Frau an Bord (Das Kleeblatt)
er einfach so war. Nicht blöd oder blind, sondern absolut realistisch. Objektiv und völlig frei von Emotionen. Adrian war buchstäblich zum Verzweifeln ehrlich. Eigentlich sollte sie diese Eigenschaft schätzen, doch durfte sie sich nicht zumindest hin und wieder einen moosweichen Untergrund in seiner Persönlichkeit wünschen? Aber den gab es offenbar nicht. Er war ein durch und durch kompromissloser Mensch.
„ Meine Güte, Adrian, du kannst dir gar nicht vorstellen, was dir alles entgeht“, flüsterte sie und er hörte aufrichtiges Bedauern in ihrer Stimme. „Denn weißt du, es gibt nicht bloß Schwarz und Weiß auf dieser Welt, laut oder leise, kalt oder heiß. Das Leben ist so wunderbar bunt und vielschichtig. Und deswegen möchte jeder, vorzugsweise natürlich junge Mädchen“, die sich in ihren absoluten Traumtypen verknallt haben , „hin und wieder Dinge hören, die möglicherweise nicht ganz der Wahrheit genügen, sondern einfach nur gut tun. Auch Worte können zufrieden und glücklich machen oder für einen Moment die Illusion von einer perfekten Welt aufrechterhalten. Irgendwas in der Art, verstehst du? Da ist nicht das Geringste dagegen einzuwenden. Der Himmel stürzt nicht ein und es werden dir auch keine Minuspunkte angeschrieben. Tu es mir zuliebe. Ein einziges Mal, bitte. Ich werde niemandem petzen, dass du geflunkert hast, und schon gar nicht weitererzählen, wenn du mir ein schmalziges Kompliment machst oder dich an den Farben des Himmels erfreust. Kannst du dir nicht denken, wie ich …“
Sie schaute in seine unschuldsvollen, rehbraunen Augen und unterbrach sich resigniert . „Vergiss, was ich gesagt habe. Vergiss den ganzen albernen Sermon. Ich merke schon, es wäre zu viel verlangt. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass man dir etwas Fantasie abtrotzt. Sorry.“
„Sanni …“
Mit einer hilflos anmutenden Geste sanken seine Hände hinab. Die Unsicherheit in seinem Blick bat um Entschuldigung für etwas, das er nicht verstand. Deshalb kam er mit Frauen nicht zurecht. Alles, was sie sagten, hatte einen tieferen Sinn. Und er verstand nicht einmal die Hälfte davon. Es war, als würden sie sich einer völlig anderen Sprache bedienen.
Suse packte das Mitleid. Sie sollte sich damit abfinden, dass er anders war. Und wenn sie es nicht akzeptieren konnte, war es noch nicht zu spät, um ihn zum Teufel zu jagen.
Da fiel ihr einmal mehr mit Schrecken der Schwangerschaftstest ein, den sie gestern in ihrer Kammer …
Wo, zur Hölle, hatte sie ihn hingelegt?
„Schon gut, Adrian, womöglich erwarte ich einfach zu viel. Ich kenne dich eben noch nicht so gut. Ich hoffe bloß, du erklärst mir jetzt nicht in deiner unendlichen Güte, der Himmel würde sich durch Brechungserscheinungen des Sonnenlichts an den Cirrostratus-Wolken färben, denn dann … dann werde ich …“
„Es ist aber richtig, was du sagst“, murmelte er abwesend und zog sie näher zu sich.
Ihr Haar schimmerte golden im Schein der untergehenden Sonne. Zärtlich strich er es über der Schläfe zur Seite und küsste ihren schlanken Hals, registrierte dabei schmunzelnd, wie sich ihre Nackenhaare vor Erregung aufstellten.
Ich würde aus der Hose hüpfen, vollendete sie in Gedanken ihre Drohung.
„Ich weiß selber, dass ich Recht habe“, knurrte sie.
„Und i ch liebe bescheidene Menschen. Sehen wir uns heute Abend?“
„Warum nicht sofort?“, flüsterte sie zurück. „Du hast deine Arbeit erledigt. Soll doch dein Bäcker, das faule Stück, endlich mal was tun. Und den Abwasch können wir später gemeinsam erledigen.“
Sie hätte augenblicklich zugegeben, dass eine einzige Berührung von ihm ausreichte, um all ihre Wut auf ihn zu vergessen. Ja, sie war in diesem Moment total scharf auf Adrian, der zwar selten etwas sagte und schon gar nicht über seine Gefühle sprach, wenn er allerdings etwas in Angriff nahm, dann machte er es richtig.
Er schien die Begierde, die aus Suses Worten, Blicken und Gesten sprach, nicht zu bemerken, sondern fuhr erschrocken hoch. Mit einer hastigen Bewegung schaute er auf seine Uhr. „Das Abendessen! Ich habe völlig die Zeit vergessen.“
E r hatte sich bereits dem Schott zur Kombüse zugewandt, als er sich zu der wie verloren dastehenden Funkassistentin umdrehte. Seine braunen Augen strahlten warm und voll Sehnsucht und seine Stimme klang so unendlich sanft, dass es ihr den Atem raubte. Er streckte den Arm aus und zog sie am Handgelenk zu sich.
„Susanni, wir sehen uns dann
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