Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
ihm auch gar keinen haben wollte. Also gab sie den Versuch auf und lag weich und gefügig wie ein Kissen da.
Das Experiment heilte sie. Beinahe hätte sie sich bei ihm bedankt. Er sagte danach, dass er wegmüsse, und ließ sie alleine in dem Zimmer zurück, nachdem er sie aufgefordert hatte, die Tür zuzuknallen, wenn sie ging. Sie bezweifelte, dass das überhaupt sein Zimmer war. Sie zog sich an und lauschte auf die Klänge aus dem Hinterhof. Als sie sich gerade vom Fenster abwenden wollte, sah sie einen Mann ein Stockwerk höher gegenüber auf der Feuerleiter sitzen. Er starrte sie an. Er schien zu zeichnen, und erschreckt wurde ihr klar, dass er direkt in ihr Zimmer sehen konnte.
Sie ging hinaus und rannte schnell die Feuerleiter hinunter, um dann zwischen den Gebäuden hindurch auf die Straße zu rennen und sich nur noch einmal über die Schulter umzudrehen.
An diesem Abend wollte Euska sie aufmuntern und schlug vor, dass sie zu einer Vernissage einiger berühmter Künstler gingen. Euska und Ernesto bekamen ständig Einladungen, gingen aber nur selten hin, da sich Ernesto rasch langweilte.
Euska wusste, dass Oruela wegen des verpatzten Examens enttäuscht war und sich nach Paul sehnte, der in den zwei Wochen weder geschrieben noch angerufen hatte. Von ihrem nachmittäglichen Abenteuer in dem schäbigen Zimmer wusste sie nichts.
Oruela entdeckte ihn in dem Moment, in dem sie die Galerie betraten. Er studierte eines der Gemälde, und ihr Herz machte einen Satz. Es war derselbe Mann, den sie vor einigen Stunden zeichnend auf der Feuertreppe gesehen hatte. Ihre Instinkte rieten ihr, ihm aus dem Weg zu gehen, und sie entschuldigte sich, ließ Euska alleine und ging in den hinteren Teil der Galerie, um sich dort die Bilder anzusehen. Doch die Galerie war klein, es gab viel zu trinken, und jeder unterhielt sich mit jedem. Bald fand sie sich in einer Gruppe wieder, der auch er angehörte. Er ließ sich nicht anmerken, ob er sie erkannte, bis sie zufällig nebeneinanderstanden.
»Ich vermute, dass Sie nachmittags Zeit haben«, sagte er. »Würden Sie mir vielleicht Modell sitzen?«
Und so stand sie dem Künstler Modell. Das war mit die glücklichste Zeit ihres Lebens. Wie ein Rettungsboot, das einen Überlebenden aus einem Wrack an Land bringt, heilte sie dieses Erlebnis von ihrer Enttäuschung. Er führte sie ins Leben zurück. Er war ganz und gar nicht so, wie sie sich einen Künstler vorgestellt hatte. Er war ruhig, recht vernünftig, besaß eine flinke Intelligenz, die sie stimulierte, und sie vertraute ihm. Erneut hatte sie jemanden gefunden, bei dem sie wachsen konnte.
Er schien nicht mit ihr schlafen zu wollen. Er malte sie nackt, aber er berührte ihren Körper nur mit Blicken oder mit dem Pinsel. Seine Frau, die ihn vergötterte, lebte auf dem Land, und er fuhr an den Wochenenden nach Hause in das Hausboot, auf dem sie lebten. Er lebte nur vorübergehend in Paris und hieß Albert.
Sie wurden gute Freunde und gingen abends zusammen in Cafés und Bars. Dort lernte Oruela andere interessante Menschen kennen. Jeder, dem sie begegnete, sprach über Sex, tat es mit irgendjemandem oder war besessen davon. Sie hörte viele Geschichten und wunderte sich, aber ihre eigenen Triebe hatten sich zurückgezogen, und es reichte ihr völlig aus, angesehen und bewundert zu werden.
Ein Mann, dem sie begegnete, war ein brillanter Sprachwissenschaftler und Gelehrter. Er lebte bei seiner Mutter, die für ihn kochte und sorgte. Er war nicht dazu in der Lage, mit einer Frau zu schlafen, aber Jungen zogen ihn auch nicht an. Der Grund dafür waren seine Hoden, die nach innen gewachsen waren, was ihm derart peinlich war, dass er in dieser Hinsicht nicht ganz normal war. Er war wie eine Spinne und wob Netze mit Worten. Wenn man ihm eine Geschichte anvertraute, verdrehte er sie, bis sie schäbig und billig geworden war. Niemand vertraute ihm, und er war verbittert geworden. Er saß in seinem Zimmer und übersetzte wissenschaftliche Dokumente in alle bekannten Sprachen der Welt, aber die Sprache der Liebe war ihm unbekannt. Oruela verspürte großes Mitleid mit ihm.
Dann war da ein anderer Mann, dessen junge Frau ständig mit anderen Männern schlief. Er war verzweifelt. Die Leute lachten ihn aus und sagten ihm, er solle sie schlagen. Doch er war sanft und gütig. Er konnte sie einfach nicht verlassen und hielt es aus, bis es ihm zu viel wurde. Dann betrank er sich und weinte bitterlich. Auch ihn tröstete Oruela.
Diese Männer
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