an der Wand befestigt, die durch Sprachbefehle und Gesten aktiviert werden. Eine Fernbedienung wie diese hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr in der Hand.«
»Ich habe zu Hause ein Gerät an der Wand hängen.« Endlich schien Diadem zu einer Unterhaltung bereit zu sein. Marcus schenkte ihr seine ganze Aufmerksamkeit. »Aber dieser Warteraum ist so groß und so voll, dass eine Steuerung über Gesten oder Sprache unmöglich ist. Es kommt mir seltsam vor, diese primitiven Dinger zu benutzen, aber wenn sie funktionieren, soll es mir recht sein.«
»Was Sie primitiv nennen, ist für mich futuristisch«, sagte Marcus, der immer noch die Fernbedienung anstarrte. »Sie haben ein Atomkraftwerk, das Ihnen mehr Energie liefert, als Sie überhaupt verbrauchen können. Wir haben eine Handvoll Sonnenkollektoren, die gerade ausreichen, um unser Krankenhaus zu betreiben. Eine Freundin von mir besitzt eine Musikanlage, aber ein funktionierendes Holovideo habe ich seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen.« Er stand auf und suchte den Raum nach dem Projektor ab. »Wo ist es überhaupt?«
»Sie stehen mittendrin.« Diadem erhob sich, nahm ihm die Fernbedienung ab und zielte auf das Oberlicht. Ein Tastendruck verdunkelte das Glas, ein weiterer erzeugte zwischen den Sofas einen hellen holografischen Schleier, der aus Hunderten winziger Lichter im Gitterwerk abwärts projiziert wurde. Marcus und Diadem standen inmitten eines sanft wabernden Lichtnebels, in dem verschiedene Bedienungssymbole träge umherschwebten wie Sedimente in einem Teich. Marcus trat vor, um alles besser betrachten zu können. Er grinste wie ein kleiner Junge, als er den ersten Titel und dann zwei weitere sah. Belustigt stellte er fest, dass er nur die Titel von Kinderfilmen erkannte: Der Drache Flüsterwind, Die Albtraumschule, Dampfroboter . Sie stammten aus der Zeit vor dem Zusammenbruch, an die er sich kaum noch erinnerte. Die meisten Titel für Erwachsene waren Polizeithriller, verfilmte Arztromane und brutale Streifen über außerirdische Invasionen, die er nie hatte ansehen dürfen. Als er die Liste durchging, versammelten sich auch die anderen Menschen um ihn und schienen ebenso fasziniert wie er selbst. Marcus erkannte, dass sie sich möglicherweise lächerlich machten – gaffende Landeier, die vor ganz alltäglicher Technologie in Ehrfurcht erstarrten. Er fragte sich, ob Diadem das Holovideo eingeschaltet hatte, um sich über die Reaktionen der Besucher zu amüsieren. Doch das kümmerte ihn nicht im Geringsten. Dies war ein verlorener Teil seines Lebens, und es brach ihm fast das Herz, seiner eigenen Vergangenheit zu begegnen.
»Was wollen Sie ansehen?«, fragte Diadem.
Marcus wollte schon Flüsterwind vorschlagen, den liebsten Zeichentrickfilm seiner Kindheit. Aber die Soldaten standen dicht neben
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