Frame, Janet
kletterte, es vor sich haltend, die Treppen hinauf und trug das leuchtend blaue Spielzeug in die Mitte des Wohnzimmers, wo es auf dem grünblättrigen Teppich stand wie ein lebendiges Pferd in einem warmen Wald. Dann ging Toby in Sharons Zimmer. Das Kind lag aufgedeckt und rosig in seinem Bettchen, die Hand auf einer halb leeren Milchflasche; im Schlaf zog es die Flasche zu sich heran, saugte daran und wackelte vor Vergnügen über den Traumgenuss mit den Zehen. Toby nahm die Kleine hoch, und sie fing an zu weinen. Er hüllte sie in eine Decke aus dem Kinderbett und trug sie ins Wohnzimmer, wo er sie auf den Sattel des Schaukelpferdes setzte und ihre Fäuste um die Zügel schloss.
«Schaukle», sagte er freundlich.
Und er kitzelte sie unter dem Kinn und sagte:
«Gu, gu, gu»,
wie es seine eigenen Onkel gemacht hatten oder wie er sich vorstellte, dass sie es gemacht hatten, als er noch ein Kind war, allerdings nur ein armes Würmchen ohne Schaukelpferd.
«Schaukle. Los, schaukel doch.»
Die Kleine schien ihn nicht zu verstehen und weinte weiter, und Toby beugte sich vor und schaukelte das Pferd, aber die Kleine hörte nicht auf zu weinen; sie weinte jetzt leise, und die Tränen tröpfelten über ihr dickes Kinn; also nahm er sie hoch, seine schmutzigen, behaarten Hände umschlossen den warmen, seidigen Körper, und er setzte sich mit ihr ans Feuer. Das Tagebuch war jetzt fast verbrannt, aber er verspürte keinerlei Schuldgefühl, dass er es verbrannt hatte. Den Flammen gefiel ihr Futter, und sie bohrten sich wie eine Reihe rachsüchtiger Augen durch die halb gesenkten, gläsernen Klappen des Ofens.
«Nun, ist dir jetzt warm genug?», fragte Toby seine elf Monate alte Nichte, die in der Schläfrigkeit und Schweigsamkeit, die Babys an sich haben, kein Wort erwidern konnte, sondern jetzt in seinen Armen schlief.
Er trug sie in ihr Bettchen zurück, deckte sie zu, stopfte die Decke um sie fest; dann kehrte er in den jetzt leeren und feuchten Wald zurück, trat auf die toten und sterbenden Blätter und brachte das verwunderte, blinzelnde Pferd wieder in die Garage hinunter. Raureif lag auf dem Gras und glänzte wie ein Sprühregen aus weißer Suppe auf einem grünen Bart, und als Toby die Treppe hinaufstieg, kam sein Atem wie Rauch aus dem Mund, aber nicht aus dem Mund eines Drachen, sondern nur aus dem Mund von Toby Withers, der vor Kälte benommen war und nicht wusste, wohin.
Und dann nahm er seine Reisetasche, die, wenn sie leer war, wie eine Ziehharmonika in sich zusammenfiel; die Onkel Louis gehört hatte, der an Krebs gestorben war, oben in dem kleinen Zimmer voller Lanolin und gelber Haut und, zu Beginn des Frühjahrs, als er starb, voll von dem Geruch nach Himbeersirup, der durch die blaufarbene Luft zog und auf der Zunge viel zu süß war; und er packte seinen Pyjama, seine Haarbürste, Brillantine, Seife, seinen elektrischen Rasierapparat und seinen Pullover hinein; ließ die abgewetzte, musikleere Tasche zuschnappen und verließ das Haus seiner Schwester und fuhr mit dem Fährboot zur Stadt hinüber, die ein Dschungel genannt wurde.
Und er war müde, und seine Mutter sagte ihm vom Bahnsteig Auf Wiedersehen; sie zog ihr Spitzentaschentuch hervor, das einzige von den Taschentüchern, die Bob im ersten Krieg aus Paris geschickt hatte, das noch übrig war und auf dem über die Ecke Toujours l’amour gestickt war, und sie winkte Toby zum Abschied; und sagte ihm mithilfe eines flatternden Taschentuches, woran er denken und was er tun sollte, wenn er jetzt so weit fortfuhr, in eine fremde Stadt mit Straßenbahnen und Verkehrsampeln und Autobussen und Gangstern – ja, Gangstern, die im hellen Tageslicht daherkamen, mit Revolvern in der Hosentasche und mit griffbereiten Masken aus schwarzer Seide.
«Auf Wiedersehen, Toby.»
Und dann die Ermahnungen:
«Denk dran, der Zug fährt direkt bis zum Schiff. Steig nicht in Christchurch aus.»
«Denk dran, dass du den Kopf während der Fahrt nicht aus dem Fenster steckst, sonst wird er dir abgerissen und rollt zwischen die Schienen und wird zerstückelt, Toby. Zerstückelt.»
Vorige Woche war ein Mann zerstückelt worden und hatte eine Frau und drei Kinder hinterlassen.
«Denk dran, Toby. Wenn du auf das Schiff kommst, fragst du höflich nach deiner Kabine, wenn du dich verläufst; dann gehst du ins Bett; iss einen Cracker; und lass dich einfach vom Rhythmus des Schiffes schaukeln.»
«Und steck den Kopf auch nicht aus dem Bullauge.»
«Tante und Onkel holen
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