Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
Drehtür, und Paul wirbelte herein, aufgewühlt und mit schief sitzender Krawatte.
Oruela konnte die Geistesgegenwart ihrer Mutter nur bewundern. Sie nahm sofort seinen Arm und sagte ihm, dass er sie begleiten müsse, woraufhin Ernesto und Oruela ihnen nur noch folgen konnten. Bei dem kurzen Spaziergang durch die milde Abendluft sah sich Paul zweimal über die Schulter nach ihr um, doch Oruela unterhielt sich entschlossen mit Ernesto.
Annette hatte ebenfalls einen Begleiter mitgebracht, und nachdem alle einander vorgestellt worden waren, saßen sie an dem besten Tisch, den es im Kasino gab. Die Aufregung war groß, da die Show an diesem Abend aus Amerika kam. Es war eine neue Show, die hier getestet werden sollte, bevor es nach Paris ging: La Revue Negre mit Josephine Baker.
Oruela mochte Diane und Annette auf Anhieb, insbesondere Annette, deren zarte Schönheit immer mehr erblühte. Die Sitzordnung verhinderte, dass sie sich mit Paul unterhalten konnte, aber als sie gespeist und Wein getrunken hatten, nahm der Blickkontakt zwischen ihnen zu. Direkt nach dem Essen begann die Show.
Zuerst kamen die Revuetänzerinnen, deren lange Beine beim Tanzen glitzerten und deren Brüste mit Federn und Perlen nur notdürftig bedeckt waren. Die Männer mit ihren wohlgeformten Körpern sahen ähnlich aus. Die Musik glich keiner, die sie je zuvor gehört hatten, und die Trommelschläge gingen direkt ins Herz und öffneten es. Die älteren Personen an einem anderen Tisch standen auf und verließen den Saal. Michelle, die sich neben Oruela gesetzt hatte, murmelte immer wieder »Sieh dir das an!«. Oruela wurde wärmer und wärmer, während die Tänzer mal dicht vor ihrem Tisch herumwirbelten, dann wieder weiter weg.
Dann kam der Star. Sie hatte die längsten Beine, die jeder der Anwesenden je gesehen hatte, und einen tollen Hintern. Ihre hohen Brüste waren nackt. Sie sprang in die Mitte der Bühne und begann ihren unglaublich biegsamen Tanz, bei dem sie die Beine auf nahezu unmögliche Weise verdrehte und ihre Arme herumwirbelte. Sie trug weiße Schuhe mit hohen Absätzen, breite Ringe um Hand- und Fußgelenke und Ketten aus weißen Perlen, die von ihren Brüsten abprallten, während sie ihren ungewöhnlichen Körper herumwirbelte. Die ganze Zeit lächelte sie, und ihre weißen Zähne blitzten in dem grellen Bühnenlicht. Ihre dunkel umrandeten Augen schienen ebenfalls zu lächeln, und die Schmachtlocke mitten auf ihrer Stirn glänzte schwarz und feucht auf ihrer kaffeebraunen Haut. Sie legte ihre Hände überkreuz auf die Knie und zog sie vor und zurück. Das war der fesselndste Tanz, der je in diesem Kasino aufgeführt worden war, und sie sah aus, als ob sie jeden Moment davon genießen würde. Sie stampfte herum, wackelte mit ihren Schwanzfedern, hob die Beine und schüttelte ihren kaum verborgenen Schritt. Das war eine ganz andere Sinnlichkeit, die Lebensfreude und ungezügelte Leidenschaft ausstrahlte.
Das alles hallte in Oruelas Adern wider, in jeder Zelle ihres Körpers. Am liebsten hätte sie ebenfalls getanzt. Als das Publikum donnernd applaudierte, fiel auch sie begeistert mit ein, und die erfreute Tänzerin verbeugte sich anmutig vor ihren Bewunderern.
Die weiße Band, die danach kam, war fast schon eine Enttäuschung, doch als die ersten Töne erklangen und die Sängerin zu singen begann, stand Paul auf und forderte Oruela zum Tanzen auf.
Noch war Platz auf der Tanzfläche, sodass sie sich bewegen konnten, und er überraschte sie. Er war ein guter Tänzer, der sie geschickt führte.
»War sie nicht großartig?«, fragte er.
»Ja«, antwortete Oruela.
»Oruela«, sagte er, »wir konnten uns in den letzten Tagen nicht sehen, weil ich mich um einiges kümmern musste.«
»Ich auch«, entgegnete sie und sah über seine Schulter.
Sie sagten nichts mehr, zumindest nicht mit Worten, und ließen ihre Körper sprechen und auf die Musik reagieren. Oruela war nicht böse auf ihn. Es gab keinen Grund zum Reden. Sie spürte, wie sich seine Schulter unter seine Jacke bewegte und für seinen Körper sprach. Ihr wurde mehr und mehr die Hand bewusst, die ihre beim Tanzen hielt, und als es auf der Tanzfläche immer voller wurde, drückten sich ihre Körper aneinander.
Später wusste sie nicht mehr, wie lange sie miteinander getanzt hatten. Alles andere wurde unwichtig, es zählten nur noch die Musik und das Gefühl, ihn zu spüren. Er hielt ihre Hand jetzt an seine Brust gedrückt. Ihre Wange streifte sein Kinn, seine Lippen
Weitere Kostenlose Bücher