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Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein
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Kamm, der wie ein Rechen aussah, in dessen Zähnen sich graues Haar verfing und der nie gesäubert wurde; und Amys unteres Gebiss, das sie nie trug, weil es nicht passte. Und plötzlich merkt Amy, den Kopf auf dem schmutzigen Kissenbezug – den sauberen hat sie Bob für seine Bettseite gegeben –, dass sie weint, und sie verbirgt das Gesicht im Kissen und riecht die staubige Kissenfüllung und den muffigen Geruch von Jahren, und sie vergisst Weihnachten, und wie sie vor vierzehn Tagen den Kuchen gebacken und einen ganzen Nachmittag aufgepasst hat, dass er nicht anbrannte, und wie der Strom ausfiel, und was für eine Angst sie hatte, er könnte misslingen, denn ach, die kandierten Kirschen und Mandeln und Nüsse und Zitronat waren ja so teuer gewesen; und sie vergisst Heiligabend und die Weihnachtslieder im Radio und Bob, der in der Ecke sitzt und seinen Kriminalroman liest und sagt: «Wenn man bloß was Vernünftiges im Radio kriegen könnte statt dieser infernalischen Singerei», und Toby, ihren einzigen Sohn, der draußen allein durch die Straßen geht, um die Parade der Dudelsackkapellen zu sehen und sich für alle Fälle einen neuen Pillenvorrat zu besorgen; und wie die Familie am Weihnachtsmorgen aufwachte und mit geheuchelter Überraschung die Geschenke auswickelte.
    «Socken, Socken», hatte Bob gesagt. «Woher hat der Weihnachtsmann bloß gewusst, dass ich Socken brauche?»
    Und natürlich hatte er sie selbst gekauft, und die anderen Geschenke auch. Sie wussten alle drei, dass es keine Überraschung gab und der Morgen eigentlich alt und verschlissen war wie eine von Wundern geplünderte Geldbörse.
    Außer Christus natürlich, hatte Amy schuldbewusst gedacht. Denn haben die Menschen, die in der Dunkelheit wandelten, nicht ein starkes Licht gesehen?
    So liegt sie weinend auf dem Bett, und seltsamerweise kommt ihr die Erinnerung an etwas, das ihr dann nicht mehr aus dem Sinn gehen will. Etwas Kleines, Dummes, das schon lange zurückliegt. Als sie für den Richter und seine Frau arbeitete, das Haus sauber hielt und bei Tisch servierte. In einem schwarzen Kleid mit weißen Manschetten. Und eines Morgens hatte Mrs Togbetty gesagt:
    «Amy, Amy, können Sie Geflügel ausnehmen? Mr Togbetty gibt eine Gesellschaft, und ich möchte gern, dass Sie ein Huhn rupfen und ausnehmen.»
    Und Amy war in den Hof gegangen, um das Huhn auszunehmen, wobei sie es zuerst rupfte, bis alles voller Federn war und ihr die Fingerspitzen wund wurden und sie eine Feder in den Hals bekam und schließlich das Huhn nackt und blassgelb mit einer ewigen Gänsehaut vor ihr lag.
    Und dann sagte Mrs Togbetty:
    «Amy, Amy, würden Sie den Hund baden?»
    Und Amy band eine große Schürze über ihr Kleid und ging wieder in den Hof und badete den frechen kleinen Spaniel. Und am Abend gab Mr Togbetty eine Gesellschaft. Er trug eine Perücke, teils, weil er eine Glatze hatte, und teils, weil er Richter war, und unter die Perücke hatte er eine Lage Watte gestopft, um seinen Kopf warm zu halten.
    «Amy, Amy», sagte er. «Sitzt meine Perücke gerade?»
    Amy sagte, seine Perücke sitze gerade.
    Und er gab seine Gesellschaft, und Amy bekam den Abend frei.
    «Sie können gehen, wohin Sie wollen», sagten sie.
    Es war zu weit, um nach Hause zu gehen, und so spazierte Amy durch die Straßen und hatte ihre Hutnadel in der Tasche, falls ein Mann zudringlich werden sollte; und sie saß eine Zeit lang am Fluss, der durch die Stadt floss, und schaute auf das rieselnde Pappellaub und dachte, wie traurig. Wie traurig und einsam. Und sie blieb sitzen, bis die Dunkelheit und der Nebel kamen, der aussah wie Rauch aus den schwelenden Blättern, und sie blickte auf den Kupfermünzenglanz des Wassers hinab und zur überwältigenden Weite des Himmels empor und dachte: Es wird etwas Wunderbares geschehen. Ich spüre es. Diese Nacht ist eine ganz besondere Nacht.
    Sie wanderte zu den Togbettys zurück und durch das Tor und den Gartenweg hinauf, an dem Fenster vorbei, hinter dem Mr Togbetty seine Gäste unterhielt. Sie hörte sie reden und lachen. Am Fenster war ein kleiner Spalt frei, wo die Jalousie nicht ganz heruntergezogen war, und sie schaute zitternd vor Aufregung hinein. Schließlich war es eine richtige Gesellschaft.
    Sie spielten Karten. Amy konnte ihre Hände und die Karten sehen, aber sonst eigentlich nur den großen Wohnzimmertisch mit der roten Samtdecke, die dick war wie ein Teppich für eine Königin und satt wie eine dunkle Rose.
    Mehr konnte sie von der

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