Franny Parker
sagte sie und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. »Du hast sie richtig gut aufgepäppelt.«
In der Nacht träumte ich von meinen Schwälbchen, die zu den Sternen über unserem Haus und über dem Holzhaus hinaufstiegen. Sie kreisten über den verkohlten Feldern und segelten immer weiter fort. Aber sie kamen wieder heim. Sie kamen immer wieder heim.
Töpferwerkstatt
D onnerstagmorgen standen die Türen zur Töpferwerkstatt offen. Jax sah es als Erster und sprang von der Veranda und suchte Lucas.
Als ich zu Mama kam, starrte sie die Frau auf ihrem Bild an. Sie legte ihre Farben sofort weg. Im Garten füllten wir einen Korb mit Mais und Bohnen, dann gingen wir nach nebenan.
»Lindy, dürfen wir reinkommen?«, fragte Mama und spähte in die dunkle Werkstatt.
Lindy saß hinter ihrer Töpferscheibe und ihre Schürze war mit frischem Ton bespritzt. Sie lächelte, als sie uns an der Tür sah, aber sie war verändert. Die Fältchen in den Augenwinkeln fehlten.
»Wir haben dich diese Woche vermisst«, sagte Mama und stellte ihr den Korb hin. »Ich dachte, du kannst das vielleicht gebrauchen.«
Lindy wischte sich die Hände an einem frischen Handtuch ab. »Wie schön, vielen Dank«, sagte sie und beugte sich über den Korb. Ein leichter Luftzug kam durch die Tür, die erste Brise, die wir seit einer Ewigkeit spürten, und wir wandten ihr alle erfreut die Gesichter zu.
»Es ist eine Menge passiert«, sagte Mama.
»Ja«, erwiderte Lindy. Ich wusste nicht recht, ob sie die Feuersbrunst in der Obstplantage Anfang der Woche meinte oder das Eintreffen von Mr Dunn. Es kam mir so vor, als hätten die nicht abreißenden Ereignisse die Woche so in die Länge gezogen, dass sie gar nicht mehr vorankam.
Unsere unausgesprochenen Fragen erfüllten die Töpferwerkstatt und Lindy versuchte nicht, ihnen auszuweichen. »Ich war beschäftigt.« Sie zuckte die Schultern und deutete auf die Kisten mit Töpferware auf dem Brennofen. »Seit Carl da ist, bin ich mit der Arbeit hinterher.«
»Ist das sein Name?« Mamas Stimme war sanft und fragend, wie sie immer ist, wenn sie mit einem Kind oder einem kleinen Tier redet.
»Ja. Tut mir leid, dass ihr ihn noch nicht kennengelernt habt. Er ist gewissermaßen … unerwartet aufgetaucht.«
Mama nickte, als würde sie verstehen, was ich wiederum nicht verstand. Ich wollte nicht, dass sie Lindy auf diese Weise zunickte. Ich wollte, dass Lindy weitererzählte. Es gab bestimmt noch mehr zu erzählen, so viel verstand ich zumindest.
»Wie geht’s dir?«, fragte Mama. Während sie auf eine Antwort wartete, ließ sie sich langsam auf eine Bank sinken, die am Fenster stand. Sie griff nach einem Gänseblümchen in dem Korb und zwirbelte esgeduldig zwischen den Fingern. Da ich nicht wusste, was ich machen sollte, setzte ich mich neben sie.
Lindy antwortete nicht gleich. Mama nickte trotzdem und zwirbelte die Blume immer weiter zwischen den Fingern. Sie summte ein bisschen und Lindy beugte sich über die Scheibe. So saßen sie eine Weile da.
Und da hörte ich es. Es war eine stumme Sprache, die zwischen ihnen hin und her ging. Ich hatte so etwas schon erlebt, in den seltenen stillen Momenten beim Nähkreis. Oder wenn Grandma in der Kirche die Hand auf eine traurige Schulter legte. Oder diese sanfte Art, mit der eine junge Frau im Supermarkt dem Blick einer jungen Mutter mit einem schreienden Baby begegnet. Die Gesten waren zart und stumm. Lindys Hände kehrten zu dem feuchten Ton zurück und kneteten die runde Kugel entschlossener und die Scheibe wurde schneller.
»Das wird schon wieder«, sagte sie schließlich.
Es wird
, und nicht, es
ist
in Ordnung, fiel mir auf. Die Töpferscheibe drehte sich schneller und die Lehmkugel nahm unter ihren Fingern Gestalt an.
»Und Lucas?«, fragte Mama.
»Lucas geht’s gut.« Doch kaum hatte sie das gesagt, da schüttelte sie den Kopf. »Nein, das stimmt nicht ganz, aber ich glaube, das ist nur sein Alter, die Pubertät. Er und sein Vater, na ja …« Sie brach ab und schluckte schwer.
Mama ließ das Gänseblümchen in den Korb fallen, stand auf, ging die paar Schritte auf Lindy zu und legte ihr die Hand auf den Arm. Die Töpferscheibe wurde langsamer und blieb stehen, der Ton ruhte unter ihren Händen und Lindy sah Mama an.
»Wenn du irgendwas brauchst«, flüsterte Mama.
Lindy nickte und wischte sich kurz mit dem Handrücken übers Gesicht. Sie hinterließ einen roten Tonstreifen.
Mehr konnte Mama nicht tun. Sie winkte mir zu, mitzukommen, und ich
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