Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
Vom Netzwerk:
nicht, was wir machen sollten. Daher brachte Sidda Ben nach oben und las ihm eine Geschichte vor. Ich ging zur Scheune.
    Snort wieherte, als er mich sah, und ich ging zu ihm und drückte das Gesicht an seinen glatten Kopf und sog die Luft ein. Süßer Heuduft stieg mir in die Nase, hatte aber nicht den üblichen beruhigenden Effekt. Die Käfige mit den Patienten in den Boxen waren ruhig, mit Ausnahme der nachtaktiven Opossums, die aus ihrem Beutel krabbelten und sich auf die Nacht vorbereiteten.
    »Hallo, ihr kleinen Kerlchen.« Ich nahm eines vorsichtig in die Hand und bewegte mich auf die Scheunentür zu. Im blauvioletten Zwielicht draußen sah ich den Schein der Taschenlampen. Die Lichtpunkte tanzten über den Wanderweg wie kleine Glühwürmchen, die bergauf hüpften.
»Lu-cas!«
, riefen die Stimmen. Das Rufen beruhigte mich.
    Aber dann hörte ich noch ein Geräusch. Es kam vom Holzhaus. Ein langsames Knarren. Ich spähte indie Dunkelheit und bewegte mich langsam darauf zu. Wieder konnte ich es hören.
    »Lucas?«, rief ich leise. »Bist du das?«
    Auf der Veranda bewegte sich ein Schatten. Mein Herz pochte rasend und ich drehte mich zu den Hügeln um. Der Schein der Taschenlampen entfernte sich weiter und erreichte den Waldsaum.
    »Lucas?«, flüsterte ich. Auf Zehenspitzen schlich ich durch den Garten und blieb vor der Veranda stehen. Es war keiner da. Aber es war jemand da gewesen. Der Schaukelstuhl bewegte sich noch, vor und zurück, vor und zurück. Das Herz schlug mir an die Brust und das kleine Opossum wand sich in meiner Hand.
    »Lass uns gehen«, sagte ich. Ich wandte mich wieder unserer Scheune zu und hatte die ganze Zeit das Gefühl, beobachtet zu werden.
Geh aufrecht
, ermahnte ich mich. Zweimal sah ich über die Schulter. Ich war fast in der Sicherheit der Scheune, als jemand aus der Dunkelheit trat.
    »Lucas!« Ich schrie es praktisch heraus.
    »Nee«, sagte eine Stimme. Eine raue Stimme.
    Ich blieb stehen. Vor mir stand Carl Dunn. Er wankte und hatte wieder das schiefe Lächeln auf dem Gesicht.
    »Warum suchen Sie nicht auch nach Lucas?«, fragte ich mit stockender Stimme.
    »Das tu ich.« Er grinste höhnisch. »Hast du ihn da drin versteckt?«
    Ich schüttelte den Kopf und schlüpfte an ihm vorbei in die Scheune.
    »Was hast du da?«, fragte er und deutete auf das Opossumjunge in meinem Arm.
    »Nichts«, sagte ich und legte schützend die Hand über das Kleine. Carl Dunns Atem war echt aufdringlich und füllte den Scheuneneingang. Er erinnerte mich an eine alte vorbeitreibende Flasche, die wir mal aus dem Fluss gefischt hatten. Eine goldgelbe Flüssigkeit schwappte darin hin und her. Als Ben sie herausgeangelt hatte und aufschraubte, waren wir vor dem Geruch zurückgewichen – wie abgestandener Essig, der uns die Tränen in die Augen trieb. Der gleiche Geruch hing jetzt in der Luft. Ich stand wie angewurzelt da und wusste nicht recht, ob ich einfach weggehen oder lieber wegrennen sollte.
    »Lass mich das mal sehen«, sagte er und deutete auf das Opossum.
    Ich schüttelte wieder den Kopf. »Es ist krank«, log ich und machte einen Schritt zurück.
    Mr Dunn legte den Kopf zur Seite, das schiefe Lachen erlosch. »Gib es her. Ich tu ihm nicht weh.« Er nahm einen Schluck aus der Flasche in seiner Hand und der säuerliche Geruch überfiel mich wieder. Bilder blitzten auf: die blauen Flecken auf Lucas’ Arm, die Tierpatienten. Der Himmel draußen war dunkel. Warum hatte ich nicht das Licht angemacht?
    Carl Dunn griff nach dem kleinen Opossum in meinemArm und ich zuckte zurück. Ich spürte, wie in meiner Kehle ein Schrei wuchs, der so mächtig war, dass er meine Brust zu sprengen drohte. So ein Schrei, wie man ihn in Albträumen hat. Aber als ich den Mund öffnete, kam nichts heraus. Und dann erfüllte ein Licht die Nacht um uns, ein weißer Lichtstrahl aus einer Taschenlampe, der den Eingang beleuchtete und uns beide blendete.
    »Franny?« Ich rannte auf Mamas Stimme zu. »Bist du das?«
    Lucas’ Vater trat in den Schatten zurück. Die Flasche hatte er hinter dem Rücken versteckt. »Lassen Sie mich raten: erfolglos«, sagte er und grinste kalt.
    »Was machen Sie hier?«, fragte Mama und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen.
    »Sie hat nach Lucas gerufen. Ich wollte sehen, ob er hier ist.«
    »Ist er nicht«, sagte ich. Mit Mama an meiner Seite fühlte ich mich mutiger. Ich rannte zum Lichtschalter und knipste ihn an.
    »Franny, ich hab dir doch gesagt, dass du im Haus bleiben sollst.« Dad

Weitere Kostenlose Bücher