Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
Schenck hat ihm Bilder vermacht, von denen ich allerdings annehme, dass sie nicht viel wert sind.«
»Meinen Sie, Ida hat das aus Bosheit gemacht?«, fragte Katinka. »Um Hasseberg eins auszuwischen?«
»Ich könnte es mir vorstellen. Vielleicht nicht aus Bosheit. Sagen wir, sie war kaltschnäuzig. Wir haben die ganze Familie in die Mangel genommen. Doch was uns fehlt, ist ein plausibles Motiv. Die Tante wegen des Erbes umzubringen passt nicht zu einer Familie, die selbst außerordentlich begütert ist.«
»Und was ist mit Alina Faber?«
»Sie bekommt nur wenig, weniger als Sieglinde Unruh.«
»Erstaunlich«, murmelte Katinka.
Uttenreuther sah aus dem Fenster in die schwarze Nacht. Vishnu strich um seine Füße.
»Ob sich Philipp ärgert, dass seine kleine Schwester mit den Flausen im Kopf das Haus bekommt?«, fragte Katinka. Die Worte verklangen in der stillen Küche. Sie schwiegen, lauschten der Küchenuhr. Vishnu kratzte an Uttenreuthers Stuhl. Er beugte sich runter und packte den Kater am Genick. Ungewöhnlich genug, dass Vishnu sich so anbiedert, dachte Katinka. Behaglich streckte er sich auf dem Schoß des Hauptkommissars.
»Fahren die beiden Frischvermählten nicht in die Flitterwochen?«, wollte Tom wissen.
»Nein. Es gibt auch romantischere Jahreszeiten für so was.« Uttenreuther langte nach einem weiteren Stück Torte.
»Endlich mal jemand mit Appetit«, sagte Tom grinsend. »Meine Liebste hat in den letzten Tagen ja beinahe die Nahrungsaufnahme verweigert.«
»Oder Fernreisen«, gab Katinka zu bedenken. Allmählich dröselte sich die Motivlage in ihr auf. Jemand aus der Familie Hasseberg, mit dem sie bereits gesprochen hatte, war Idas Mörder. Und er oder sie fühlte sich ertappt, sah in Katinka eine Gefahr, und hatte die Gelegenheit, sie auszuschalten, beim Schopfe ergriffen. Sieglinde Unruhs Orakel kam ihr in den Sinn. Wenn ich die Zeichen richtig deute, haben Sie sich schon mit der Familie Hasseberg angelegt, und Sie werden die Quittung bekommen, verlassen Sie sich drauf. Doch es blieb immer noch bei der Frage, wer Ida getötet hatte. Und warum.
»Alina kann es nicht gewesen sein«, sagte Katinka. »Sie nicht.«
»Schmonzes«, sagte Uttenreuther. »Natürlich kann sie. Sie hat sogar ein überzeugendes Motiv.«
»Nämlich?«
»Klar wie Kloßbrühe«, mischte sich Tom ein. »Das wäre doch der Kniff, dich zu engagieren, um herauszufinden, wie viel du eigentlich weißt. Schließlich warst du in der Mordnacht bei Ida.«
Katinka zog den Kopf ein. Das klang ihr absolut logisch. Da wäre ich ja wirklich schön reingerasselt, dachte sie. Aber warum sollte Alina Faber Ida umgebracht haben?
Sie fragte laut. Die beiden Männer zuckten die Achseln.
Dann tauchte der Lockenkopf von Norbert Einwag vor ihr auf. Sie erzählte, wie sie ihn auf der Brücke getroffen hatte. Wie das Pilsglas in den Burggraben gesegelt war.
»Was denkt ihr?«
Tom schenkte Kaffee nach. Hardo starrte in die Ferne. Vishnu sprang von seinem Schoß. Keiner sagte etwas.
Katinka blinzelte durch die leergegessenen Kuchenteller hindurch. Plötzlich regte sich etwas in ihr. Ein Gefühl, das ihr während der letzten Tage abhanden gekommen schien. Hunger. Oder eher Appetit. Appetit auf etwas Deftiges.
»Sollen wir nicht was essen gehen?«, fragte sie.
Tom sah sie an mit Augen, fast so viereckig wie die Schnauze eines alten Volvo.
»Guck nicht so«, bat sie.
Hardo grinste.
»Ich werd nicht mehr«, sagte Tom. »Meine Freundin hat Hunger. Ich habe ja schon damit gerechnet, sie über kurz oder lang mit Astronautenkost ernähren zu müssen. O.k., super, gehen wir runter zum Nonno und zu Augustina und bestellen wir eine Pizza Vier Jahreszeiten für die Frau Detektivin.«
Tom und Katinka waren Stammgäste in der Pizzeria La Piazza im Erdgeschoss und gut befreundet mit der Kellnerin Augustina und dem Küchenchef, den alle nur den Nonno , den Großvater nannten.
»Nein, ich will was anderes«, sagte Katinka. »Ich will Schnitzel.«
»Dann darf ich wohl einen Vorschlag machen«, mischte sich Uttenreuther ein. »Gute und große Schnitzelportionen gibt’s in der Brasserie am Pfahlplätzchen.«
»Na, dann los«, sagte Tom. Während er im Schlafzimmer nach seinen Schuhen suchte, sagte Katinka:
»Hardo, ich habe mich noch gar nicht bedankt. Dass Sie mich von der Ringmauer gepflückt haben.« Es fühlte sich sehr seltsam an, genau das zu sagen. Sie spürte die Röte in ihr Gesicht fluten.
»Gern geschehen«, sagte Hardo und nickte ihr
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