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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline L. Jensen
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war. Alle hatten ihr weismachen wollen, dass es ein Apfel war. Die ganze Welt glaubte diesen Unsinn.
    Wie viele andere Lügen nahm die Menschheit selbstverständlich hin? Was hatte die Gesellschaft sonst noch über die Bibel erfunden?
    Scheiß drauf. Du musst sie wohl irgendwann lesen.
    Sie stellte sich die zwei feigenblattbekleideten Gestalten vor und ging in sich. Konnte sie wirklich glauben, dass es diese Typen gegeben hatte?
    Sie blieb still sitzen und versuchte, den Kopf abzuschalten. Suchte im Bauch und in der Brust, wo der Glaube sich befinden musste. Es kribbelte leicht im Bauch, aber nur, weil er plötzlich im Mittelpunkt stand. Sie nahm noch einen Zug aus der Zigarette und schaute auf, suchte an der Decke weiter.
    Nein. Das konnte sie nicht glauben.
    Daran scheiterte wohl ihre gesamte Christlichkeit, denn die Sache stand gleich zu Beginn der tausend Seiten, und was würde sie über den Rest denken, wenn sie nicht einmal den Anfang glaubte?
    Wenn sie allerdings noch einen Schritt zurückging, zu den allerersten Zeilen, dann sah die Sache anders aus. Frau Bengtsson fand heraus, dass sie an Gott als
Schöpfer
glauben konnte, im Bauch, in der Brust und sogar im Kopf.
    Damit fing es von vorn an.
    Konnte man glauben, dass Gott alles erschaffen hatte, und trotzdem an die Evolution glauben? Sie hatte keine Ahnung, ob dies zulässig war, aber auf jeden Fall war es ihre Art des Glaubens. Also: Ja, man konnte.
Sie
konnte. Die Frage war nur, ob es noch christlich war.
    Sie war doch keine Kreationistin! Schrecklich!
    Nein, dachte sie entschieden, so weit würde sie nicht gehen. Frau Bengtsson hätte nie gedacht, dass sich die Schöpfungsgeschichte mit einem schicken amerikanischen Namen wie
Intelligent Design
als Wissenschaft verkleiden ließ. Glauben wollte sie gern, aber sie wusste auch, was dieses Wort bedeutete.
    Dieser Glaube war gar nicht so schlecht.
    Vielleicht hatte Gott ja alles erschaffen, einschließlich der Evolution?
    Wieder kam sie zu dem Schluss, dass sie die Bibel wohl lesen musste, um dieses Problem zu lösen. Sicher war nur, dass dieses Buch offen für Interpretationen aller Art war. Wenn sie irgendwo in der Bibel Unterstützung für ihre Interpretation der Schöpfungsgeschichte fände, könnte sie in aller Ruhe die Suche nach der christlichen Gelassenheit fortsetzen. Nach dem Rakelschen.
    Und damit kam die Antwort.
    Natürlich! Warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Wozu gab es Rakel! Sie wollte Pastorin werden, für sie sollte es das Natürlichste der Welt sein, Frau Bengtssons Fragen zu beantworten, und gleichzeitig wäre es eine gute Übung für die Führungsrolle, die nach dem Examen von ihr erwartet wurde.
    Machten Pfarrer Examen?
    Egal. Auf jeden Fall wohnte direkt gegenüber eine Quelle christlichen Wissens. Eine Quelle, die ihr den Rat bestimmt nicht verweigern würde. Das wäre doch … unchristlich?
    Aber sie wollte warten. Der Sonntag war der heiligste aller Tage, und für Leute wie Rakel war er bestimmt randvoll mit allen möglichen religiösen Aktivitäten. Da konnte man nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Außerdem wollte sie nicht unvorbereitet kommen und sich blamieren. Sie wollte ernst genommen werden mit ihrer Suche, deshalb beschloss Frau Bengtsson, sich zuerst in ihrer Konfirmandenbibel schlauzumachen.

    Während Frau Bengtsson suchte, war Rakel schon auf dem Heimweg vom Gottesdienst, wie immer zerrüttet von ihrer mangelnden Frömmigkeit.
    Die Predigt des Tages hatte von Vergebung gehandelt.
    Sie hatte ihren Eltern noch immer nicht vergeben, dass sie Rufus an jenem Tag mitgenommen hatten, an dem sie alle zu Grillspießrohmaterial wurden. Sie wollten nur schnell etwas besorgen, Rufus hätte nicht einmal ins Geschäft mitkommen dürfen, sondern hätte im Auto warten müssen. Die ein oder zwei Stunden hätte er ohne weiteres allein zu Hause bleiben können! Und dann wäre er heute hier, bei ihr. Jahrelang hatte das Tier ihr Rückhalt gegeben und war ihr treu ergeben gewesen, und dann hatten die Eltern es mit sich genommen, ihr fortgenommen.
    Obendrein konnte Rakel sich selbst nicht vergeben, dass sie ihnen nicht vergab. Sie zweifelte gar an ihrer Fähigkeit zu verzeihen. Und dieser Zweifel war unverzeihlich.
    Beim Vaterunser bat sie wie alle anderen um die Vergebung ihrer Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern,
aber diese Zeile wollte sie immer überspringen. Sie hatte ihnen nicht vergeben.
    Folglich war es Heuchelei, Gott um Vergebung zu bitten, solange man

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