Franley, Mark
geht nicht«, widersprach der Anwalt, atmete kurz einmal durch und klärte dann etwas aufgebracht: »Ich gehe zu einer Nutte, da wirst du doch sicher verstehen, dass ich dich nicht dabei haben will.«
Jetzt zog sich ein breites Grinsen über das Gesicht des Leibwächters, wobei die Narbe über seinem Auge eine seltsame Form annahm: »Nutte ist gut! Dann ich warte da drüben in Café.« Sebastian folgte dem Fingerzeig und stimmte zu. Anschließend stiegen sie aus, doch bevor sie sich trennten, fragte der Mann noch: »Du hast Handy dabei?« Sebastian nickte, überquerte die Straße und betrat das Haus. Wie immer war er froh, dass ihm auch heute niemand über den Weg lief und der Aufzug ohne Zwischenstopp bis ganz nach oben fuhr.
Nachdem er sich kurz gesammelt hatte, drückte er auf den großen, goldenen Klingelknopf und wartete. Es dauerte ein wenig länger als sonst, dann wurde die gepolsterte Tür geöffnet und gab den Blick auf das nur indirekt beleuchtete Empfangszimmer frei. Da die Herrin sich meistens gleich zu Anfang etwas einfallen ließ, wunderte er sich nicht weiter darüber, dass er sie nicht sah und trat ein. Kaum weit genug in dem Raum, fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und eine Stimme befahl ihm: »Knie nieder und strecke die Hände nach hinten!« Trotz seiner Körperfülle gelang es Sebastian, einigermaßen geschmeidig auf die Knie zu kommen und seine Arme nach hinten zu strecken. Er kannte die Stimme nicht, aber es war nicht ungewöhnlich, dass eine zweite Frau hier war. Ohne sich weiter zu erklären, legte ihm die Helferin ein paar Handschellen an und sagte streng: »Die Herrin will dich heute leiden sehen und ich werde das vorbereiten. Steh auf, du Wurm!«
Mit den nach hinten gebundenen Händen war es deutlich schwerer wieder auf die Beine zu kommen, doch mit etwas Unterstützung schaffte er es. »Los, durch die linke Tür!«, befahl die Stimme hinter seinem Rücken und Sebastian lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. Hinter der linken Tür lag das Zimmer, welches er am meisten mochte, denn dort gab es allerlei Gerätschaften, die höchste Lust versprachen. Ohne zu zögern ging er durch die nur angelehnte Tür, blieb dann unschlüssig stehen und fragte: »Und jetzt?«
»Sei still«, lautete die barsche Antwort und ein Stockhieb traf ihn auf die Handfläche. Sebastian stöhnte lustvoll auf. Anschließend wurde ihm eine Seite der Handschellen geöffnet und die Frau befahl: »Leg dich auf die Bank, aber wehe, du wagst es, den Blick zu heben!«
Er tat, was ihm befohlen wurde, und versuchte die Frau nicht anzusehen, trotzdem erschien sie in seinem Augenwinkel und das Ziehen in seinem Inneren verstärkte sich noch. Sie war genau, was er wollte. Nicht zu groß, nicht zu dünn und genau so viel Latex am Körper, dass man noch genug selbst erahnen musste. Kaum dass er lag, wurden seine Arme und Beine fixiert und er erwartete wollüstig seine Strafe. Was ihn allerdings ein wenig wunderte, war die Tatsache, dass er sich nicht hatte ausziehen sollen, denn sonst lag er immer nackt hier, aber die Herrin hatte sicher ihre Gründe dafür.
Als die Helferin den Raum verließ, wagte es Sebastian den Kopf leicht anzuheben und ihr hinterher zu blicken. Von hinten war sie noch beeindruckender als von vorne und er konnte sich ein leises Stöhnen nicht verkneifen. Dann passierte eine ganze Weile nichts mehr und er fragte sich, ob das schon zu seiner Bestrafung gehörte.
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Karla hatte Mühe, all ihre Gedankenströme unter Kontrolle zu bringen. Der Film aus ihrer Kindheit war wieder auf Anfang gesprungen und zeigte ihr ein weiteres Mal, woher ihre Wut gegen den Anwalt kam. Er war es damals, der ihr den ersten Schnitt in ihre kindliche Seele zugefügt hatte. Er war es, der sie sowohl körperlich als auch seelisch zerrissen hatte. Alle, die nach ihm kamen, waren schlimm, teilweise sogar noch schlimmer als er, aber er hatte ihr das Kostbarste genommen. Außerdem war er in all den Jahren danach dafür verantwortlich, dass sich so gut wie niemand ernsthaft für seine Untaten verantworten musste. Jahrelang hatte sie alle Männer im Auge behalten, war ihnen teilweise so nahe, dass sie leicht hätte zuschlagen können.
Wie oft hatte sie anonym Anzeige erstattet, oder der Polizei einen Tipp gegeben? Doch nichts hatte geholfen. Immer war dieser Anwalt zur Stelle und zog die Aussagen der Frauen und Kinder ins Lächerliche. Jedes Mal aufs Neue schaffte er es, die Opfer als unglaubwürdig und die Täter als
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