Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
Vom Netzwerk:
Der
panamerikanische Waldsängerpark, sagte er, stehe für ein neues Paradigma
wissenschaftlich fundierten, privat finanzierten Artenschutzes; die
unbestreitbare Abscheulichkeit der Kohlegewinnung durch Gipfelabbau werde von
der Aussicht auf nachhaltige «grüne Arbeitsplätze» (Ökotourismus, Aufforstung,
zertifizierte Forstwirtschaft) in West Virginia und Kolumbien mehr als
aufgewogen; Coyle Mathis und die anderen umgesiedelten Bergbewohner hätten in
vollem Umfang und vorbildlich mit der Stiftung kooperiert und würden bald von
einer Tochterfirma des großzügigen Unternehmenspartners der Stiftung, LBI,
eingestellt. Beim Lob auf LBI musste Walter nach dem, was Joey ihm erzählt
hatte, besondere Selbstbeherrschung aufbringen. Als das Telefonat mit Dan Caperville
beendet war, ging er mit Lalitha und Soquel zu einem späten Abendessen und
trank zwei Bier, was seinen bisherigen Gesamtkonsum auf drei erhöhte.
    Am
nächsten Nachmittag, nachdem Soquel zurück zum Flughafen gebracht worden war,
verschloss Lalitha die Tür zu Walters Büro und kniete sich zwischen seine
Beine, um ihn für seine Mühen zu belohnen.
    «Nein,
nein, nein», sagte er und rollte auf dem Stuhl von ihr weg.
    Sie
verfolgte ihn auf den Knien. «Ich will dich nur sehen. Ich bin so gierig nach
dir.»
    «Lalitha,
nein.» Er hörte seine Mitarbeiter vorn im Haus ihrer Arbeit nachgehen.
    «Nur ganz
kurz», sagte sie und zog seinen Reißverschluss auf. «Bitte, Walter.»
    Er dachte
an Clinton und Lewinsky, und dann,
als er den Mund seiner Assistentin voll mit seinem Fleisch sah und ihre Augen
zu ihm herauflächelten, dachte er an die Prophezeiung seines miesen Freundes.
Offenbar machte es sie glücklich, und dennoch -
    «Nein, tut
mir leid», sagte er und stieß sie, so sanft er konnte, zurück.
    Sie verzog
das Gesicht. War verletzt. «Du musst mich machen lassen», sagte sie, «wenn du
mich liebst.»
    «Ich liebe
dich, aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.»
    «Ich will,
dass du mich machen lässt. Ich will alles machen, jetzt sofort.»
    «Tut mir
leid, nein.»
    Er stand
auf und zog den Reißverschluss wieder hoch. Lalitha verharrte noch einen
Augenblick, den Kopf gesenkt, auf den Knien. Dann stand auch sie auf, strich
ihren Rock über den Hüften glatt und wandte sich in unglücklicher Haltung ab.
    «Es gibt
ein Problem, über das wir zuerst sprechen müssen», sagte er.
    «Ist gut.
Reden wir über dein Problem.»
    «Das
Problem ist, wir müssen Richard feuern.»
    Der Name,
den auszusprechen er sich bis jetzt geweigert hatte, hing in der Luft. «Und
warum müssen wir das tun?», sagte Lalitha.
    «Weil ich
ihn hasse, weil er eine Affäre mit meiner Frau hatte und ich nie wieder seinen
Namen hören will und es mir schlechterdings unmöglich ist, mit ihm
zusammenzuarbeiten.»
    Lalitha
schien zu schrumpfen, als sie das hörte. Ihr Kopf sackte herab, die Schultern
fielen zusammen, sie wurde ein trauriges kleines Mädchen. «Ist deine Frau
deshalb am Sonntag gegangen?»
    «Ja.»
    «Du liebst
sie noch, stimmt's?»
    «Nein!»
    «Doch.
Deshalb soll ich dir jetzt auch nicht nahe sein.»
    «Nein, das
stimmt nicht. Das stimmt absolut nicht.»
    «Na, wie
dem auch sei», sagte sie und richtete sich rasch auf, «wir können Richard nicht
feuern. Das ist mein Projekt, und ich brauche ihn. Ich habe ihn den
Praktikanten schon angekündigt, und er muss uns große
Namen für August ranschaffen. Du kannst also gern dein Problem mit ihm haben
und das mit deiner Frau sehr bedauern, aber ich werde ihn nicht feuern.»
    «Schatz»,
sagte Walter. «Lalitha. Ich liebe dich wirklich. Alles wird gut. Aber versuch
doch mal, es von meiner Warte aus zu sehen.»
    «Nein!»,
sagte sie und fuhr in temperamentvoller Auflehnung zu ihm herum. «Deine Warte
ist mir egal! Ich werde dafür bezahlt, unsere Bevölkerungsarbeit zu machen,
und ich mache sie auch. Wenn diese Arbeit und auch ich dir wirklich wichtig
sind, dann lässt du sie mich auf meine Weise tun.»
    «Beides
ist mir wichtig. Absolut. Aber -»
    «Kein
Aber. Ich werde seinen Namen nicht mehr erwähnen. Wenn er sich im Mai mit den
Praktikanten trifft, kannst du ja irgendwohin aus der Stadt verschwinden. Und
über den August reden wir, wenn es so weit ist.»
    «Aber er
wird es gar nicht machen wollen. Er hat schon am Samstag davon gesprochen,
abzuspringen.»
    «Lass mich
mit ihm reden», sagte sie. «Wie du dich vielleicht erinnerst, bin ich ziemlich
gut darin, Leute zu Dingen zu überreden, die sie gar nicht wollen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher