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Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Titel: Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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bemerkbar. Katinka hätte am liebsten gelacht. Der Piepser der Ärztin ging.
    »Also, dann gute Besserung.«
    Sie verließ nach Hardo und Katinka das Zimmer. Kaum war sie außer Sicht, bremste Katinka den Rollstuhl mit dem gesunden Fuß.
    »Wollen Sie sich den anderen auch noch verletzen?«, fragte Hardo.
    »Nein. Zu Fuß gehen.«
    »So was Stures wie Sie habe ich ja noch nie gesehen.«
    Katinka stemmte sich aus dem Rollstuhl, warf den Rucksack über und hüpfte einbeinig den Gang entlang. Sie stützte sich auf den Handlauf und sah sich um. Hardo schlenderte ihr gemütlich hinterher. Er gluckste vor Lachen.
    »Was ist denn?«, fragte Katinka.
    »Für den Osterhasen ist es noch ein bisschen früh, Palfy«, sagte er. »Oder was transportieren Sie da in Ihrem Rucksack eigentlich? Eine Winterfuhre Kartoffeln?«
    Rucksack.
    Katinka lehnte sich an die Wand.
    »Was haben Sie denn.«
    »Hardo«, flüsterte Katinka. Ein Arzt sauste an ihnen vorbei, ohne sie auch nur anzusehen.
    »Schmerzen?«
    »In meinem Rucksack … steckt vielleicht des Rätsels Lösung.«
    Sie löste die Riemen und zog den braunen Umschlag heraus. In steiler Handschrift stand Grits Name und Adresse drauf. Katinka, immer noch auf einem Bein balancierend, geriet ins Wanken. Hardo nahm ihr Umschlag und Rucksack ab.
    »Na los. Halten Sie sich schon fest.«
    Sie legte den Arm um seinen Hals, er packte sie um die Schultern.
    »Bin ich tauglich als Krücke?«, fragte er am Parkplatz.
    Katinka nickte. »Danke.«
    Er zog unter dem Fahrersitz eine angebrochene Mineralwasserflasche hervor. »Nehmen Sie mal eine Schmerztablette.«
    Katinka widersprach nicht. Sie riss einen der Blisterstreifen aus der Schachtel und knickte zwei Pillen heraus. Der Sprudel schmeckte schal. Sie schluckte das Wundermittel. »Also«, begann sie. »Lesen wir’s?«
     
    Der Tod geht der Depression voraus.
    Es verhält sich gerade nicht umgekehrt. Erst stirbst du in deinem Inneren. Dann überwältigt dich das Entsetzen über dein eigenes Absterben. Der Tod kommt nicht schnell und gewaltig, und das Entsetzen darüber noch weniger. Du siehst dir selber beim Sterben zu. Du meinst, es gäbe Medikamente, die dich am Sterben hindern, aber das ist nicht der Fall. Jeder weiß es, aber um durchzuhalten und unserer Seele nicht zu viel Erkenntnis zuzumuten, halten wir an der These fest, dass Arznei hilft. Ich habe meine Erfahrungen über Jahrzehnte, und ich kann mit Sicherheit sagen: Medikamente sind Erfindungen cleverer Geschäftsleute, die einen Markt entdeckt haben, welcher niemals gesättigt ist. Gerade muss ich an meine Kindheit denken. Das Ave Maria beendeten wir mit den Worten: ›Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Absterbens. Amen.‹
     

18. Schuhe
    »Alles ein bisschen abgedreht«, meinte Hardo schließlich. Er legte den letzten Bogen vor sich auf das Armaturenbrett. Katinka war ganz steif. Sie hatte Uttenreuther die ganze Zeit über die Schulter geblickt. Erleichtert stellte sie fest, dass ihr Fuß nicht mehr schmerzte.
    »Kann man so sagen.«
    »Was bezweckt Hasseberg eigentlich damit, seiner Tochter dermaßen schrullige Sachen zu schreiben?« Harduin Uttenreuther trommelte auf das Lenkrad. Es war kalt im Wagen. Feiner Regen sprühte über die Scheiben. Von innen waren sie komplett beschlagen.
    »Die Tabletten. Er nimmt Antidepressiva«, erinnerte Katinka. »Wissen Sie, was ich glaube? Er wickelte seine Familie von Beginn an ein. Nach dem Motto: Geht’s mir schlecht, ist es eure Schuld. Und ihr wollt doch bestimmt, dass es mir gut geht. So hat er sie im Laufe der Zeit gesteuert wie ein Uhrwerk. Sie haben alles getan, damit er zufrieden war, denn wenn es ihm schlecht ging, wurde auch das Leben seiner Angehörigen unerträglich.«
    »Seine Frau ist ausgebrochen.«
    »Als einzige«, sagte Katinka. »Grit wehrt sich noch, und Philipp ging den Weg des geringsten Widerstandes. Studium, Berufswahl, Job. Heirat. Koks. Er hat sich ein Mädchen ausgesucht, das, wie er hofft, zu blöd ist, um die Zusammenhänge zu begreifen. Jede andere wäre meilenweit weggerannt vor dieser Familie.«
    Hardos Getrommel machte Katinka nervös. Schnell sagte sie:
    »Dennoch, Hardo: Ich habe Grit mit ihrem Vater telefonieren hören. Sie spricht mit ihm, als wäre sie seine Geliebte.«
    »So was soll’s geben.«
    »Glauben Sie, dass die beiden ein … Verhältnis haben?«
    »Kommt alles vor. Spielt aber keine Rolle, ob ich das glaube. Ich muss die Fakten gegeneinander abwägen. Sicher ist nur,

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