Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Einöde hält sie gefangen, schützt sie aber auch vor den Gefahren. Hier sind sie sicher, und hier können sie ruhig leben. Auf echte Bedrohungen sind sie allerdings nicht vorbereitet. Er beobachtete Calix, die selbstsicher und zielstrebig ausschritt und nur ganz bestimmte Gefahren berücksichtigte – sie bemerkte das Giftgas, ging jedoch unbefangen an einer Stelle vorbei, die sich hervorragend für einen Hinterhalt geeignet hätte. An eine solche Gefahr schien sie überhaupt nicht zu denken. Gegen einen ernsthaften Feind könnten sie sich keinen einzigen Tag lang behaupten. Sie sollten beten, dass Doktor Morgan sie niemals ausfindig macht.
Die hungrigen Pferde wieherten, als Samm sich näherte. Ihr Futter war verbraucht, und der Wasservorrat fast erschöpft. Er sprach leise mit ihnen und versuchte, Kiras beruhigenden Tonfall nachzuahmen, wirkte dabei jedoch eher nüchtern und sachlich, so als würde er mit einem anderen Partialsoldaten reden. »Tut mir leid, dass wir über Nacht weg waren«, begann er. »Wir haben auf dem Gelände von ParaGen Menschen entdeckt. Sie haben dort echtes Gras und sogar Apfelbäume auf der Wiese, obendrein auch sauberes Wasser. Wir bringen euch jetzt dorthin.« Er deutete auf Calix. »Das ist Calix, eine Freundin.« Die Pferde starrten sie mit tiefen dunklen Augen an und stampften ungeduldig mit den Hufen auf.
»Sie sind riesig«, staunte Calix. »Größer als jeder Elch, den ich je gesehen habe.«
»Sie haben Hunger und wollen hinaus«, sagte Samm. »Sie mögen es nicht, mit ihrem eigenen Kot eingesperrt zu sein. Diese Stute ist besonders ungeduldig.« Er streichelte Galgenstricks Nüstern und kraulte ihr den Rücken, um sie zu beruhigen. »Sie heißt Galgenstrick, das andere Pferd heißt Bobo. Kira hat ihnen die Namen gegeben.« Er zeigte Calix, wie sie mit den Tieren umgehen musste, dann luden sie die Ausrüstung auf. Zuerst wurde eine Decke über den Pferderücken gebreitet, dann kam der Sattel, dessen Riemen stramm gezogen werden mussten, ohne das Pferd zu beengen oder gar zu verletzen. Bobo und Galgenstrick waren magerer als zu Beginn der Reise. Hoffentlich gewannen sie durch den Aufenthalt im Reservat einen Teil ihrer Kräfte zurück und legten auch etwas Gewicht zu. Auf der Rückreise würden er und Kira die Tiere dringend brauchen.
Calix’ Gedanken bewegten sich offenbar in eine ähnliche Richtung, denn als sie Bobos Sattel festzurrte, stellte sie ihm eine entsprechende Frage. »Wie lange bleibt ihr eigentlich bei uns?«
»Das weiß ich nicht.« Diese Frage beschäftigte Samm, seit sie die Siedlung entdeckt hatten. Er musste vorsichtig sein, wie viel er Calix offenbarte. »Lange können wir jedenfalls nicht bleiben. Wir haben den Hauptsitz von ParaGen gesucht, um ein Heilmittel für RM zu finden. Nachdem wir es nun entdeckt haben, müssen wir es so schnell wie möglich zurückbringen. Unsere Leute befinden sich im Krieg, und wir brauchen …« Er unterbrach sich, weil er nicht sicher war, wie er sich ausdrücken sollte, ohne Geheimnisse auszuplaudern. »Um ehrlich zu sein, wir suchen mehr als nur ein Heilmittel für RM «, fuhr er fort. »Wir brauchen auch Informationen über die Partials. Wir versuchen …« Was durfte er verraten? Was konnte er Calix zumuten? Die Bewohner des Reservats hatten sich über die Partials bisher kaum geäußert, machten sie aber offenbar für den Zusammenbruch verantwortlich. Wie würde Calix auf die Vorstellung reagieren, dass zwischen den Spezies Frieden herrschen sollte? Sie starrte ihn an, ihre Augen waren voller … Vertrauen? Freundlichkeit? Er konnte menschliche Gefühle nicht deuten und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie die Menschen ohne den Link zurechtkamen. Diesen Ausdruck hatte er schon einmal bei ihr und auch bei Kira bemerkt, war jedoch nicht sicher, was er zu bedeuten hatte.
Er entschloss sich, einen vorsichtigen Schritt zu wagen und etwas zielstrebiger vorzugehen. Vielleicht hatte Calix doch mehr Vertrauen verdient, als Kira zugeben wollte. »Wir versuchen, den Partials zu helfen«, fuhr er fort. »Sie haben ein ganz eigenes Problem, eine Krankheit, die sie tötet. Wenn wir sie heilen können, dann kehrt zwischen unseren Spezies vielleicht Frieden ein. Deshalb sind wir zum ParaGen-Hauptsitz gekommen. Um etwas zu finden, das uns, aber auch ihnen hilft …«
»Darüber müsst ihr mit Doktor Vale reden«, unterbrach ihn Calix. »Er weiß alles Mögliche über RM und andere Krankheiten. Vielleicht weiß er auch etwas zum
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