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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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schurkisch aussehen, und der Gipfelabbau wäre in
politischer Hinsicht etwas genießbarer. Und deshalb konnten wir keine Gelder
von außerhalb kriegen und haben die öffentliche Meinung gegen uns.»
    «Aber wenn
man es im Alleingang versucht», sagte Lalitha, «hat man das Problem, dass man
entweder einen viel kleineren Park planen muss, zu klein, als dass er für den Waldsänger noch ein wichtiges
Brutgebiet sein könnte, oder aber den Kohleunternehmen zu viele Zugeständnisse
macht.»
    «Die ja
doch irgendwie schlimm sind», sagte Walter.
    «Und daher
konnten wir zu Mr. Havens Geld nicht
allzu viele Fragen stellen.»
    «Da habt
ihr ja noch einiges vor euch», sagte Katz. «Wenn ich Milliardär wäre, würde ich
jetzt sofort mein Scheckbuch zücken.»
    «Es kommt
aber noch schlimmer», sagte Lalitha, und ihr Blick flackerte sonderbar.
    «Langweilst
du dich schon?», sagte Walter.
    «Überhaupt
nicht», sagte Katz. «Ehrlich gesagt, dürste ich nach ein wenig geistiger
Anregung.»
    «Also, das
Problem ist leider, dass Vin, wie sich gezeigt hat, noch andere Motive hat.»
    «Reiche
Leute sind wie kleine Kinder!», sagte Lalitha. «Verfickte kleine Kinder.»
    «Sag das
nochmal», sagte Katz.
    «Was?»
    «Verfickt.
Ich finde es schön, wie du das aussprichst.» Sie errötete; Mr. Katz war zu ihr
durchgedrungen. «Verfickt, verfickt, verfickt», sagte sie fröhlich für ihn.
«Ich habe vorher für die Nature Conservancy gearbeitet,
und bei unserer alljährlichen Gala legten die Reichen für einen Tisch locker
zwanzigtausend Dollar hin, aber nur, wenn sie am Ende des Abends ihr Geschenktütchen
kriegten. Das war voll mit wertlosem Plunder, den jemand anderes gestiftet
hatte. Kriegten sie es nicht, spendeten sie im Jahr darauf auch keine
zwanzigtausend mehr.»
    «Ich
brauche deine Zusicherung», sagte Walter zu Katz, «dass du nichts davon
weitererzählst.»
    «Hiermit
gegeben.»
    Die Waldsängerberg-Stiftung,
sagte Walter, sei im Frühjahr 2001 gegründet worden, nachdem Vin Haven nach Washington gefahren sei, um an einem Treffen der berüchtigten
Energie-Taskforce des Vizepräsidenten teilzunehmen, derjenigen, deren
Einladungsliste Dick Cheney noch immer mit Steuergeldern gegen das nationale
Informationsfreiheitsgesetz verteidige. Eines Abends, nach einem langen
Taskforce-Tag, habe Vin bei Cocktails mit den Vorsitzenden von Nardone Energy
und Blasco gesprochen und dabei in Bezug auf den Pappelwaldsänger vorgefühlt.
Sobald sie sich davon überzeugt hätten, dass sie nicht auf den Arm genommen
würden - dass Vin allen Ernstes einen nicht jagdbaren Vogel retten wolle -, sei
prinzipiell Einigung erzielt worden: Vin würde losziehen und ein riesiges
Areal erwerben, dessen Kern für den Gipfelabbau geöffnet, dann aber renaturiert
und auf immer sich selbst überlassen werden sollte. Von dieser Vereinbarung
habe er gewusst, als er den Geschäftsführerposten der Stiftung angenommen
habe. Nicht gewusst - und erst kürzlich herausgefunden - habe er, dass der
Vizepräsident in eben jener Woche im Jahr 2001 Vin Haven gegenüber im Vertrauen erwähnt habe, der Präsident beabsichtige,
gewisse regulatorische und steuerliche Änderungen vorzunehmen, um die
Erdgasgewinnung in den Appalachen wirtschaftlich sinnvoll zu machen. Und dass
Vin daraufhin große Bündel von Mineralrechten nicht nur im Wyoming County, sondern auch in mehreren anderen Teilen West Virginias gekauft habe,
in denen es entweder keine Kohle gebe oder wo die Flöze schon erschöpft seien.
Dieser Großeinkauf vermeintlich nutzloser Rechte hätte vielleicht die
Alarmglocken schrillen lassen, sagte Walter, wenn Vin nicht hätte anführen
können, dass er auf diesem Weg mögliche künftige Reservatareale für die Stiftung
sichere.
    «Der
langen Rede kurzer Sinn», sagte Lalitha, «er hat uns als Feigenblatt benutzt.»
    «Wobei wir
natürlich nicht vergessen dürfen», sagte Walter, «dass Vin Vögel wirklich mag
und für den Pappelwaldsänger großartige Dinge tut.»
    «Er wollte
eben auch noch sein Geschenktütchen», sagte Lalitha.
    «Sein
nicht ganz so kleines Geschenktütchen, wie sich gezeigt hat», sagte Walter.
«Das ist alles noch weitgehend unter Verschluss, deshalb hast du vermutlich
noch nichts davon gehört, aber West Virginia steht im Begriff, kurz und klein
gebohrt zu werden. Hunderttausende Hektar, von denen wir alle glaubten, sie
seien auf immer geschützt, werden jetzt, während wir hier sitzen, zur
Zerstörung freigegeben. In puncto Zerstückelung und

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