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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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der Medien frustriert. Da zählen die Vögel gar nichts,
es geht nur um Herz und Schmerz.»
    «Und so
wird es auch bleiben, bis die Vögel die Medien beherrschen», sagte Vin. «Wir
sehen uns doch nächsten Monat in Whitmanville? Ich habe Jim Eider gesagt, dass
ich mich bei der Eröffnung der Schutzwestenfabrik blicken lasse, vorausgesetzt,
ich muss nicht für irgendwelche Fotos
posieren. Ich könnte Sie auf dem Weg dahin mit dem Jet abholen.»
    «Danke,
wir fliegen Linie», sagte Walter. «Treibstoff sparen.»
    «Bedenken
Sie, dass ich mein Geld mit dem Verkauf von Treibstoff verdiene.»
    «Stimmt,
haha, da ist was dran.»
    Es war
schön, Vins väterliche Zustimmung zu erhalten, schöner aber wäre es gewesen,
hätte Vin als Vater weniger dubios gewirkt. Das Schlimmste an dem Times-Artikel
- einmal abgesehen von der Scham, in einer Publikation, die jeder, den Walter
kannte, las und für vertrauenswürdig hielt, als Arschloch dazustehen - war
seine Befürchtung, dass die Times bezüglich
der Waldsängerberg-Stiftung recht hatte. Es hatte ihm sehr davor gegraut, in
den Medien zerrissen zu werden, und nun, da sie es taten, musste er sich den
Gründen, warum ihm davor gegraut hatte, noch ernsthafter stellen.
    «Ich habe
bei dem Interview mitgehört», sagte Lalitha. «Du hast es auf den Punkt
gebracht. Die Times kann doch nur deshalb nicht
zugeben, dass wir recht haben, weil sie dann all ihre Leitartikel gegen die
Kohleförderung durch Gipfelabbau zurücknehmen mussten.»
    «Das
machen sie doch gerade bei Bush und dem Irak.»
    «Na, du
hast jedenfalls deinen Beitrag geleistet. Und jetzt bekommen du und ich unsere
kleine Belohnung. Hast du Mr. Haven gesagt,
dass wir mit FreiRaum loslegen?»
    «Ich war
froh, dass er mich nicht gefeuert hat», sagte Walter. «Ich hielt es nicht für
den passenden Zeitpunkt, ihm zu sagen, dass ich den ganzen Etat, den ich zur
freien Verfügung habe, für etwas ausgeben will, das wahrscheinlich eine noch
schlechtere Presse kriegt.»
    «Ach, mein
Liebling», sagte sie und legte die Arme um ihn und den Kopf an sein Herz.
«Niemand versteht, was du für gute Dinge tust. Ich bin die Einzige.»
    «Das
könnte vielleicht sogar zutreffen», sagte er.
    Gern hätte
er sich noch eine Weile so von ihr halten lassen, doch ihr Körper hatte andere
Pläne, und seiner stimmte ihnen zu. Sie verbrachten ihre Nächte jetzt in ihrem
zu schmalen Bett, weil seine Zimmer noch voll von Pattys Spuren waren; sie hatte ihm keine Anweisungen gegeben, wie damit zu
verfahren sei, und er konnte nicht einfach anfangen, auf eigene Faust etwas
damit zu tun. Es überraschte ihn nicht, dass Patty sich noch nicht gemeldet
hatte, und dennoch lag für ihn etwas Taktisches, Feindseliges darin. Für eine
Frau, die nach eigenem Eingeständnis nichts als Fehler machte, warf sie
dadurch, was immer sie da draußen in der Welt tat, einen beängstigenden
Schatten. Walter kam sich wie ein Feigling vor, weil er sich in Lalithas Zimmer
vor ihr versteckte, aber was blieb ihm anderes übrig? Er wurde von allen Seiten
bedrängt.
    An seinem
Geburtstag ging er mit Joey, während Lalitha Connie die Büroräume zeigte, in
die Küche und sagte, er wisse noch immer nicht, welche Vorgehensweise er
empfehlen solle. «Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass du auspacken
sollst», sagte er. «Aber ich traue meinen Gründen dafür nicht. In letzter Zeit habe
ich irgendwie die moralische Orientierung verloren. Die Sache mit deiner
Mutter, dann das in der Times - hast du
das gesehen?»
    «Klar»,
sagte Joey. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und war noch immer wie ein
College-Republikaner gekleidet, blauer Blazer und blankpolierte Slipper. Nach
allem, was Walter wusste, war er ja auch
ein College-Republikaner.
    «Ich bin
nicht gut darin weggekommen, wie?»
    «Nee»,
sagte Joey. «Aber ich glaube, die meisten haben erkannt, dass der Artikel
unfair war.»
    Dankbar, ohne
weitere Fragen zu stellen, nahm Walter diese Beruhigung von seinem Sohn an. Er
fühlte sich tatsächlich sehr klein. «Und nächste Woche muss ich ja zu dieser LBI-Geschichte in West Virginia», sagte er. «Die
eröffnen dort eine Schutzwestenfabrik, in der die umgesiedelten Familien alle
arbeiten sollen. Und deshalb bin ich nicht gerade der Richtige, den man zu LBI
befragen sollte, weil ich selber so tief drinstecke.»
    «Warum
musst du denn da hin?»
    «Ich muss eine Rede halten. Im Namen der Stiftung einen auf dankbar machen.»
    «Aber du
hast deinen Waldsängerpark doch schon.

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