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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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oder hundertprozentige Beweise. Es gibt aber
viele Indizien …«
    »Du glaubst
also, Julian ist schuldig?«
    »Julian? Ja.
Aber wie kommt es, dass du den Franzosen
…?«
    Martha sprang auf. Mit
den Worten: »Warte hier, ich bin sofort zurück«,
stürmte sie aus der Küche und dann auch aus dem
Haus.
    Verblüfft blieb
Goldstein zurück. Er stürzte ebenfalls zur Tür, doch
die Dunkelheit hatte Martha bereits verschluckt. Die Kälte
sprang ihn an wie ein wildes Tier. Bibbernd und kopfschüttelnd
kehrte Goldstein ins Warme zurück, schloss die
Eingangstür hinter sich und setzte sich wieder an den
Küchentisch.
    Er musste nicht lange
auf Marthas Rückkehr warten. Sie lief die Treppe zum
Obergeschoss hinauf. Goldstein hörte an den Tritten, dass sie
sich in ihrem Schlafzimmer befand. Kurz darauf betrat Martha wieder
die Küche, einen Briefumschlag in der zitternden
Hand.
    »Hier. Lies
das!« Sie hielt Goldstein das Schreiben hin, ging zum Ofen
und rieb ihre Hände in der aufsteigenden
Warmluft.      
    Goldstein musterte den
Umschlag. Er enthielt keinen Absender, keine Anschrift und keine
Briefmarke, war also nicht durch die Post befördert worden.
Auf dem Umschlag stand in Schönschrift nur ein Name. Agnes.
Goldstein öffnete den Umschlag und zog ein einzelnes Blatt
heraus. Ma petite chérie Agnes, las er, nachdem er das
Papier auseinandergefaltet hatte. Je t’aime. Dann ging es in
einem etwas holprigen Deutsch weiter. Goldsteins Erstaunen wuchs,
je länger er las. Er hielt einen Liebesbrief an die Ermordete
in den Händen, voll mit Treueschwüren und der
Versicherung ewiger Zuneigung, unterschrieben von dem Mann, den er
für den Mörder hielt: Julian Sollé.
    »Woher hast du
das?«, fragte Goldstein mit trockenem Mund.
    »Lisbeth hat ihn
mir zu Aufbewahrung gegeben. Sie hat ihn gut versteckt in
Agnes’ Schrank gefunden und wollte nicht, dass ihre Eltern ihn zu
Gesicht bekommen. Ich war eben bei ihr und habe sie um Erlaubnis
gebeten, dir den Brief zu zeigen. Sie hat es mir gestattet,
allerdings erst, nachdem ich ihr zugesagt habe, dass du mit diesem
Wissen nicht leichtfertig umgehst.«
    Goldstein
schüttelte den Kopf. »So ein Schreiben beweist doch gar
nichts. Vielleicht hat dieser Franzose Liebe für Agnes
empfunden und sie hat sich in einer Mädchenschwärmerei
geschmeichelt gefühlt. Vielleicht hat sie sich sogar mit ihm
getroffen, ihn aber abgewiesen, als er zudringlich wurde, und dann
hat er sie aus gekränkter Eitelkeit oder sexueller Begierde
erwürgt.« Er hatte diese Sätze hastig
hervorgestoßen, fast so, als ob er sich selbst von der
Richtigkeit seiner Behauptungen überzeugen wollte.
    »Versprich mir,
dass du dein Wissen für dich behältst!«
    »Ich bin
Polizist, Martha. Ich soll und will diesen Fall
lösen.«
    »Aber dazu musst
du doch nicht unbedingt alles preisgeben, was du weißt,
oder?«
    Nach kurzem Nachdenken
antwortete er: »Ich kann dir nur versprechen, dass ich mit
dem, was du mir erzählst hast, äußerst diskret und
behutsam umgehen werde. Wenn es möglich ist, werde ich
niemandem davon erzählen. Aber wenn mein Amtseid mich zum
Sprechen zwingt, werde ich sprechen. Mehr kann ich nicht
Zusagen.«
    »Einverstanden.« Sie
holte tief Luft. »Ja, du hast recht. Agnes und der Franzose
haben sich getroffen. Heimlich. Und das mehrmals.«
    »Du scheinst gut
informiert zu sein.«
    »Lisbeth hat
sogar mal aufgepasst, dass die beiden nicht gestört
wurden.«
    Goldsteins Gedanken
überschlugen sich. »Hat dein Bruder nicht mit dir
über den Fall gesprochen?«
    »Nein. Warum
sollte er?«
    Ja warum? Wiedemann
war Verwaltungssekretär und kein Polizist. »Weißt
du auch, wo sich die beiden getroffen haben?«
    »Ja. In der
alten Ruine. Allerdings nicht im Keller, wo Agnes gefunden wurde,
sondern oben im Haus.«
    Der Polizist
schluckte. »Hat Agnes geraucht?«
    Martha blickte
verständnislos.
    »Bitte antworte.
Hat sie geraucht?«
    »Ja. Aber nur,
wenn sie mit ihrer Schwester oder mit mir allein war. Nie in der
Öffentlichkeit.«
    »Welche
Sorte?«
    »Ist das
wichtig?«
    »Ja.«
    »Lass mich
nachdenken.« Sie überlegte einen Moment. »Ich
glaube, Ova. Ja, genau. Sie rauchte Ova.«
    Ova. Die gleiche
Marke, wie er sie in der Ruine gefunden hatte. »Warum hat
Lisbeth nichts von dieser Liaison erzählt?«
    Martha sah Peter
Goldstein mit großen Augen an. »Das fragst du? Hast du
noch nie etwas von den Scherenclubs gehört?«
    Goldstein
schüttelte den Kopf.
    »Das sind
Gruppen junger Männer, die glauben,

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