Franzosenliebchen
Kollegen
zurück.
»Guten
Tag«, begrüßte dieser Goldstein. »Sie
möchten zehn Dollar Umtauschen?«
Goldstein
bejahte.
»Ich würde
Ihnen dringend empfehlen, die Summe zu reduzieren. Zehn Dollar
entsprechen nach dem heutigen Wechselkurs etwa
zweihundertfünfzigtausend Reichsmark. Keiner kann Ihnen aber
sagen, was Ihr Geld in drei Tagen noch wert ist. Wenn die
Geldentwertung so voranschreitet, verlieren Sie womöglich
zwanzig oder dreißig Prozent. Also …?« Der
Angestellte schob den Schein zurück und sah Goldstein fragend
an.
Der nickte und guckte
in den Umschlag. Darin befand sich aber kein kleinerer
Schein.
»Ich habe leider
nur Zehndollarscheine.«
»Dann würde
ich Ihnen die Einrichtung eines Fremdwährungskontos empfehlen.
Sie zahlen Dollar ein, das Konto wird in Dollar geführt und
…«
Goldstein
schüttelte heftig den Kopf. Dafür müsste er seine
Personalien preisgeben und einen festen Wohnsitz nachweisen. Das
war das Letzte, was er wollte. »Nein, danke.« Er schob
den Schein wieder zurück. »Ich bin nur auf der
Durchreise. Bitte wechseln Sie ihn.«
Der Mann hinter dem
Schalter zog die Augenbrauen hoch. Es war ihm anzusehen, dass er
Goldsteins Verhalten nicht billigte. Dennoch sagte er: »Wie
Sie wünschen.«
Wenige Minuten
später hielt Goldstein mehr als eine Viertelmillion Reichsmark
in den Händen. Das dürfte mehr als genug sein, um seine
Schulden bei Martha Schultenhoff zu begleichen.
25
Donnerstag, 22.
Februar 1923
Vielen Dank, dass Sie
mich so kurzfristig empfangen.« Regierungsrat Wieland Trasse
hatte sich in einen schweren Polstersessel Abraham Schafenbrinck
gegenübergesetzt. Auf dem runden Beistelltisch zwischen den
Männern dampfte frisch aufgebrühter Kaffee in einer
weißen, mit Blattgold verzierten Porzellankanne.
Ein junges
Hausmädchen stand einige Meter entfernt und wartete stumm, bis
auch ihr Arbeitgeber Platz genommen hatte. Auf ein Zeichen hin trat
sie näher und goss Kaffee in die bereitstehenden Tassen. Die
Hände der jungen Frau zitterten leicht, als sie den
Herrschaften das Getränk servierte. Etwas Kaffee schwappte
über, sodass Trasses Untertasse verschmutzt wurde.
Schafenbrinck warf seiner Angestellten einen vorwurfsvollen Blick
zu, worauf diese errötete und mit gesenktem Kopf um
Entschuldigung bat.
»Verzeihen Sie,
Herr Regierungsrat«, sagte der Kaufmann, nachdem das Mädchen den Salon
verlassen hatte. »Aber die Kleine ist erst seit einigen Tagen
bei uns. Sie ist noch nicht perfekt. Unser altes Mädchen kam
auf grausame Art ums Leben, wie Ihnen sicherlich bekannt
ist.«
»Ich weiß.
Wirklich tragisch, diese Angelegenheit. Und dann noch dieser
skandalöse Freispruch der beiden Soldaten durch die
französische Militärgerichtsbarkeit. Einfach
unglaublich.« Trasse nippte am Kaffee. »Es ist wirklich
zuvorkommend von Ihnen, dass Sie mir Ihre wertvolle Zeit
schenken.«
Der Kaufmann machte
eine abwehrende Handbewegung. »Ich bitte Sie. Als mich mein
Freund Siegfried Königsgruber in Ihrem Namen um die
Möglichkeit dieser Unterredung bat, habe ich mit Freuden
zugestimmt.« Er lächelte verschmitzt.
»Schließlich kann es für mich als Unternehmer doch
nur von Vorteil sein, mich mit einem leitenden Beamten der
Finanzbehörde auszutauschen, auch wenn Recklinghausen nicht
für meine Unternehmungen hier in Herne zuständig ist.
Noch nicht zuständig ist, möchte ich
hinzufügen.«
»Ich nehme an,
Ihre Bemerkung zielt darauf ab, dass Sie beabsichtigen, in
Recklinghausen eine Filiale Ihres Hauses zu
eröffnen?«
»Dann hat sich
das also schon herumgesprochen? Ja, Sie haben
recht.«
»Und wann genau
wird es so weit sein?« Trasse machte eine Kunstpause und hob
etwas die Stimme. »Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt
frage. Wenn es sich bei dem Termin noch um ein
Geschäftsgeheimnis handeln sollte …«
»Keineswegs. Die
Eröffnung ist für den Anfang des nächsten Jahres
geplant. Das genaue Datum steht allerdings noch nicht fest. Es gibt
noch ein paar Schwierigkeiten, die zu bewältigen
sind.«
»Sie beziehen
sich auf das Haus am Herzogswall?«
Sein
Gesprächspartner schmunzelte. »Sie sind wirklich
ausgezeichnet informiert. Möchten Sie noch etwas
Kaffee?«
Trasse lehnte dankend
ab.
»Aber ich
vermute, Sie sind nicht zu mir gekommen, um sich mit mir über
meine Erweiterungspläne zu unterhalten?«
»In der Tat
nicht.« Trasse wirkte nachdenklich.
»Nun spannen Sie
mich nicht auf die Folter, lieber Herr Regierungsrat. Worum geht
es?«
»Sicher
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