Frau Bengtsson geht zum Teufel
selbst nicht vergab. Wenn Gott ihr auf dieselbe Weise vergab wie sie ihnen, hieß dies automatisch, dass er ihr nicht vergab. Und darum wollte sie nicht bitten.
Sie wollte beten: »Vergib mir meine Schuld, obwohl ich meinen Schuldigern noch nicht vergeben habe.« Aber das durfte sie natürlich nicht.
Die Pfarrer der Schwedischen Kirche zeigten viel Verständnis, wenn sie mit ihnen über dieses Problem sprach. Sie begriffen ihre Schwierigkeiten und meinten, dass die Fähigkeit zur Vergebung zu einem großen Teil darauf beruhe, dass der andere um Vergebung bat. Dazu waren die Toten kaum fähig, und deshalb konnten sie ihr Dilemma nachvollziehen.
Gleichzeitig, so betonten sie, sei es etwas ganz anderes, nicht vergeben zu können, als nicht vergeben zu wollen. Ihre Schuldgefühle seien ein klarer Beweis dafür, dass sie tief im Herzen gewillt sei zu vergeben.
Sie versicherten Rakel, dass ihre Gottesfurcht wohlbehalten sei, und wenn sie sich nur auf Gott und seine grenzenlose Güte verließe, so würde sie am Ende zu ihrer unbeschadeten Christlichkeit finden.
Keiner von ihnen fragte sich je, warum in aller Welt jemand um Vergebung dafür bitten sollte, dass er seinen Hund zum Einkaufen mitgenommen hatte. Das konnte nur Rakel verstehen.
Heute hatte sie das Vaterunser mit den anderen gebetet, aber die problematische Zeile hatte sie nur gemimt.
Vergib mir, dachte sie, als sie nach Hause ging.
9
B eim ersten Mal war es ziemlich schwierig gewesen, aus der Hölle auszubrechen.
Nachdem er sich in seinem Palast, dem Pandämonium, mit Moloch und Belial, zwei gefallenen Helden des Himmels, beratschlagt hatte, begab er sich auf eine Reise, deren Ziel es war, Gottes neueste Schöpfung zu vergiften und zu verderben: die Erde und die Menschen. Es sollte die Rache werden für die Vertreibung und den Verlust und die Niederlage umkehren, die er und seine Anhänger im Kampf um den Himmel erlitten hatten.
Damals war er mit Hilfe seiner Tochter und Buhle, der Sünde, aus der Hölle herausgeschlüpft. Buhle allein hatte den Schlüssel für die letzte der neun Pforten, und sie plagte sich sehr, weil sie den Höllenhund Cerberus stündlich neu gebären musste. Jedes Mal wenn er aus ihrem Schoß gekommen war, kroch er sofort wieder hinein und fraß sie von innen auf, wieder und wieder. Die Sünde hatte diese Prozedur gründlich satt, und als plötzlich einer ankam und ihr versprach, dem ewigen Gebären ein Ende zu machen, wenn sie nur die Pforte öffnete, ließ sie sich erweichen und steckte den Schlüssel ins Schloss.
Anfangs hatte sogar der Tod, sein Abkömmling mit der Sünde, versucht, ihn am Öffnen der Pforten zu hindern, aber dann gab er den listigen Worten seines Vaters nach. Zu verlockend war das Versprechen, dass er die Herrschaft über diesen neuen, merkwürdigen Ort namens Erde übernehmen könne.
Als endlich alle neun Pforten überwunden waren, flog er durch das Reich Chaos. Der gleichnamige Herrscher des Reiches und seine Gattin, die Nacht, hatten die Reise sanktioniert, denn sie hatten noch eine Rechnung mit Gott offen. Dieser hatte nämlich Hölle und Erde aus Teilen des Chaos erschaffen und ihr Reich damit verkleinert. Er versprach, den jüngst gestohlenen Teil zurück ins Chaos zu stürzen, und bekam freies Geleit.
Aus der Spur des Reisenden bildete sich eine brennende Brücke, die die Kluft zwischen Hölle und Erde überspannte.
Er erreichte die Außenbezirke des Himmels, wo Gott das neue Paradies erschaffen hatte, und im Schein der Morgendämmerung nistete er sich in Gestalt einer Schlange in der Schöpfung ein.
Sein Plan, die Menschen zu verführen, funktionierte über eine kleine, belanglose Frucht. Aber bis es so weit war, hatte er einen so langen Weg zurückgelegt, dass er in der Hölle »Der Wanderer« genannt wurde. Bei den Menschen ist er besser bekannt unter seinen vielen anderen Namen.
Der seine Fesseln in einem Meer aus Flammen sprengte, zum Dach der Hölle auffuhr, den neun Pforten trotzte und quer durchs Chaos reiste, nur um sich an Gott zu rächen und dessen Geschöpfe ins Verderben zu reißen, ist den Menschen am besten als Satan bekannt – der Anführer jenes himmlischen Aufstandes, bei dem ein Drittel aller Engel vertrieben wurde.
Und während Rakel nach Hause ging und an ihrer Frömmigkeit zweifelte, während Herr Bengtsson den Rasen mähte, da nahm Satan ein Zittern in seiner Brust wahr. Das Engelsherz, das – lästigerweise – noch in seiner Brust schlug, hüpfte genau wie die Herzen
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