Franzen, Jonathan
sind.»
«Und
außerdem will man ja nicht, dass dreihundert Millionen Amerikaner bei einem durch
die Wildnis rennen», sagte Katz.
«Genau.
Dann wäre es nämlich keine Wildnis mehr.»
«Im Grunde
sagst du mir also, dass du zur Gegenseite übergelaufen bist.»
Walter
lachte. «Stimmt.»
«Du musst
Mr. Haven kennenlernen», sagte Lalitha zu
Katz. «Das ist ein richtig interessanter Mensch.»
«Dass er
mit George und Dick befreundet ist, sollte mir eigentlich schon alles sagen,
was ich wissen muss.»
«Nö,
Richard, eben nicht», sagte sie. «Das sagt dir nicht alles.»
Ihre
reizende Aussprache des «ö» weckte in Katz den Wunsch, ihr weiter zu
widersprechen. «Und der Typ ist Jäger», sagte er. «Wahrscheinlich geht er
sogar noch mit Dick auf die Jagd, was?»
«Manchmal
geht er tatsächlich mit Dick jagen», sagte Walter. «Aber die Havens essen, was sie getötet haben, und sie erhalten ihre Ländereien für die
Tierwelt. Die Jagden sind nicht das Problem. Auch die Bushs nicht. Wenn Vin
nach Washington kommt, geht er ins Weiße Haus und sieht sich Longhorns-Spiele
an, und in der Halbzeit bearbeitet er Laura. Er hat schon ihr Interesse für
Seevögel in Hawaii geweckt. Ich glaube, dort passiert bald was. Die Verbindung
zu den Bushs an sich ist nicht das Problem.»
«Was ist
dann das Problem?», sagte Katz.
Walter und
Lalitha wechselten bange Blicke.
«Also, da
gibt's einige», sagte Walter. «Eines davon ist Geld. Angesichts dessen, was
wir alles nach Südamerika pumpen, wäre es wirklich hilfreich gewesen, für West
Virginia öffentliche Mittel zu bekommen. Und das Thema Gipfelabbau erweist sich
als wahrhaft heißes Eisen. Die dortigen Aktionsgruppen haben alle die Kohleindustrie
verteufelt, besonders den MTR.»
«MTR steht
für Mountaintop Removal, also
Gipfelabbau», sagte Lalitha.
«Die New York
Times gibt Bush/Cheney den totalen Freibrief für den Irak,
bringt aber ständig diese beschissenen Leitartikel darüber, wie schlimm MTR
ist», sagte Walter. «Niemand, kein Staat, kein Bund und auch keine
Privatperson, will mit einem Projekt zu tun haben, bei dem Berggipfel geopfert
und arme Familien aus ihren angestammten Häusern umgesiedelt werden. Man will
nichts von Waldrekultivierung hören, nichts von nachhaltigen grünen Arbeitsplätzen.
Das Wyoming County ist sehr,
sehr dünn besiedelt - die Gesamtzahl der Familien, die unmittelbar davon
betroffen sind, beträgt weniger als zweihundert. Aber das Ganze wird zu so
etwas wie Böse-Unternehmen-kontra-wehrlose-Normalbürger aufgebaut.»
«Das ist
so dumm und unvernünftig», sagte Lalitha. «Die hören Walter nicht mal zu. Er hat
über Renaturierung wirklich Gutes zu sagen, aber sobald wir einen Raum betreten,
stellen sich die Leute einfach taub.»
«Es gibt
eine sogenannte Initiative zur regionalen Wiederaufforstung der Appalachem»,
sagte Walter. «Interessieren dich die Details überhaupt?»
«Mich
interessiert, euch zwei darüber reden zu hören», sagte Katz.
«Na, in
aller Kürze, der Gipfelabbau hat deshalb so einen schlechten Ruf, weil die
wenigsten Inhaber von Oberflächenrechten auf einer richtigen Form der
Renaturierung bestehen. Bevor ein Kohleunternehmen seine Mineralrechte
wahrnehmen und einen Berg abtragen kann, muss es eine
Sicherheit hinterlegen, die erst zurückerstattet wird, wenn das Land
wiederhergestellt ist. Das Problem dabei ist, dass diese Inhaber sich mit
kahlen, flachen Weiden zufriedengeben, die oft auch noch absacken, weil sie
hoffen, dass ein Bauunternehmer des Weges kommt und Luxuswohnungen darauf
baut, obwohl es eine gottverlassene Gegend ist. Dabei erhält man tatsächlich
einen sehr üppigen und artenreichen Wald, wenn man die Renaturierung richtig
macht. Man braucht nur eine ein Meter zwanzig dicke Schicht aus Mutterboden und
verwittertem Sandstein statt der üblichen fünfundvierzig Zentimeter. Und man muss darauf achten, den Boden nicht zu stark zu verdichten. Und dann
pflanzt man die richtige Mischung aus schnell und langsam wachsenden Baumarten
in der richtigen Jahreszeit. Wir haben Beweise dafür, dass solche Wälder für
Waldsängerfamilien vielleicht sogar besser sind als
die Sekundärwälder, die sie ersetzen. Unser Plan ist also nicht nur, den
Waldsänger zu retten, sondern auch ein Referenzprojekt dafür zu schaffen, wie
man es richtig macht. Aber der Umwelt-Mainstream will nicht darüber reden, wie
man es richtig macht, denn wenn man es richtig machen würde, ließe das die
Kohleunternehmen weniger
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