Franzen, Jonathan
und
sowieso jener privilegierten Schicht von Amerikanern angehörten, die zu schmähen
und abzulehnen zu seinem großen Vergnügen wurde. Für seinen Spott griff er sich
insbesondere Walter heraus, einfach weil Walter seine Cousins aus der Stadt
mochte und sie vermisste. In der Hoffnung, dass Walter sie dann weniger
mochte, übertrug Gene seinem Bücher lesenden Sohn die schmutzigsten und
demütigendsten Instandhaltungsaufgaben. Walter kratzte Farbe ab, schrubbte
Blut und Samen aus Teppichböden und fischte mit Hilfe eines Drahtkleiderbügels
Massen von Schleim und halbzersetzten Haaren aus Badewannenabnüssen. Hatte ein
Gast eine Toilette besonders durchfallbesudelt hinterlassen und war Dorothy nicht da, um sie vorauseilend zu putzen, ging Gene mit allen dreien
seiner Jungs hin, um die Sauerei zu begutachten, und ließ dann Walter, nachdem
er dessen Brüder zu angewidertem Gelächter angestachelt hatte, mit der
Säuberung allein zurück. Sagte: «Das tut ihm gut.» Und die Brüder echoten:
«Ja, das tut ihm gut!» Und wenn Dorothy Wind davon
bekam und ihn schalt, saß Gene lächelnd da und rauchte mit besonderem Genuss,
sog ihren Ärger auf, ohne ihn zu erwidern - stolz wie immer, dass er weder
Stimme noch Hand gegen sie erhob. «Aaah, Dorothy, lass gut sein»,
sagte er. «Arbeit tut ihm gut. Lehrt ihn, sich nicht zu sehr aufzublasen.»
Es war,
als hätte die ganze Feindseligkeit, die Gene gegen seine studierte Frau hätte
richten können, was er sich aber aus Angst, wie Einar zu sein, verbot, ein
zulässigeres Ziel in seinem mittleren Sohn gefunden, der, wie Dorothy selbst sehen konnte, ja auch stark genug war, sie zu ertragen. Dorothy fand das auf lange Sicht gerecht. Kurzfristig mochte es ungerecht
sein, dass Gene Walter so hart behandelte, langfristig aber würde ihr Sohn
Erfolg haben, wohingegen ihr Mann es nie zu viel bringen würde. Und Walter
selbst zeigte seinem Vater, indem er die widerlichen Aufgaben, die der ihm
auftrug, klaglos erledigte und sich auch Dorothy gegenüber
jedes Weinen oder Jammern verkniff, dass er ihn sogar mit dessen eigenen Waffen
schlagen konnte. Genes allnächtliches Getorkel gegen Möbel, seine kindischen
Panikanfälle, wenn ihm die Zigaretten ausgingen, seine reflexhafte
Verunglimpfung von Leuten, die Erfolg hatten: Wäre Walter nicht unablässig
damit beschäftigt gewesen, ihn zu hassen, er hätte ihn vielleicht bedauert. Und
es gab wenig, was Gene mehr fürchtete, als bedauert zu werden.
Als Walter
neun oder zehn war, hängte er ein selbstgefertigtes Rauchverbotsschild an die
Tür des Zimmers, das er mit seinem kleinen Bruder Brent teilte, dem Genes
Zigaretten zusetzten. Für sich selbst hätte Walter das nie gemacht - hätte
lieber zugelassen, dass Gene ihm den Rauch direkt in die Augen blies, als ihm
die Genugtuung einer Klage zu erweisen. Und Gene wiederum kam mit Walter nicht
gut genug aus, um das Schild einfach abzunehmen. Vielmehr begnügte er sich
damit, sich über ihn lustig zu machen. «Und wenn dein kleiner Bruder mitten in
der Nacht eine rauchen will? Zwingst du ihn dann, in die Kälte rauszugehen?»
«Von dem
vielen Rauch atmet er nachts schon ganz komisch», sagte Walter.
«Das höre
ich jetzt aber zum ersten Mal.»
«Ich bin
bei ihm, ich höre ihn.»
«Ich sag
bloß, du hast das Schild für euch beide aufgehängt, und wie findet das Brent?
Er teilt schließlich das Zimmer mit dir, stimmt's?»
«Er ist
sechs Jahre alt», sagte Walter.
«Gene, vielleicht
ist Brent ja allergisch gegen Rauch», sagte Dorothy.
«Ich
glaube, Walter ist allergisch gegen mich.»
«Wir
wollen, dass in unserem Zimmer nicht geraucht wird, weiter nichts», sagte
Walter. «Du kannst vor der Tür rauchen, aber nicht im Zimmer.»
«Ich
begreife nicht, was es für einen Unterschied machen soll, ob die Zigarette auf
der einen oder anderen Seite der Tür ist.»
«Es ist
einfach die neue Regel für unser Zimmer.»
«Dann
stellst du hier jetzt also die Regeln auf?»
«Für unser
Zimmer, ja», sagte Walter.
Gene stand
im Begriff, etwas Wütendes zu sagen, als ihn eine Müdigkeit überkam. Er
schüttelte den Kopf und setzte das schiefe, störrische Grinsen auf, mit dem er
sein Leben lang Ansprüche auf Autorität quittiert hatte. Vielleicht hatte er in Brents Allergie schon den Vorwand
gesehen, nach dem er gesucht hatte, um dem Motelbüro eine «Lounge» anzufügen,
in der er in Frieden rauchen und seine Freunde empfangen konnte, die dann ein
wenig bezahlten, um mit ihm zu trinken. Dorothy
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