Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
sie losfuhr, damals, im Januar?«
»Und deshalb von der Straße abkam?« Hardo schüttelte den Kopf. »Damals ist nichts festgestellt worden. Sie verschweigt uns etwas, aber was, ist nicht klar. Mir jedenfalls nicht. Es muss mit dem Unfall zu tun haben, aber nicht mit den Drogen. Über die Kokserei hat sie geredet wie ein Brockhaus. Sie spart sich das Schlimmste auf. Das, was sie bisher erzählt hat, ist nur der Vorspann.«
Katinka verzog das Gesicht, als sie den verletzten Fuß auf die Straße setzte.
»Und auf das Schlimmste müssen wir warten?«
»Exakt. Der Kern kommt immer zuletzt. Brauchen Sie Hilfe?«
»Nein.«
»Habe ich mir gedacht.« Er grinste. Katinka wurde rot.
Uttenreuther klingelte bei Hasseberg. Kathrins Stimme schallte aus der Sprechanlage: »Hallo?«
»Polizei.«
Es dauerte, bis der Summer ertönte. Dann hakte Hardo Katinka unter und zog sie in den ersten Stock.
»Uttenreuther, Kripo Bamberg. Wir kennen uns. Sie hatten leider einige problematische Stunden auf Ihrer Hochzeit.«
»Nein«, wiegelte Kathrin ab. »Ist schon recht. Was wollen Sie?«
»Dürfen wir reinkommen?«
Kathrin nickte und starrte benommen auf Katinka, die hinter Hardo in die Wohnung hopste.
»Eigentlich würden wir gern mit Ihrem Mann sprechen.«
Kathrin führte sie in ein großes Wohnzimmer mit Aussicht auf den Michaelsberg. Hingerissen ließ Katinka den grandiosen Blick auf sich wirken.
»Philipp ist nicht da.«
»Dann würden wir gern mal seine Schuhe inspizieren.«
Damit kommen Sie nicht durch, sagte Katinkas Blick.
»Seine Schuhe?« Kathrin sah ziemlich verwirrt aus. »O.k.«
»Und Ihre.«
»Meine?«
Kathrin ging wieder in die Diele hinaus. »Hier, in unserem Garderobenschrank ist alles drin.«
Während Uttenreuther sich durch das Schuhwerk wühlte, packte Katinka den Prospekt der Klinik Weizenkirchen aus.
»Sagt Ihnen das was?«
Kathrin wurde erst rot, dann weiß. Bevor sie den Mund öffnen konnte, rumpelte es in der Diele. Philipp Hasseberg kam aus einer Tür und krachte mitten in den Schuhhaufen. Uttenreuther kniete vor ihm. Die Szene erinnerte an experimentelles Theater.
»Der Kommissar!« Anscheinend hatte sich Philipp die halbe Länge eines Fußballfeldes einverleibt, denn er war sichtlich gut drauf. »Grüß Gott.«
Hardo stand auf und ignorierte seine ausgestreckte Hand.
»Also ist er nicht unterwegs, Frau Hasseberg.«
Kathrin nahm die Farbe eines Puters an. Ihr Mann zwinkerte ihr zu. Er sah aus, als wolle er mit ihr einen flotten Jive aufs Parkett legen. Dann schob er die Hände in die Taschen seiner Anzughose.
»Also?«
Katinka wartete atemlos ab. Uttenreuther schien unentschlossen. Schließlich sagte er: »Frau Hasseberg, Sie besitzen sicher ein Paar Sportschuhe?«
»Äh … ja.«
Philipps Augen blitzten. Er ging zum Schrank und betätigte ein paar Knöpfe. Musik erklang. Musik, die sofort das Oberkommando über alle Gelenke übernahm. Katinka wiegte sich in den Hüften. Philipp grinste. »Latin Carnival, Kommissar. Möchten Sie und die Frau Privatdetektivin …? Bitte, ausreichend Tanzfläche ist vorhanden.«
»Die Sportschuhe.«
Kathrin setzte sich in Bewegung und angelte aus dem Haufen in der Diele ein Paar. Sie hielt sie Uttenreuther hin wie zwei tote Mäuse in der Falle.
»Wenn Ihr Mann die Freundlichkeit hätte, hineinzuschlüpfen.«
Katinka fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Dann meldete sich der Lachreiz. Philipps dämlicher Gesichtsausdruck, Hardos hervortretende Wangenmuskulatur, die Musik.
»Ich weiß ja nicht, was Sie antreibt, Kommissar, aber für einen fröhlichen Scherz sind wir doch immer zu haben, oder?« Er streifte mit einem Schnicks seine Schuhe ab und machte eine gönnerhafte Handbewegung.
»Kathrin, würdest du …«
Kathrin bückte sich und legte ihre Schuhe vor ihm zurecht. Philipp schlüpfte hinein. Die Fersen stand hinten über. Er machte ein paar Tanzschritte.
»Kathrin hat auch hübsche Pumps, Kommissar.«
Hardo hielt an sich.
»Was meinen Sie, Palfy?«
»Wenn er sich bemüht, könnte es gehen.«
»Denke ich auch.«
»Ziemlich gut sogar.«
»Ist die Vorführung beendet?« Philipp schleuderte die Turnschuhe weg. Seine Pupillen glänzten schwarz und leer.
»Wir gehen«, sagte Hardo. »Allerdings, die Sache mit dem Koks bleibt noch zu überdenken. Passen Sie auf, was Sie tun.«
Hardo nickte Katinka zu. Er trat auf den Korridor hinaus, Katinka ging so würdevoll, wie ihre Schmerzen es zuließen, hinter ihm her. Die Musik wurde leiser, als
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