Frau an Bord (Das Kleeblatt)
sich diesen Spruch für den späteren Hausgebrauch notieren. Niemals hätte sie diese Worte derart überzeugend herausgebracht.
Vorsichtig schaute sie auf und registrierte Ossis unverändert freundliches Gesicht. Sie atmete erleichtert aus und schon im nächsten Moment zog der Schalk ihre Mundwinkel von einem Ohr bis zum anderen, als sie einen Protest wagte. „Also … also, Sissi, das kannst du so nicht sagen. Ich für meinen Teil finde diese Ausführungen … diesen wissenschaftlich fundierten Exkurs in die Seewetterkunde“, Suse spitzte ihre Lippen zu einer süßen Schnute und suchte die passenden Worte, während ihre Hände gegen einen unsichtbaren Gegner kämpften, „einfach überflüssig.“
Simone quiekte begeistert auf und bog sich vor Lachen, bis ihr die Tränen über das Gesicht kullerten. „Zwei zu Null! Ossi, du hast arg nachgelassen. Halt dich ran, wenn du irgendwann unseren Vorsprung auf dieser Reise wettmachen willst.“
Selbst jetzt, nachdem es offen kundig war, dass ihn die beiden Frauen nach Strich und Faden alberten, verzog Ossi keine Miene, sondern hob lediglich fragend eine Augenbraue. Suse fand, dass ihm wirklich jeder Sinn für Humor abging. Sie konnte sich nicht erinnern, je zuvor einem solch drögen Menschen wie Adrian Ossmann begegnet zu sein. Und doch …
Er war in jeder Hinsicht einmalig.
1 2. Kapitel
Simone schlug die Arme um ihren drallen Körper und verabschiedete sich mit einem durchtriebenen Grinsen. „Ich mach dann mal die Flocke, Leute. Wollt ihr auch einen Kaffee vorm Abendessen? Hier ist es mir einfach zu ungemütlich. Und mit zwei frierenden Frauen ist unser Köchlein gewiss überfordert.“
Suse winkte der Stewardess zu und lehnte ihren Kopf an Adrians Schulter. Zitternd kuschelte sie sich in seinen Arm und fragte sich, wie einer, der den ganzen Tag in der Kombüse geschuftet hatte, derart gut riechen konnte – und zwar nicht nach Küche.
„Lernt man das als Koch?“
Nachsichtig stupste Adrian den Zeigefinger an ihre blasse Nasenspitze, drückte Suse noch fester an sich und küsste ihre vor Kälte blau angelaufenen Lippen. „Was? Frauen wärmen?“, murmelte er in ihren Mund. „Oder gegen euch nach Punkten zu verlieren?“
„Unsinn! Ich meine Wetterkunde.“
„Ich habe einen Freund, der als Nautiker fährt. Er hat mir das mit den Wolken ausführlich erklärt, als er für eine Prüfung lernen musste. So, und nun komm endlich mit. Ich möchte nicht, dass du dich erkältest.“
„ Dein Freund scheint echt was auf dem Kasten zu haben.“
„Das möchte sein, Sanni“, bestätigte Adrian mit Engelsgeduld. „Ansonsten wäre es kaum möglich, dass er mit seinen zweiunddreißig Jahren bereits fünf Jahre als Kapitän fährt.“
„Mann, du kannst Leute kennen! Dann hat er mit … Gibt’s das wirklich? Muss man für das A6 nicht mindestens … mmmh, keine Ahnung wie viele Jahre als Nautiker gefahren sein?“
„Zwei Jahre.“
„Mehr nicht? Und warum fährst du nicht mit ihm zusammen?“
„Weil mir sonst nicht das unglaubliche Glück widerfahren wäre, dieser bezaubernden und neugierigen Frau an meiner Seite und ihrem unglaublichen Dickschädel zu begegnen“, flüsterte er zärtlich in ihr Ohr und es klang, als sei ihm Ernst mit seinen Worten.
„Danke für dieses Kompliment. Gehst du damit bei all deinen Frauen so sparsam um?“
Adrian hob die Schultern. „Welche Frauen? Ich habe … keine …“
Er hatte vor allem keine Ahnung, wie er ihre Frage deuten sollte. Verspottete sie ihn lediglich oder wollte sie eine Beschwerde anbringen?
Doch Susanne schwieg beharrlich und ließ ihn allein mit seinen Zweifeln.
Er räusperte sich und dirigierte das Gespräch zurück in sichere Gewässer. „Als Freund ist Matt ’n ohne Zweifel das Beste, was mir jemals passiert ist. Aber als Vorgesetzter? Nein, danke. Das würde ich mir nicht für Geld und gute Worte antun. Es käme einem Freitod gleich, musst du wissen. Er ist ungenießbar, wenn etwas nicht nach seinem Kopf geht. Und das kommt für meinen Geschmack viel zu oft vor. In der Reederei ist er berühmt für seine ausgezeichneten Leistungen – und mindestens genauso für seine schwierige Art. Die einzigen Vorschriften, die er beachtet, sind solche, die ihm wichtig erscheinen. Er ist keiner, der gern im Team arbeitet – und das als Kapitän, stell dir dieses Paradoxon vor –, es sei denn, er hat sich seine Leute selbst ausgesucht. Ich schätze, seine früheren Besatzungen bringen ihm gleichermaßen
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